Die gesetzlichen Krankenkassen stehen unter hohem finanziellem Druck. Führende Manager fordern schnelle staatliche Hilfe. Kann die private Krankenversicherung (PKV) von dem Dilemma der Gesetzlichen profitieren?

„Alarmruf der Krankenkassen an die neue Bundesregierung: Die Kassen benötigen schnell neue Milliarden!“, titelte jetzt die Bildzeitung. Grund: Die Chefs großer Kassen prognostizieren Beitragssteigerungen im Sommer 2025, wenn es nicht staatliche Extra-Zuschüsse gibt. Während Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK rund eine Rückzahlung von 5,2 Milliarden sogenannter Corona-Hilfen an die Pflegeversicherung fordert, sollten nach Meinung des Barmer-Vorstandsvorsitzenden Christoph Straub die Leistungen für Bürgergeldempfänger voll vom Staat getragen werden, was eine Zahlung von 15 Milliarden Euro bedeuten würde. Das Defizit der gesetzlichen Krankenversicherungen für 2024 soll bei 6,2 Milliarden Euro liegen.

Die Beitragsspirale stoppen

Ohne schnelle staatliche Hilfe käme es nach Einschätzung der Kassenmanager weiterhin zu einer „verhängnisvollen“ Beitragsspirale. Lag der individuelle Zusatzbeitrag der Krankenkassen noch 2024 bei rund 1,7 Prozent, soll er nun schon 2,9 Prozent im Schnitt betragen. Das Berliner IGES-Instituts schätzt sogar, dass der Satz in 2035 bei durchschnittlichen 4,7 Prozent liegen könnte.

Das es den Krankenkassen schlecht geht, hat die Politik bereits deutlich erkannt. So heißt es im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vom 5. Mai 2025: „Hohe Defizite prägen derzeit die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der sozialen Pflegeversicherung. Die Einnahmeentwicklung bleibt deutlich hinter der Entwicklung der Ausgaben zurück. Die Beitragssätze steigen.“  Ziel sei es, die Finanzsituation zu stabilisieren und eine weitere Belastung für die Beitragszahlerinnen und -zahler zu vermeiden.

Duales System ist in der Diskussion 

Dafür wären „tiefgreifende strukturelle“ Reformen notwendig, so die Vereinbarung nebulös. Vorschläge zu diesen Reformen sollen im Frühjahr 2027 durch eine Kommission vorgelegt werden. Bis dahin dürfte es weiter viel Unruhe im Gesundheitssystem geben. Das zeigt die Forderung, die DAK-Mann Storm in einem Podcast für die Apotheken Umschau formuliert. So müsse die „Systemfrage“ neu gestellt werden – also „inwieweit eine Trennung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung sinnvoll ist.“ Betroffen sieht Storm die PKV auch, wenn in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Primärarztsystem etabliert wird – was ebenfalls im Koalitionsvertrag steht.

Zudem hält der Manager das Beihilfesystem für „nicht mehr zeitgemäß“.  So könne man wohl kaum erklären, warum ein Lehrer, der angestellt ist, eine andere Gesundheitsabsicherung hat wie ein Lehrer, der verbeamtet ist. Unter dem Strich dürfte die Diskussion über eine Stabilisierung der Finanzierung der Krankenkassen daher kaum an der PKV vorbeigehen. Auf der anderen Seite kann die Politik natürlich auch Leistungen in der GKV kürzen, um Kosten zu sparen. Von einem solchen Schritt – selbst, wenn er nur angedacht wird – dürfte die PKV wohl profitieren.

Privatpatienten finanzieren Gesundheitssystem stärker

Aktuell hat das Wissenschaftliche Institut der PKV (WIP) den sogenannten Mehrumsatz der PKV-Versicherten für das Gesundheitssystem ermittelt, um die Bedeutung des dualen Systems zu unterstreichen. „Dieser Mehrumsatz entspricht dem Betrag, den PKV-Versicherte im Vergleich zu GKV-Versicherten für Gesundheitsleistungen mehr bezahlen“, erläutert das WIP. Im Jahr 2023 lag der gesamte Mehrumsatz bei 14,46 Milliarden Euro.
Als Fazit stellt das WIP fest: „Der jeweilige Ausgabenanteil der PKV-Versicherten, gemessen an den PKV- und GKV-Ausgaben je Versorgungsbereich, übersteigt in allen Bereichen den Bevölkerungsanteil der PKV-Versicherten von 10,4 Prozent. Eine besonders große Bedeutung zeigt sich weiterhin in der ambulant-ärztlichen Versorgung. Hier entfallen 21,4 Prozent der Gesamteinnahmen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte auf PKV-Versicherte.“

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek