Inflation und Digitalisierung weiter ein Problem

740px 535px

Jährlich befragt die Managementberatung Horváth Vorstands- und Geschäftsführungsmitglieder großer Versicherungsunternehmen zu ihren Geschäftsaussichten und Herausforderungen. In diesem Jahr äußern sich die Befragten so optimistisch wie noch nie nach Corona.

Von Beitragssteigerungen in Höhe von rund vier Prozent gehen die Teilnehmenden sowohl für das Gesamtjahr 2023 als auch 2024 aus. Das sind etwa zwei Prozentpunkte mehr als in den vorherigen Erhebungen seit 2020. „Angesichts der eingetrübten gesamtwirtschaftlichen Lage und der anhaltend hohen Inflationsrate sind diese Aussichten als positiv zu bewerten“, sagt Martin Müller, Partner und Versicherungsexperte bei der Managementberatung Horváth. Das Beitragswachstum sei vor allem auf Preissteigerungen aufgrund der Inflation zurückzuführen.

Bessere Ergebnisse an den Kapitalmärkten und höhere Prämien

In Bezug auf die EBIT-Marge sind die Versicherer ebenfalls überwiegend positiv gestimmt. 75 Prozent gehen von einer Steigerung in 2023 aus – im Branchenvergleich ist das der zweithöchste Wert nach der Energiebranche (77 Prozent). „Spartenübergreifend soll der Jahresüberschuss in 2023 höher ausfallen als in 2022 prognostiziert. Ursache hierfür sind bessere Ergebnisse an den Kapitalmärkten und höhere Prämien. Innerhalb der einzelnen Sparten kann sich natürlich eine differenzierte Entwicklung zeigen“, so Müller.

Im Wettstreit um Effizienz, Kundschaft und Margen gehen die Versicherer „All in“ auf die weitere Digitalisierung. Die digitale Transformation führt weiterhin die Liste der Top-Management-Prioritäten an. Von digitalen Fortschritten und Innovationen erhoffen sich die Unternehmen von Service über Sales bis IT weitere bedeutende Vorteile im Wettbewerb. Doch dafür ist noch viel Grundlagenarbeit zu erledigen. Auf die Frage nach den größten Herausforderungen ihrer Branche ist die häufigste Antwort: Backend-Optimierungen beziehungsweise die Weiterentwicklung des Daten-Ökosystems, noch vor der Bewältigung der hohen Inflationsrate oder regulatorischen Vorgaben.

Versicherer sollten sich robust aufstellen und professionalisieren

Der hohe Grad an Digitalisierung hat für die Versicherer aber auch eine Kehrseite. Cyber Crime macht den Versicherungsunternehmen schwer zu schaffen, auch wenn das Thema „nur“ an dritter Stelle der Management-Prioritäten landet – knapp hinter Personalthemen – hat es mit einem Relevanz-Score von 3,47 aber eine genauso hohe Bedeutung für die Branche wie für die Gesamtwirtschaft, bei der das Thema Platz zwei belegt. Im Branchenvergleich sind die Assekuranzen sogar am häufigsten Cyber-Attacken ausgesetzt. „Gerade für Versicherer, deren Geschäftsmodell auf Vertrauen und Schutz aufbaut, stellen Cyber-Attacken ein hohes Risko dar. Wir merken im Markt, dass auch die Aufsicht auf eine resiliente Aufstellung der Versicherer aktuell ein besonderes Augenmerk hat. Hier tun die Versicherer gut daran, sich weiter robust aufzustellen und zu professionalisieren“, so Horváth-Experte Müller.

Geschäftsmodelle und Produkte bleiben von KI längerfristig eher unbeeinflusst

Die teilnehmenden Vorstands- und Geschäftsführungsmitglieder wurden bei der Studie auch nach ihrer Einschätzung in Bezug auf die Chancen von KI-Anwendungen gefragt. Erstaunlicherweise gibt die Mehrheit an, dass Geschäftsmodelle und Produkte davon auch längerfristig eher unbeeinflusst bleiben. Jeweils 70 Prozent gehen davon aus, dass die Möglichkeiten durch Anwendungen wie ChatGPT keine oder nur geringe Auswirkungen auf diese Unternehmensbereiche haben wird. Ein umgekehrtes Bild ergibt sich für die Bereiche Service und interne Administration. In Bezug auf Service sehen sogar 94 Prozent ein großes, wenn nicht revolutionäres Potenzial. „Wir deuten diese Ergebnisse so, dass die Befragten einfach zuallererst das große Potenzial von KI-Anwendungen für die Serviceprozesse sowie auch für interne Schnittstellen sehen, in denen sie zunächst auch Erfahrungen sammeln – und die Bewertung hinsichtlich weiterreichender Auswirkungen aufs gesamte Geschäftsmodell bewusst noch offenlassen möchten“, so Insurance-Experte Müller.

Ein weiteres Thema der Studie ist der Fortschritt bei der Nachhaltigkeit. „Die Versicherer haben in den vergangenen Monaten einige ihrer Hausaufgaben gemacht und sind nun optimistischer. Ihr Net-Zero-Ziel haben sie um zwei Jahre auf 2034 vorgezogen. Nun gilt es aber, den Drive in der Umsetzung nicht zu verlieren“, so Martin Müller. Im Gesamtranking der Top-Prioritäten ist Nachhaltigkeit um zwei Plätze nach hinten gerutscht und liegt nur noch an fünfter Stelle. „Um in knapp zehn Jahren auch wirklich klimaneutral zu sein, müssen die Assekuranzen jetzt dranbleiben.“

Hintergrundinformationen

Für die Horváth-Studie „Assekuranzen 2023“ wurde eine repräsentative Auswahl an Vorstandsmitgliedern aus Versicherungsunternehmen befragt. Die Stichprobe umfasst rund 40 Befragte, mit denen persönliche Tiefeninterviews geführt wurden. Diese fanden im Rahmen der großangelegten internationalen Horváth-Studie „CxO Priorities 2023“ statt, für die insgesamt über 430 Topmanagerinnen und -manager aus 19 Ländern und 13 Branchen befragt wurden.

 

Autor(en): versicherungsmagazin.de

Alle Branche News