Fragen und Antworten zur Studie: Erfolgsfaktoren im Ausschließlichkeitsvertrieb

F: Welche Bedeutung hat der Ausschließlichkeitsvertrieb heute für den deutschen Versicherungsmarkt?

A: Entgegen allen Unkenrufen ist der Ausschließlichkeitsvertrieb auch heute noch der Schlüssel zum Erfolg im Versicherungsmarkt. Er ist weiterhin mit Abstand der dominierende Vertriebsweg für Versicherungsprodukte in Deutschland. Aktuelle Repräsentativbefragungen von privaten Versicherungsnehmern (z.B. psychonomics Kundenmonitor Assekuranz 2003) zeigen, dass der gebundene Außendienst der wichtigste Anstoßgeber ist, wenn es um die Weckung von Versicherungsbedarf geht - sowie die bedeutendste und meistgenutzte Informationsquelle vor einem Versicherungsabschluss.

Die Qualität und die Motivation des Außendienstes entscheiden gleichermaßen über Neukundengewinnung, Kundenbindung und die Ausschöpfung des Kundenpotentials durch Cross- und Up-Selling. Eine zunehmende Produktvielfalt und Komplexität (z.B. im Bereich der Altersvorsorge) erschweren dem Kunden die Orientierung und erhöhen die Bedeutung der Beratung noch mehr.

F: Welchen Herausforderungen muss sich der klassische Außendienst stellen, um auch zukünftig erfolgreich zu sein?

A: Die Kunden zeigen sich zunehmend wechselbereit und preisorientiert. Der Marktanteil konkurrierender Vertriebskanäle – Direktvertrieb, Makler, Annexvertrieb und Geschäftsstellenversicherer – steigt seit Jahren kontinuierlich an. Viele Außendienstorganisationen sind durch hohe Fluktuation und alternde Vertreterschaften geprägt. Vertreter klagen über zunehmenden Verwaltungsaufwand, rückläufige Provisionssätze und mangelnde Unterstützung. Viele Unternehmen beklagen einen eklatanten Mangel an wirklich engagierten und qualifizierten Nachwuchskräften für die immer anspruchsvolleren Aufgaben im Versicherungsaußendienst.

F: Welche Risiken und Chancen gibt es und wie gehen Versicherer mit Ausschließlichkeitsvertrieb diese Situation an?

A: Die Ausschließlichkeitsorganisationen sehen sich dem Risiko ausgesetzt, dass das Stammgeschäft durch abwandernde Kunden und wechselnde Vertreter einbricht. Gleichzeitig bieten sich ihnen aber auch Chancen, durch gezielte Maßnahmen in der Gewinnung, der Bindung und der Unterstützung der Ausschließlichkeitsvertreter das Potenzial dieses Vertriebsweges noch weiter auszubauen.

Insbesondere große Versicherer mit einem Schwerpunkt im traditionellen Vertretergeschäft suchen nach neuen Wegen, das Zusammenspiel von sensibler Gesellschafts-Vertreter-Beziehung und sensibler Vertreter-Kunden-Beziehung zu optimieren. Dazu muss der Außendienst sowohl als "Kunde" als auch als "Schlüssel zum Endkunden" verstanden werden: Wie ist der Vertreter zu gewinnen, zu binden und seine Bindung an das Unternehmen auszubauen?

F: Welche Informationen gibt es denn über die Anforderungen und Motivationsfaktoren von Ausschließlichkeitsvertretern?

A: Die Anforderungen von Endkunden und Maklermarkt werden regelmäßig in Befragungen erfasst. Studien zum Ausschließlichkeitsvertrieb sind selten – und liefern fast nie Vergleichsdaten zu den wichtigsten Wettbewerbern eines Versicherers, die erst eine realistische Beurteilung der Ergebnisse für die eigene Vertriebsorganisation erlauben.

Das Marktforschungsunternehmen psychonomics AG hat aktuell in Zusammenarbeit mit der COMEMA AG – Institut für Markt- und Unternehmensanalysen und IBM Business Consulting Services die Studie "Erfolgsfaktoren im Ausschließlichkeitsvertrieb " durchgeführt. In einer Befragung von knapp 1.500 Versicherungsvertretern zwischen August bis September 2003 wurde das Bild der 29 größten Versicherer aus Sicht ihres Außendienstes ermittelt. Die Studie will durch eine Bestandsaufnahme des Marktes sowohl Grundlagen wie Anregungen für die Vertriebsleitung geben. Als bisher größte vergleichende Vertreterbefragung beantwortet sie folgende Fragen:
  • Wie zufrieden sind Ausschließlichkeitsvertreter mit ihrer Gesellschaft?
  • Wie stark sind sie an ihre Versicherungsgesellschaft gebunden – absolut und im Konkurrenzvergleich?
  • Wo liegen – im Vergleich zur Konkurrenz – die Stärken und Schwächen des Versicherers?
  • Welche Versicherer können – pro Leistungsart – ihre Vertreter besonders überzeugen?
  • Wo liegen die Treiber der Vertreterbindung? Welches sind die wichtigsten Faktoren, um die Bindung, Überzeugung und Motivation der Vertreter zu fördern?
  • Wie lassen sich gerade Leistungsträger unter den Vertretern gewinnen und binden?
  • Lassen sich nach der Form ihrer Marktbearbeitung bestimmte "Typen" von Vertretern erkennen, und wie verteilen sich diese über die verschiedenen Versicherer?

