Kfz-Versicherung: Problematisches Produktrating

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Ohne einen unabhängigen Vergleich bleibt der Überblick schnell auf der Strecke", stellt das Analysehaus Franke & Bornberg anlässlich des aktuellen Ratings zur Kfz-Versicherung fest. Mit der reinen Bewertung von Versicherungsbedingungen möchten die Experten verhindern, dass der Wettbewerb allein über den Preis ausgetragen wird. Doch ein reines Leistungsrating suggeriert, dass die Angebote vergleichbar sind. Das ist bei enormen Preisunterschieden problematisch.

So gewinnen 2020 im „Kfz-Rating“ 13 von 177 untersuchten Tarife. Sie erhalten das höchste Qualitätssiegel „FFF+“ und sind damit „hervorragend“. Folgende Tarife wurden von der Rating-Agentur ausgezeichnet: „Premium Elektro-/ Hybridfahrzeug“ der ADAC Autoversicherung, „Premium“ der Allianz, „All-in“ der Basler, „Optimal“ der Generali, „Classic Kasko Plus“, der Huk-Coburg sowie der Huk24 und VRK, „Top Drive“, der Itzehoer, „KfzPolice-plus“ der Kravag und R+V „Premium Wertausgleich+“ der Württembergischen sowie „Kfz plus Kasko XtraSchutz“ der WWK.

Mindestleistungen notwendig

Basis der Analyse sind „Mindestleistungen“ und ein Punktesystem. Dazu erläutert Franke & Bornberg in seinen „Bewertungsgrundlagen“: „Unabhängig von der erreichten Gesamtpunktzahl wird ein Produkt stets dann eine Ratingklasse niedriger (FF statt FF+; FF+ statt FFF; FFF statt FFF+) eingestuft, wenn der Mindeststandard der jeweils höheren Klasse nicht erreicht wird.“

Die Top-Tarife müssen beispielsweise im Gegensatz zur nächsten niedrigen Klasse 24 Monate eine Neuwert- und Kaufentschädigung bieten, falls das Fahrzeug einen Totalschaden erleidet oder entwendet wird. Damit stellt das Analysehaus beispielsweise den Basler „All-In“, der eben diese Mindestleistung erbringt auf eine Stufe mit „KfzPolice-plus“ von Kravag und R+V, der 30 Monate Neuwert leistet. Die Tarife „Classic Kasko Plus“ der HUK-Coburg Gruppe haben hier sogar eine Leistungsdauer von 36 Monaten. Diese Frist bietet auch die Allianz im Premium-Tarif.

Sparpotenzial wird bleibt unbeachtet

Der Autofahrer würde beim Umstieg von der Allianz zum Classic Kasko Plus-Angebot der Huk24 aber rund 60 Prozent Prämie pro Jahr sparen. Dies zeigt eine Stichprobe mit dem Vergleichsprogramm der Unternehmensberatung Nafi. Da stellt sich die Frage: Ist ein reiner Qualitätsvergleich angesichts solcher Preisunterschiede tatsächlich legitim? Oder führt er nicht gerade dazu, dass „der Überblick auf der Strecke“ bleibt?

„Im Schadenfall kann ein leistungsschwacher Kfz-Tarif fatale Folgen haben“, mahnt Michael Franke, Geschäftsführer der Ratingagentur. Gleichzeitig gibt er zu, dass sich das Leistungsniveau stark verbessert hat. Wirkliche Mager-Tarife, die etwa nicht bei grober Fahrlässigkeit leisten, findet man nämlich kaum noch im Markt. Kleine Leistungsunterschiede führen aber nicht zu „fatalen Folgen“. Zudem der wichtigste Schutz, die Kfz-Haftpflichtversicherung, bei fast allen Tarifen -wenn auch die vertraglichen Deckungssummen für Personenschäden schon mal leicht schwanken - im Wesentlichen identisch ist.

Vergleichsprogramme sorgen für Transparenz

Eine gute Benchmark-Analyse leistet heute bereits jedes Vergleichsprogramm. Dabei kann man über Filter die Leistungen so einstellen, dass eben nicht „Äpfel mit Birnen“ verglichen werden. Daher ist in der Kfz-Versicherung aufgrund der extremen Prämienunterschieden nur ein Preis-Leistungs-Rating zielführend. Wer sich als Vermittler allein auf das Kfz-Rating und Qualitätssiegel von Franke & Bornberg stützt, könnte durchaus ein Haftungsproblem bekommen.

Zudem das Analysehaus in seiner Bewertung wenig transparent ist. Denn die Ermittlung der Punkte wird zumindest anhand der Bewertungsgrundlagen nicht aufgedeckt. So erfährt man beispielsweise, dass der Zusatzbaustein „Werkstattbindung“ drei Detailkriterien gibt und maximal 260 Punkte vergeben werden. Welche Kriterien wie bewertet wurden, bleibt im Dunkeln. Gerade die Werkstattbindung ist aber problematisch. Zwingt sie die Kunden doch im Schadenfall in eine Partnerwerkstatt und bedroht sie bei Verstoß mit Sanktionen. Als Gegenleistung gewährt der Versicherer Nachlässe, die je nach Anbieter und Tarif absolut sehr unterschiedlich ausfallen. Auch das kann das reine Leistungsrating von Franke & Bornberg wohl kaum erfassen.

Das Kfz-Rating sei auf dem deutschen Markt „einmalig“ und „liefere Orientierung“ erläutert die Agentur. Die Analyse des Kfz-Versicherungsmarkts zeigt, dass es eher problematisch ist. Möglicherweise erfüllt es nur den Sinn, Kfz-Versicherer eine Werbung mit dem Qualitätssiegel zu ermöglichen. In welcher Form das möglich ist, verrät die Agentur zumindest auf der Homepage nicht. Dort heißt es lediglich, dass „die Benutzung der Ratingergebnisse sowie der darauf basierenden Qualitätssiegel von Franke und Bornberg zur Produktpräsentation und/oder Werbung“ nur mit einem speziellen Nutzungsvertrag zulässig sei.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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