Honorarberatung: Diskussion wird schärfer

Nun haben sich auch Bündnis 90/Die Grünen zum Thema "verbraucherorientierte Beratung" zu Wort gemeldet: Nachdem sich bereits in der jüngsten Vergangenheit das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz als auch die SPD mit dem Thema Honorarberatung beschäftigt haben, fordert nun auch Bündnis 90/Die Grünen in ihrem beschlossenen Eckpunktpapier mehr Honorarberatung und weniger provisionsorientierte Vermittlung.

Nicht nur die aktuell Überarbeitung der EU-Richtlinie „Markets in Financial Instruments Directive" (MiFiD) zeigt, dass das Thema Honorarberatung derzeit auf höchster politische Ebene auf steigendes Interesse stößt. Bereits jetzt lässt sich vermuten, dass die Honorarberatung gegenüber der Provisionsberatung gestärkt wird. Konsequent gegen eine Provisionsberatung haben sich bereits Großbritannien und die Niederlande entschieden.

Hier wird ab nächstes Jahr die Provisionsberatung zugunsten der Honorarberatung abgeschafft, um Anlageempfehlungen seitens der Berater nicht durch Provisionen der Produktgeber zu beeinflussen. "Bei der Neuregelung des Vermittlermarktes gibt es auf europäischer Ebene noch einigen Diskussionsbedarf. In Deutschland ist die Debatte deutlich weiter fortgeschritten. Hier rechnen wir bis zum Jahresende mit Entscheidungen, sowohl zur Umsetzung erhöhter Transparenzanforderungen, als auch zum Berufsbild Honorarberater", so Volker Britt, Geschäftsführer der HonorarKonzept GmbH.

Politik eher pro Honorarberatung
Und so wundert es niemand, dass auch deutsche Politiker aller Parteien sich bereits mit Blick auf die kommende Wahl vehement "pro Honorarberatung" äußern. Nach Koalition und SPD präsentierten jüngst auch Bündnis 90/ Die Grünen ihr "Eckpunkte zum Versicherungsvertrieb" mit der klaren Fokussierung zur Stärkung der Honorarberatung. Nebst dem Abbau von strukturellen bzw. steuerlichen Nachteilen der derzeit 246 registrierten Versicherungsberater gegenüber den Versicherungsvermittlern, der Einführung einer Honorar bzw. Gebührenordnung, der Möglichkeit der Produktvermittlung nach vorheriger Empfehlung, möchte man vor allem Maklern bzw. Versicherungsvermittlern eine Brücke bauen, um ins Lager der Honorarberater zu wechseln.

Hierzu sollten laut "Grünen Eckpunktpapier" bestehende Verträge auf Provisionsbasis für einen Übergangszeitraum weiterlaufen können. Vorschläge die der Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) mehr als kritisch sieht, treffen diese das langjährig bewährte Makler Berufsbild gewaltig. "Die Vergütungsform allein ist kein Garant für eine qualifizierte Beratung“, sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz. "Auch bei einer Beratung auf Honorarbasis sind Interessenkonflikte, die sich aus der Vergütung ergeben, nicht ausgeschlossen."

Ferner gilt der BVK zu bedenken, dass im Rahmen des bewährten Provisionsmodells Vermittler von Versicherungen für ihre Tätigkeit von den Produktgebern eine Provision oder Courtage erhalten, mit der nicht nur die Vermittlung, sondern auch die Beratung und - oft jahrelange - Betreuung der Kunden gleich mitvergütet werden.

BVDH-Studie fordert Systemwechsel in der Finanzbranche
Unterstützung erhalten die Freunde der Honorarberater derzeit durch die aktuelle Studie von ConPolicy, dem Institut für Verbraucherpolitik, und den Unternehmensberatern Prof. Roll & Pastuch, die im Auftrag des Berufsverbands deutscher Honorarberater (BVDH) und der quirin bank erstellt worden ist. Im Rahmen der Studie wurden verschiedene Entwicklungen, Ansätze und Lösungsvorschläge beleuchtet sowie das Beispiel Großbritannien genauer analysiert.