F: Und wie lauten die Antworten auf diese spannenden Fragen? Wo und wann kann man ausführlichere Informationen über die Studienergebnisse bekommen?

A: Die Studie wird im November 2003 veröffentlicht. Bestellung und Auslieferung werden über die psychonomics AG abgewickelt. Im Anschluss dazu werden wir die Ergebnisse in ihren jeweiligen Schwerpunkten für die Zielgruppen Vertriebsleitung, Marktforschung, sowie Organisation und IT aufbereiten. Ansprechpartner hierzu sind die drei Herausgeber psychonomics, COMEMA und IBM Business Consulting Services.

Ohne der Veröffentlichung vorwegzugreifen lassen sich erste Erkenntnisse und Schlussfolgerungen nennen:
  • Die Studie zeigt, dass die Mehrheit der knapp 1.500 befragten Vermittler mit Ihrer Gesellschaft zufrieden sind und sich gebunden fühlen. Dennoch gibt es mit 23 Prozent ("Gefährdete" und "Autonome") ein hohes Potenzial abwanderungsgefährdeter Vermittler.
  • Eine hohe Brisanz erhalten diese Ergebnisse insbesondere dann, wenn die Anteile der "Gefährdeten" zwischen den 29 untersuchten Versicherer verglichen werden: Ihr Anteil unter den befragten Vermittlern lag je nach Gesellschaft zwischen 6 Prozent und 54 Prozent!
  • Gesellschaften mit einer besonders hohen Vertreter-Bindung und wenig "Gefährdeten" sind z. B. die Debeka, Hamburg Mannheimer und Signal Iduna.
  • Deutliche Unterschiede zeigen sich auch bei der Beurteilung der Sachversicherungsprodukte, bei denen Vertreter der DEVK und der HUK-Coburg die größte Zufriedenheit aufzeigen. Bei Lebensversicherungsprodukten äußern die Vertreter der Debeka und der WWK die höchsten Zufriedenheit. Vom Image und Ruf Ihres Unternehmens sind Vertreter wiederum der Debeka und der Provinzial besonders überzeugt.

Dass die Zufriedenheit von Vertriebspartnern ein wesentlicher Baustein für den Erfolg eines Versicherers ist, machen Analysen im Versicherungs-Informations-Pool (V-I-P) der COMEMA AG deutlich: Danach steht die Zufriedenheit der Vertreter in einem hohen positiven Zusammenhang mit der Kundenzufriedenheit. Auch der Vertriebserfolg ist bei zufriedenen Vermittlern deutlich höher. Schließlich konnte festgestellt werden, dass eine hohe Vertreterzufriedenheit oft mit einer niedrigen Combined Ratio der Komposit-Sparte einhergeht und vice versa.

F: Welche Untersuchungsergebnisse können Sie als eine Überraschung beurteilen?

A: Erstaunlich ist die überwiegend einheitlich Meinung der Vertreter der meisten Gesellschaften, dass der Verwaltungsaufwand innerhalb der letzten zwei Jahre auf Kosten der Vertriebstätigkeit deutlich zugenommen hat. Dies deutet darauf hin, dass eine systematische Verschiebung von Verwaltungstätigkeiten aus dem Innendienst in die Vertriebsorganisation und somit eine Verlagerung der Prozessverantwortlichkeit an den Point-of-Sale von bestimmten Gesellschaften verfolgt wird.

Eine weitere Besonderheit stellt die Veränderungen der Provisionshöhen innerhalb der letzten zwei Jahre dar: Während bei den meisten Versicherern die Provisionen unverändert geblieben sind, berichten die Vertreter von einigen Gesellschaften von Provisionserhöhungen.

F: Haben Sie auch die zentrale Frage für jeden Vertriebsmanager untersucht, wie sich der Vermittlungserfolg der Vertreter steigern lässt?

A: Aufgrund unserer einmaligen Datenbasis mit Informationen von 1.500 Vertretern können wir dieser Frage, was einen Vertreter erfolgreich macht, sehr genau nachgehen. Hierbei wird deutlich, dass Rennlisten oder Provisionserhöhungen zumindest im Durchschnitt kaum eine Wirkung auf den Vermittlungserfolg haben.

Dagegen stellen die Gesamtzufriedenheit und die Vertreterzufriedenheit mit dem Image sowie den Produkten die wichtigsten Voraussetzung für einen größeren Vermittlungserfolg dar. Zufriedene und vom Unternehmen sowie den Produkten überzeugte Vertreter erzielen also größere Erfolge für Ihre Gesellschaft. Weiterhin hat auch die fachliche Kompetenz der Vertreter einen Einfluss auf den Vermittlungserfolg.

F: Was ist der Nutzen der Studienergebnisse für die Vertriebs- und Außendienststeuerung?

