Killerargument Rendite

Derzeit überbieten sich Branchenkritiker gegenseitig in ihren Angriffen auf die versicherungsförmige Altersversorgung. Einige elementare Grundlogiken sind dabei unter die Räder der Schlagzeilendrescher geraten.

"Die Versicherer bleiben den Beweis schuldig, dass sie Altersvorsorge können", so der Chef des Bundes der Versicherten, Axel Kleinlein, in einem Interview mit dem Handelsblatt. In einer Studie für das Deutsche Institut der Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet Kleinlein als vernichtendes Fazit vor, dass Riester-Rentner ihr Geld genauso gut in einen Sparstrumpf stecken könnten, weil es keine Rendite abwerfe.

Kritik der Kritik unerwünscht
Kritikern seiner eigenen Studie gegenüber zeigt sich Kleinlein dünnhäutig. Dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) drohte er per Pressemitteilung des Bundes der Versicherten rechtliche Schritte gegen deren Aussagen an, wonach methodische Fehler vor allem bei der Berücksichtigung von Überschüssen über den Garantiezins hinaus und bei der Förderung für das schlechte Abschneiden der Riesterrenten verantwortlich sind. Auch Dr. Mark Ortmann und sein Institut für Transparenz in der Altersvorsorge (ITA) wurden öffentlich per Pressemitteilung diskreditiert und der Täuschung und Irreführung bezichtigt - und das, obwohl Ortmann sich durchaus auch einen Namen als Kritiker der Lebensversicherungsbranche verdient hat.

Inzwischen gibt es weitere, sehr bedenkenswerte Stellungnahmen. Sowohl das Institut für Vorsorge und Finanzplanung als auch jüngst Professor Dr. Jochen Ruß von der Universität Ulm weisen nach, dass sich Riesterrenten für den Verbraucher sehr wohl in den meisten Fällen rechnen, und das sogar sehr gut. Auch die Kritik an angeblich übertrieben hohen Lebenserwartungen, die die Versicherer unterstellen würden, widerlegt Ruß detailliert.

Wie Meinungen gemacht werden
Doch weitere Studien kommen zu schlagzeilenträchtigen, vernichtenden Urteilen über die Lebensversicherung. So rechnete beispielsweise der Bamberger Professor Oehler einen finanziellen Verlust der Lebensversicherten von 160 Milliarden Euro im Zeitraum 2001 bis 2010 vor. Dass die Studie voller methodischer Mängel wie unter anderem fehlende Repräsentativität der untersuchten Fälle der Frühkündigungen, Nichtbeachtung der inzwischen erfolgten VVG-Reform oder fehlender Verrechnung mit den Vorteilen der nicht frühstornierenden Kunden steckt, störte die Medien nicht.

Die fiktive Zahl finanzieller Schäden verselbstständigte sich stattdessen in kürzester Zeit. Das erinnert an die in der Evers/Jung-Studie für das Verbraucherschutzministerium (BMELV) behaupteten 20 Mrd. Euro, die an Vermögensschäden durch überflüssigen Versicherungsschutz entstehen sollen. Diese Zahl wurde einer Pressemitteilung des etwa 100 Mitglieder starken Interessenverbands der Versicherungsberater entnommen, der diese Zahl nach eigenen Angaben auf einer Fachtagung aus Beratungsfällen hochgerechnet haben will. Dass die Pressemitteilung ausgerechnet in einer Phase veröffentlicht wurde, als das Bundesjustizministerium an der genauen Ausgestaltung der VVG-Informationspflichtenverordnung und hier vor allem der Ausweisung der Abschlusskosten arbeitete, war alles andere als ein Zufall. Die Medien jedoch adelten die horrende Milliarden-Zahl in kürzester Zeit zu einem wissenschaftlichen "Studienergebnis" des BMELV oder gar zu einem persönlichen Verdienst der Bundesministerin Aigner.

Satte Rendite - nach Risikoschutz und Kosten
Auf der Strecke bleibt bei all dem der gesunde Menschenverstand. Ein Beispiel: Der Autor dieses Beitrags hat vor wenigen Wochen eine Lebensversicherung ausgezahlt erhalten. Dabei handelte es sich um eine nach Verbraucherschutzmeinung überflüssige Ausbildungsversicherung, zudem bei einem eher ergebnisschwachen Versicherer.

Das erstaunliche Ergebnis: Die Versicherung hat in Relation zum Gesamtbeitrag eine "Rendite" von 3,25 Prozent erbracht. Selbst wenn man Schlussbonus, -überschuss und stille Reserven herausrechnet, bleibt eine "Rendite" von 1,47 Prozent übrig. Und dabei hat diese Versicherung immerhin 18 Jahre ein Todesfallrisiko getragen - was keine reine Kapitalanlage geleistet hätte - und teure Abschluss- und Verwaltungskosten aushalten müssen. Wäre das Geld stattdessen in den medial empfohlenen Sparstrumpf geflossen, wäre das Guthaben um 26,5 Prozent geringer ausgefallen.

Jeder hat die Wahl
Wenn schon bei einer Kapitallebensversicherung die "Rendite" ein offensichtlich fragwürdiger Maßstab für den Nutzen einer Lebensversicherung darstellt, wie viel mehr dann erst bei der Rentenversicherung. Wer eine lebenslängliche Versorgung sicherstellen will, hat dafür genau zwei Optionen. Entweder baut er für sich persönlich ein Kapital auf, aus dem er sich jederzeit die benötigte Rente entnehmen kann, egal wie alt er wird.

Mit anderen Worten, der Sparer muss allein aus den Zinsen des Kapitals leben können. Oder er schließt sich mit anderen Vorsorgewilligen zusammen und benötigt dann nur noch dasjenige Kapital, das für die statistisch durchschnittliche Lebenserwartung dieses Kollektivs ausreicht und sich dabei verbraucht. Das nennt man Rentenversicherung. Dabei entstehen zwar Kosten für die Organisation des Kollektivs. Der Individualsparer hat aber ebenfalls Kosten für Auswahl, Beschaffung, Verwaltung und Schwankungsabsicherung seiner Kapitalanlagen.

Also: Welche Form der Versorgung ist für den Einzelnen günstiger? Eben!

Bild: © Gerd Altmann /

Autor(en): Matthias Beenken

Alle Branche News