Keine Antwort in den Wahlprogrammen

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In wenigen Jahren gehen die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand. Demgegenüber stehen aber viel zu wenig junge Menschen, die die sozialen Sicherungssysteme über das Umlageverfahren finanzieren sollen. Was die Parteien in ihren Programmen vorlegen, kommt entweder zu spät oder könnte das Problem sogar noch verstärken, meint jedenfalls Professor Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des Diva.

Grüne, SPD und Linke sind Befürworter der Bürgerversicherung. Diese oder ähnliche Systeme stützen sich – bei den letztgenannten Parteien nahezu komplett und bei den Grünen zum großen Teil – auf das Umlageverfahren. Dieses soll auf hohem Leistungsniveau noch weiter ausgebaut werden. Und das, ohne das Renteneintrittsalter oder die Beiträge zu erhöhen. Mit anderen Worten: Es ist wenig Änderung in Sicht. Die Förderung der privaten Altersvorsorge soll abgeschafft werden. Wer soll das bezahlen? Kaum ein Wort dazu in den Wahlprogrammen, hat Heuser herausgefunden.

Aktienbasierte Vorsorge, aber nicht in privater Verantwortung

Immerhin würden Union, FDP und mit Abstrichen die Grünen auf mehr aktienbasierte Vorsorge setzen, sei es mit einer Generationenrente (Union) oder einer Aktienrente (FDP). Allerdings nicht in privater Verantwortung, sondern in staatlicher Regie. Ob „Vater Staat“ der bessere Kapitalanleger sei, könne mit Fug und Recht bezweifelt werden. Und fest stehe auf jeden Fall: Die Renten der geburtenstarken Jahrgänge ließen sich damit nicht finanzieren, denn die Konzepte wirkten erst in Jahrzehnten.

Staatliche Pauschallösungen schränken nach Ansicht des Diva-Direktors die Eigenverantwortung der Bürger ein. Individuelle Präferenzen bei der Vorsorge fänden so gut wie keine Berücksichtigung. Erkennbar sei dies auch am Umgang der Parteien mit den Riester-Produkten. Deren schlechtes Image nähmen fast alle Parteien zum Anlass, andere Lösungen zu propagieren. Bereits ausgearbeitete und durchaus tragfähige Reformvorschläge würden nicht aufgegriffen. So hätte im Nullzinsumfeld die Absenkung oder Abschaffung der Bruttobeitragsgarantie positive Renditeeffekte für bestehende und neue Verträge, was die Riester-Rente zukunftsfähig machen würde.

Staatliche Lenkung bitte etwas zurückfahren

Der Wissenschaftler kommt zu dem Schluss, dass die Politik gut beraten sei, die Mündigkeit der Bürger anzuerkennen und die staatliche Lenkung etwas zurückzufahren. Denn im Status quo seien die gesetzlichen Renten nicht finanzierbar.

Ein erster Schritt, um das zu ändern, wäre die Wiedereinführung des Nachhaltigkeitsfaktors in der Rentenanpassungsformel. Ebenso müsste eine stufenweise Absenkung des Rentenniveaus in Kauf genommen werden.

Bewusstsein der Menschen für das Thema „Altersvorsorge“ hoch

Die Mehrheit der Menschen sei sich der schlechten Perspektiven bei der gesetzlichen Rente bewusst und setze durchaus auf eigene Vorsorge. Das gehe auch aus den Umfragen des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung (Diva) hervor. Das Bewusstsein für das Thema sei hoch. Die Parteien sollten die Bereitschaft der Menschen zur Eigenvorsorge nicht unterschätzen.

Alle Ergebnisse der Analyse der Wahlprogramme finden Sie auf hier

Hintergrundinformationen

Das Diva ist das Forschungsinstitut des Bundesverbands Deutscher Vermögensberater (BDV) und Hochschulinstitut der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW). Es veröffentlicht jeweils zweimal jährlich einen Geldanlage-Index und Altersvorsorge-Index, die Einstellungen der Menschen in Deutschland zu diesen Finanzfragen messen. Die Indizes basieren auf Tandemumfragen, repräsentativen Doppelbefragungen von Endverbrauchern einerseits und Vermögensberatern andererseits. Wissenschaftlicher Direktor ist FHDW-Professor Michael Heuser.

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  1. Bürgerfonds,
  2. Betriebliche Altersversorgung,
  3. Gesetzliche Rentenversicherung,
  4. Honorarberatung,
  5. Provisionsdeckel und
  6. Riester-Rente.

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Quellen: Diva, Versicherungsmagazin

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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