KI: Deutsche weniger skeptisch als die Briten

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Guidewire hat kürzlich seine jährliche europäische Studie vorgestellt. Dafür wurden in diesem Jahr über 4.000 Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Spanien erstmalig zum Einsatz von KI in Versicherungsprozessen befragt und zeigten sich generell offen gegenüber der Technologie.

Die Bereitschaft der Verbraucher, angesichts der wirtschaftlichen Lage beim Versicherungsschutz zu sparen, ist etwas rückläufig. Auffällig ist das stark gesunkene Interesse an nachhaltigen Versicherungsprodukten, die mit einem Aufpreis verbunden sind.

Deutsche im Umgang mit KI-Tools recht experimentierfreudig

Die Umfrage zeigt unter anderem, dass die deutschen Verbraucher im Vergleich zu den anderen Ländern am experimentierfreudigsten im Umgang mit Tools für generative KI, wie ChatGPT, sind. Knapp 29 Prozent der deutschen Befragten hat noch nie ein solches KI-Tool verwendet, im Vergleich sind es im Vereinigten Königreich mehr als die Hälfte (55 %); Frankreich und Spanien liegen mit 41 beziehungsweise 35 Prozent dazwischen. Unter den deutschen Umfrageteilnehmern, die KI verwenden, tun dies 45 Prozent mindestens mehrmals monatlich, einige sogar täglich.

Beim Einsatz von KI im Versicherungslebenszyklus hängt die Akzeptanz der Versicherten vom Einsatzszenario ab. Mehr als die Hälfte der deutschen Verbraucher fühlt sich mit der Vorstellung wohl, dass KI beim Versicherungsantrag oder beim Ausfüllen von Formularen hilft. Knapp die Hälfte der Befragten in Deutschland ist damit einverstanden, dass der Service-Mitarbeitende der Versicherung bei telefonischen Anfragen mit KI-Unterstützung arbeitet. Dies akzeptieren im Vereinigten Königreich nur 30 Prozent, in Frankreich 41 Prozent und in Spanien 44 Prozent. Das Vertrauen der Verbraucher in KI sinkt, wenn es um die Preisgestaltung von Policen oder um die Schadenbearbeitung geht: 36 Prozent beziehungsweise 34 Prozent der deutschen Befragten fühlen sich damit wohl. Im Vereinigten Königreich ist die Akzeptanz mit 23 Prozent beziehungsweise 21 Prozent am niedrigsten.

Nur zehn Prozent haben schon jetzt volles Vertrauen in die KI 

Die stärkste vertrauensbildende Maßnahme im Hinblick auf KI ist aus Sicht der deutschen Verbraucher die Möglichkeit, die von einer KI getroffene Entscheidung bei einem Konflikt an einen Mitarbeiter weiterzuleiten – 41 Prozent der Befragten begrüßen diesen Ansatz. 26 Prozent der deutschen Befragten wünschen sich eine Erklärung für die Entscheidung der KI, 24 Prozent wollen eine separate Regulierung von KI im Versicherungswesen. Ein Fünftel (21 %) der Deutschen gab an, dass es nichts gibt, das ihr Vertrauen steigern könnte (das Vereinigte Königreich ist mit 41 % am kritischsten). Nur zehn Prozent der deutschen Verbraucher haben schon jetzt volles Vertrauen in die Nutzung von KI im Versicherungswesen; in Frankreich und Spanien sind es jeweils 11 %, unter den Briten lediglich 6 %.

Die wichtige Rolle des persönlichen Kontakts zum Versicherer zeigt sich auch in den Präferenzen der Befragten in punkto Kommunikation im Schadenfall. Das Interesse am telefonischen Kontakt ist in Deutschland von 51 Prozent im letzten Jahr auf 65 Prozent in diesem Jahr gestiegen (in Spanien bevorzugen aktuell sogar 76 Prozent das Telefonat mit dem Versicherer). E-Mail-Kommunikation bevorzugen 59 Prozent der Deutschen, während der Chat-Bot für nur 10 Prozent in Frage kommt. Außer in Spanien ist in allen Ländern die Akzeptanz von E-Mail-Kommunikation gestiegen. Der Einsatz mobiler Apps bleibt in Deutschland mit 22 Prozent unverändert. Bemerkenswert ist, dass im Vereinigten Königreich mehr als ein Drittel der Befragten noch nie mit ihrem Versicherer gesprochen hat; in Deutschland sind dies nur 12 Prozent, in Spanien 5 Prozent. 

Zufriedenheit mit Kundenservice weiterhin hoch 

Die Zufriedenheit mit dem Kundenservice der Versicherer ist in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr stabil geblieben. 71 Prozent der Befragten hatten den Eindruck, dass ihr Ansprechpartner alle Informationen über sie hat, die er benötigt, um ihnen zu helfen. Am niedrigsten ist dieser Wert im Vereinigten Königreich mit knapp 50 Prozent, die Spanier sind mit 73 Prozent am zufriedensten mit dem Service.

Interesse an Nachhaltigkeit bei Kunden und Versicherern abgeflacht

37 Prozent der deutschen Verbraucher zeigten laut Umfrage Interesse an nachhaltigen Versicherungsprodukten, selbst bei höheren Prämien. Im vergangenen Jahr waren es 66 Prozent, was einen signifikanten Rückgang bedeutet. Genauso wie vergangenes Jahr sinkt die Wertschätzung für Nachhaltigkeit mit zunehmendem Alter der Befragten. In den Altersgruppen 18 bis 24 Jahre und 25 bis 34 Jahre würden sich aktuell jeweils 47 Prozent für ein nachhaltiges Produkt entscheiden, bei den über 55-Jährigen sind es nur noch 20 Prozent.

Parallel zu dieser Entwicklung sehen die deutschen Verbraucher die Versicherer weniger stark in der Pflicht, sich für den Klimaschutz zu engagieren. Ein Fünftel der Befragten aus Deutschland erkennt keine Klimaverantwortung bei Versicherern, 2023 waren es noch 16 Prozent.

Werden als notwendig, aber auch als lästig erachtet

Über die letzten drei Jahre zeigt die Umfrage einen Trend zu einer Verschlechterung des Images von Versicherern. 2022 betrachteten weniger als ein Fünftel (19 %) der Umfrageteilnehmer Versicherer als notwendig, aber etwas lästig. 2023 stieg dieser Wert auf 32 Prozent und 2024 weiter auf 41 Prozent.

Die negative Einschätzung, dass die Versicherer überteuerte Produkte verkaufen und Schäden nur zögerlich begleichen, ist allerdings über die drei Jahre konstant bei 14 bis 15 Prozent geblieben. Trotz der Kritik ist die Bereitschaft der Verbraucher zu Einsparungen beim Versicherungsschutz leicht gesunken, von 56 Prozent im Jahr 2023 auf 52 Prozent in diesem Jahr.

Interessant: Jüngere Menschen schätzen die Unterstützung des Maklers

René Schoenauer, Director Product Marketing EMEA bei Guidewire Software, kommentiert die Untersuchung seines Hauses so: „Das Potenzial für Versicherer aus KI-Lösungen ist enorm. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, proaktiv die Akzeptanz der Verbraucher in die neue Technologie zu fördern, damit sich das volle Potenzial zur Automatisierung entfalten kann. Interessant ist auch, dass die jüngeren Verbraucher mehr Vertrauen in den Makler setzen. Hier liegt eine große Chance für die Makler, sich als Berater zu positionieren, die das Image der gesamten Branche stärken.“

Quelle: Guidewire

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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