A. Die Relevanz- und Benchmark-Untersuchung gibt eine wertvolle Unterstützung für die Vertriebsleitung.: Für jeden untersuchten Versicherer wird transparent:
  • Vermittlerbindung zum Versicherer
  • Zufriedenheit mit Produkten
  • Zufriedenheit mit Image und Serviceleistungen
  • Zufriedenheit mit dem Innendienst
  • Zufriedenheit mit der Vermittlerunterstützung und –betreuung
  • Relevanz der einzelnen Beurteilungen
  • Motivationswirkung und Bedeutung für besonders produktive Vermittler
  • Beurteilung und Nutzen von EDV-Unterstützung

Weitere Versicherer können bei Bedarf Vergleichswerte zum eigenen Außendienst erstellen lassen.

Aufgrund der Ergebnisse lassen sich konkrete Handlungsfelder für einzelne Versicherungsunternehmen aufzeigen. Es wird deutlich, welche aktuellen Stärken, aber auch Schwächen die Außendienstbetreuung und –unterstützung im Vergleich zu wichtigen Wettbewerbern haben. Unter Berücksichtigung der Bedeutung und Relevanz einzelner Leistungsbereiche, z. B. der Produktqualität oder Schnelligkeit der Policierung, lassen sich für die gesamte Branche sowie für einzelne Versicherer dringende und weniger dringende Handlungsfelder bestimmen. Die Ergebnisse bieten dem Management grundlegende Informationen für eine bedarfsorientierte und effiziente Außendienstbetreuung.

F: Wie sieht es denn mit der technischen Vertriebsunterstützung aus?

A: Versicherer versorgen ihre Ausschließlichkeitsvertreter seit langem mit umfangreicher Funktionalität an Anwendungssystemen und IT-Infrastruktur. Für viele Vertreter ist der Einsatz von EDV-Unterstützung normaler Bestandteil ihrer täglichen Arbeit geworden. Die Zufriedenheit mit den zur Verfügung gestellten Systemen erscheint allerdings verbesserungsfähig – dies insbesondere bei Berücksichtung der oftmals hohen jährlichen Kostenblöcke eines Versicherers für die technische Vertriebsunterstützung. Darüber hinaus variieren sowohl die konkreten Einsatzfelder als auch der Umfang, in dem die Vertreter EDV-Systeme bei Akquise- und unterstützenden Aufgaben nutzen. Die Studienergebnisse lassen zudem den Schluss zu, dass es den Versicherern bisher nicht immer gelungen ist, den Wertbeitrag und das Potenzial der technischen Vertriebsunterstützung für die Anwendergruppe der Ausschließlichkeitsvertreter transparent zu machen. Die Durchdringung der technischen Möglichkeiten im Vertriebs- und Betreuungskreislauf ist noch nicht abgeschlossen.

F: Welche Handlungsoptionen empfiehlt IBM?

A: Auch in der technischen Vertriebsunterstützung sollte die Maxime "weniger ist mehr" gelten. Kundeninformationen sind heute noch oftmals in heterogenen Systemlandschaften verteilt. Dezentrale Datenhaltung kann fachlichen und/oder technischen Handlungsbedarf verursachen. Eine Verschlankung der Prozesse und die konsequente Umsetzung des Fallabschlussprinzips generieren zahlreiche Potenziale, die Qualität und den Service sowohl für den Vertreter als auch den Endkunden zu verbessern. Daneben eröffnen sich auch Potenziale zur Kosteneinsparung, wenn sich der Versicherer zukünftig darauf konzentriert, seinen Vertretern nur noch diejenigen EDV-basierten Funktionen zur Verfügung zu stellen, die er für seine originären Vertriebs- und Betreuungsaufgaben benötigt.

Für die operative Umsetzung empfehlen wir die Zentralisierung der vertrieblichen Anwendungsfunktionen und Daten auf einer durchgängigen – sowohl fachlichen wie technischen – Plattform. Die Bereitstellung eines modernen Außendienstsystems sollte ohne Medienbruch für den stationären wie für den mobilen Einsatz ausgelegt sein. Die Bedienbarkeit von Anwendung und Endgerät muss noch mehr als bisher auf die spezifischen Belange des Vermittlers abgestimmt werden. Hierzu gehören insbesondere eine vertriebsorientierte und spartenübergreifende Gestaltung der Anwendungsoberfläche und -dialoge.

Die Zentralisierung erlaubt es dem Versicherer, unter Verwendung bestehender Anwendungslogik und Nutzung vorhandener Ressourcen die Konsistenz von Funktionen und Daten deutlich zu erhöhen. Der fachliche und technische Integrationsaspekt wird dabei zum zentralen Thema. Eine ganzheitliche Unterstützung der Geschäftsprozesse bis hin zum Endkunden wirkt auch auf die bisherige Aufbau- und Ablauforganisation eines Versicherungsunternehmens.

Erste Projekte bei Versicherungsunternehmen zeigen, dass das Lösungskonzept einer Rezentralisierung des Außendienstsystems umsetzbar und wertsteigernd ist. Der Trend zu always online -Lösungen im Versicherungsvertrieb wird sich durchsetzen.

Quelle: psychonomics AG

Autor(en): Susanne Niemann

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