"Die Ergebnisse sind klar", sagt Karl Matthäus Schmidt, Vorsitzender des BVDH und Vorstandsvorsitzender der quirin bank AG. "Dem Verbraucher ist mit einem Transparenzgebot nicht geholfen", so der Vorstand des Berufsverbandes. Immer wieder werden Verbrauchern Produkte verkauft, die nicht ihren Bedürfnissen entsprechen und sogar zu massiven Verlusten führen. Deshalb, so die Autoren, sei es konsequent, dass ab 2013 ein Provisionsverbot in Großbritannien gelte.

Deutschland reif für die Honorarberatung?
"Die aktuellen Äußerungen von Koalition, SPD und Grüne lassen vermuten, dass nun tatsächlich nächstes Jahr mit gesetzlichen Regelungen für unabhängige Berater zu rechnen ist. Demnach soll die Honorarberatung als echte Alternative zum Provisionsvertrieb etabliert werden. Anders als in England wird das Provisionsmodell parallel Bestand haben. Allerdings soll die Provisionsvermittlung dadurch an Attraktivität verlieren, dass zukünftig Provisionen offen zu legen sind und eventuell gedeckelt werden", so Dr. Walter Hubel, Vorstand der con.fee AG.

Die Frage bleibt, wie praxisnah die Honorarberatung möglich ist oder anders gefragt: Womit ist der Mehrheit der Verbraucher am besten geholfen? Kritisch sehen dies die Verantwortlichen des Finanzvertrieb AWD: "Wir wissen schließlich nicht erst seit der aktuellen Rentendiskussion im Zusammenhang mit den sogenannten Geringverdienern, dass große Teile unserer Gesellschaft in Deutschland gar nicht bereit dazu sind, eine kostenintensive Honorarberatung in Anspruch zu nehmen."

Die Experten des AWD beschreiben die konkrete Herausforderung der Honorarberatung, denn Studien zufolge sind die meisten Geldanleger nicht bereit oder in der Lage, Stundensätze zwischen 150 Euro und 200 Euro für eine Honorarberatung zu zahlen. Gerade bezogen auf Absicherung beispielsweise in den Sparten Hausrat, Haftpflicht, Kfz oder auch einer Riester Rente stellt sich die Frage, ob der Verbraucher bereit ist, hier eine Beratung gegen Honorar anzunehmen.

Mischform noch an der Tagesordnung
In der Realität stellt Honorarberatung somit bislang nur einen sehr kleinen Teil des Marktes dar. "Wir bieten sie schon heute in den Feldern an, in denen Kunden sie nachfragen. Dazu zählen Teile der betrieblichen Altersversorgung genauso wie das Geschäft mit vermögenden Kunden bis hin zur Immobilien- oder Praxisfinanzierung", so Dirk Bohsem, Leiter Kunden- und Vertriebsmanagement beim unabhängigen Finanz- und Vermögensberater MLP. Somit findet sich in der Praxis in der Tat vermehrt so genannte Vergütungs-Mischformen aus Provision und Honorar.

Eine Konzeption, der Dieter Rauch, Geschäftsführer VDH GmbH Verbund Deutscher Honorarberater, ablehnend gegenüber steht: "Wir halten nichts von Mischmodellen. Für den Verbraucher muss klar sein, wie sein Berater oder Vermittler vergütet wird und wer ihm gegenüber sitzt. Es besteht ansonsten die Gefahr, dass der Berater sich immer gerade den Hut aufsetzt, mit dem er selbst am besten fährt.

"Interessenskonflikte sind dabei vorprogrammiert." Rauch sieht die Zukunft in der Honorarberatung und sieht großen Aufwind in der Maklerlandschaft und erklärt abschließend: "Im ersten Halbjahr dieses Jahres waren alle Informationsveranstaltungen unseres Hauses, die sich mit der Praxis, der Technologie und der Produktwelt für Honorarberater beschäftigen ausnahmslos ausgebucht. Auch die Anmeldezahlen für den diesjährigen Honorarberaterkongress am 16. Oktober 2012 in Mainz übertreffen bereits jetzt die Vorjahre."

Bild: © Margot Kessler/

Autor(en): Marc Oehme

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