Justizsystem: Hohes Vertrauen mit kleineren Abstrichen

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Zum achten Mal in Folge hat die Roland Rechtsschutz in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie Allensbach die Einstellung der Bevölkerung zum Justizsystem und zur außergerichtlichen Konfliktlösung erforscht. Ein zusätzlicher Schwerpunkt der Studie untersuchte die Meinungen der Verbraucher zum Dieselskandal und in diesem Zusammenhang die Einführung von Sammelklagen in Deutschland.

Der Rechtsreport 2018 belegt, dass das deutsche Rechtssystem in der Bevölkerung viel Ansehen genießt. 68 Prozent haben "sehr viel" oder "ziemlich viel Vertrauen" in die Gesetze, 64 Prozent in die Gerichte. Seit Jahren bewegt sich das Vertrauen hier relativ stabil auf hohem Niveau. Noch stärker vertrauen die Bürger nur der Polizei (74 Prozent) sowie kleinen und mittleren Unternehmen (78 Prozent).

Starke Unterschiede zwischen Ost und West
Unverändert gibt es deutliche Unterschiede im Vertrauen in die Institutionen zwischen Ost- und Westdeutschland. So vertrauen 71 Prozent der westdeutschen, aber nur 58 Prozent der ostdeutschen Bevölkerung den Gesetzen in Deutschland, 77 Prozent der Westdeutschen, aber nur 65 Prozent der Ostdeutschen haben großes  Vertrauen in die Polizei und 45 Prozent im Westen, aber nur 34 Prozent im Osten vertrauen der Verwaltung.

Doch trotz Zufriedenheit mit dem Rechtssystem gibt es auch Kritik: In Bezug auf das Justizsystem kritisieren die Bürger insbesondere die langen Verfahrensdauern (83 Prozent) und ihrer Ansicht nach zu milden Strafen. Besonders gegenüber jugendlichen Straftätern sollten die Gerichte härter durchgreifen, sagen 57 Prozent. Auch hat jeder Zweite den Eindruck, dass Urteil und Strafmaß stark vom jeweils zuständigen Gericht (58 Prozent) und vom verpflichteten Anwalt abhängen. Außerdem finden 55 Prozent die deutschen Gesetze viel zu kompliziert.

Mediation ist Bestandteil des Rechtssystems
Angesichts der kritischen Haltung gegenüber der Arbeit der Gerichtsbarkeit überrascht es nicht, dass die Deutschen offen für die außergerichtliche Konfliktlösung sind. Besonders bekannt ist hier die Mediation, von der mittlerweile 73 Prozent der Bevölkerung schon einmal gehört haben. Zwar ist das Mediationsverfahren nach wie vor besonders bei Bürgern mit höherer Schulbildung bekannt, die Bekanntheit hat in den vergangenen Jahren jedoch am stärksten bei Personen mit einfacher Schulbildung zugenommen. 49 Prozent denken, dass sich mit der Mediation viele Streitigkeiten beilegen lassen – bei denen, die das Verfahren vor der Befragung bereits kannten, sind es sogar 52 Prozent.

In der aktuellen Auflage des Reports haben die Studienmacher im Titel der Umfrage zum deutschen Rechtssystem die Mediation nicht mehr ausdrücklich genannt. Damit trage man dem Umstand Rechnung, dass sie mittlerweile einen festen Platz im Rechtssystem gefunden habe. "Anders als vor zehn Jahren stellt sich die Frage nicht mehr, wie sich die Mediation zu unserem Rechtssystem verhält: Sie ist jetzt dessen fester Bestandteil", erläutert Professor Reinhard Greger, Mitglied des Rechtspolitischen Beirats von Roland Rechtsschutz und ehemaliger Richter am Bundesgerichtshof. Künftig werde der Report in seiner Fragestellung das ganze Spektrum der ausgerichtlichen Konfliktlösung in den Blick nehmen.

Ruf der Autobranche hat gelitten
Ein zweiter Schwerpunkt des Rechtsreports ist das Ansehen der Automobilindustrie. Der Ruf der traditionell beliebten Branche in Deutschland hat durch den Dieselskandal stark gelitten: Äußerten sich 2014 noch 62 Prozent der Bevölkerung positiv über deutsche Autohersteller, sind es inzwischen nur noch 26 Prozent. Eine starke Auswirkung auf das Kaufverhalten ist im Rechtsreport 2018 hingegen nicht erkennbar: Lediglich jeder Vierte gibt an, künftig keinen Diesel mehr kaufen zu wollen. Allerdings stand zum Befragungszeitraum das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu möglichen Fahrverboten aus, so die Studienmacher.

Im Zusammenhang mit dem Dieselskandal wurde in den Medien häufiger über die Einführung von Musterfeststellungsklagen oder Sammelklagen in Deutschland diskutiert. Laut Rechtsreport würden 79 Prozent der Bundesbürger die Einführung von Sammelklagen als juristisches Mittel begrüßen, lediglich sechs Prozent wären dagegen.

Pro und Contra Sammelklage
Angesichts der möglichen Nachteile von Sammelklagen, unter könnte Umständen eine Klageindustrie entstehen, an der vor allem Anwaltskanzleien verdienen, fällt das Urteil jedoch anders aus: Die Gruppe der Befürworter schrumpft auf 63 Prozent, während die Gruppe der Gegner auf 21 Prozent wächst.

Diese starke Beeinflussung des Meinungsbilds durch ein einziges Argument sei häufig ein Hinweis darauf, dass sich die Bevölkerung noch nicht besonders stark mit der entsprechenden Thematik auseinandergesetzt habe. Die Akzeptanz von Sammelklagen in Deutschland hänge vermutlich stark davon ab, wie diese Klageform in der Praxis ausgestaltet wäre, heißt es im Report.

Über den Roland Rechtsreport 2018
Die Studie stützt sich auf insgesamt 1.443 Interviews des Instituts für Demoskopie Allensbach mit einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung ab 16 Jahren. Die Interviews wurden zwischen dem 1. und 14. Dezember 2017 persönlich in einem mündlichen Gespräch erstellt.

 

Autor(en): Versicherungsmagazin.de

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