Kein Marktstandard beim Ausweis der Kosten

Die Informationspflichtenverordnung die, zusammen mit dem VVG, zum 1. Januar 2008 in Kraft getreten war, hat den Versicherern noch sechs Monate Übergangszeit eingeräumt, um ein Produktinformationsblatt für jede Police zu schaffen. Diese Galgenfrist ist nun fast abgelaufen.

Vertragsinhalte verstehen
Besagtes Blatt wird den Seiten Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB), Verbraucherinformationen und Auszügen aus dem Versicherungsvertragsrecht vorangestellt und dient quasi als „als erste Hilfe für die Kunden“, die wichtigsten Inhalte des Vertrages zu verstehen. Für gewerbliche Policen ist das Blatt dagegen gar nicht vorgeschrieben. „In der Praxis wird es schwierig sein, ein Informationsblatt herzustellen, das einerseits abstrakt das jeweilige Produkt beschreibt, andererseits aber auch individuell auf die Einzelheiten des jeweiligen Versicherungsnehmers ausgerichtet ist", meint Professor Wolfgang Römer, einst Richter am Bundesgerichtshof (BGH) und bis vor kurzem Versicherungsombudsmann. Also hat sich Römer seinen eigenen Reim auf das Informationsblatt gemacht, dass auf einer einzigen A4-Seite kurz, informativ und übersichtlich die wichtigsten Fakten zu Abschluss und Erfüllung des Versicherungsvertrags nennen soll.

Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht
Das Ergebnis ist niederschmetternd: Erste Entwürfe fanden nicht seinen Beifall, gab Römer Mitte April auf der Fachtagung des Bundes der Versicherten (BdV) zu Protokoll. Nach Durchsicht mehrerer Entwürfe zu Kfz- und Wohngebäude-Versicherungen hatte der für klare Sprache bekannte Experte größte Bauchschmerzen, ob das alles in die richtige Richtung geht. „Wer über alles informiert, informiert über nichts", sagte er mit Seitenhieb auf die Hausjuristen der Versicherer. Manche sehen offenbar den Wald vor lauter Bäumen nicht. Dabei steht doch klipp und klar in der Informationspflichtenverordnung, was kurz im Produktinformationsblatt genannt werden muss, insbesondere Angaben zu Art des Vertrages, Beschreibung des Risikos, Beitragshöhe, Leistungsausschlüsse, Obliegenheiten, Beginn und Ende des Schutzes, Möglichkeiten der Vertragsbeendigung. Gesondert sind bei Lebens-, Berufsunfähigkeits- und privaten Krankenversicherungen die Abschluss- und Vertriebskosten sowie sonstigen Kosten jeweils in Euro anzugeben.

Sprache "zu" juristisch
Für diesen „Beipackzettel“ gibt es keine amtliche Vorlage. Deshalb scheint sich nun die böse Vorahnung zu bestätigen, dass die Versicherer ihrem Mitteilungsbedürfnis zu sehr folgen und sich sprachlich zu juristisch orientieren. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hatte seinen Mitgliedern bereits im Februar unverbindliche Musterblätter geschickt, darunter zur Privatrente, Unfall-, Privathaftpflicht- und Kfz-Versicherung. Keines davon ist kürzer als 1,5 A4-Seiten. Spannend: Die Kosten zu Privatrenten werden anstandslos in Euro angegeben – und zwar die in den Beitrag einkalkulierten Abschluss- und Vertriebskosten sowie die sonstigen, nicht kalkulierten Kosten. Dazu passen plausibel klingende Formulierungen, wie „einmalig … Euro“ oder „jährlich … Euro für eine Laufzeit von … Jahren“. Für einkalkulierte Kosten, die der Höhe nach noch nicht bezifferbar sind, empfiehlt der GDV die Formulierung „… Euro je 1.000 Euro Versichertenguthaben“.

Die Unternehmen sind in ihren Entscheidungen aber völlig frei; ein einheitlicher Marktstandard ist vorerst nicht in Sicht. Die Folge für Vermittler und Verbraucher ist, dass sich die erwartete Transparenz bei den Kostenangaben keineswegs einstellt. So können niedrigere einmalige Abschlusskosten durch höhere laufende Kosten ausgeglichen werden. Wer als Kunde dann nur auf niedrige Abschlusskosten sieht, wird im Laufe der Jahre durch hohe laufende Kosten doch verstärkt zur Ader gelassen.

Bildquelle: Pixelio

Autor(en): Detlef Pohl

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