Kündigung oder Aufhebungsvertrag?

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Betriebsbedingte Kündigungen aussprechen – diesen Schritt scheuen gerade Inhaber und Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen sehr. Denn für die meisten Klein- und Mittelbetriebe gilt: Zwischen der Unternehmensführung und der Belegschaft bestehen oft enge persönliche Bande, die zuweilen über Jahrzehnte gewachsen sind. Dazu sinkt häufig die Arbeitsmotivation und somit Leistung der Mitarbeitenden, wenn ein Unternehmen einen Personalabbau ankündigt. Diesen Verlust an Produktivität können sich Klein- und Mittelbetriebe meist nicht leisten.

Wenn ein Personalabbau oder -umbau unumgänglich ist, denken Inhaber und Geschäftsführer meist intensiv über eine Alternative zum Aussprechen betriebsbedingter Kündigungen nach. Häufig gelangen sie zu dem Schluss, dass es sinnvoller wäre, den überzähligen Mitarbeitern einen Aufhebungsvertrag anzubieten. 

Kündigungen bergen Risiken und Nachteile

Das Aussprechen von Kündigungen ist risikobehaftet:

  1. Ist ein mittelständischer Betrieb aufgrund der Größe zu einer Sozialauswahl verpflichtet, beruht die Auswahl der zu kündigenden Mitarbeitenden auf der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Lebensalter sowie eventuellen Unterhaltspflichten und Schwerbehinderungen. Unternehmens- oder leistungsorientierte Kriterien werden nicht berücksichtigt.
  2. (Betriebsbedingte) Kündigungen bringen oft auch Auseinandersetzungen mit dem Betriebsrat mit sich, sofern vorhanden.
  3. Mit jeder Kündigung geht das Risiko einher, dass Arbeitnehmende dagegen klagen. Solange solche Arbeitsgerichtsprozesse andauern, kehrt meist keine Ruhe im Betrieb ein.

Sozialauswahl und Kündigungsfrist umschiffen

Mit Kündigungen ist daher die Gefahr verbunden, dass ein Unternehmen gerade die Mitarbeitenden verliert, die eine überdurchschnittliche Leistung zeigen sowie über Fähigkeiten verfügen, die es künftig braucht. Hingegen bleibt eine Reihe von Mitarbeitenden an Bord, von denen die Geschäftsführung sich bei freier Entscheidungsmöglichkeit lieber trennen würde.

Aufhebungsverträge können all diese Probleme umschiffen. Denn ein freiwilliges Ausscheiden können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber jedem Mitarbeitenden anbieten – unabhängig von dessen formaler Qualifikation und Familienstand. Zudem muss bei Aufhebungsverträgen der Betriebsrat nicht angehört werden und es müssen auch keine Kündigungsfristen beachtet werden. In einem Aufhebungsvertrag sollten folgende Punkte geregelt sein:

  1. Ausscheidedatum: Bei einer Aufhebung sieht das Gesetz grundsätzlich eine Sperrfrist für das Arbeitslosengeld vor. Auf eine Sperrzeit kann verzichtet werden, wenn ein wichtiger Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses vorlag. Ein Grund kann zum Beispiel sein, dass durch den Aufhebungsvertrag die Nachteile einer Kündigung abgewendet werden sollen und der Arbeitnehmer so nicht früher arbeitslos wird, als dies bei einer Kündigung der Fall gewesen wäre.
  2. Höhe der Abfindung: Die Abfindung muss attraktiv sein. Üblich sind 0,5 bis 1,0 Monatsgehälter pro Jahr Firmenzugehörigkeit. Bei größeren Konzernen und schwierigen Trennungen können es auch mehr sein.
  3. Freistellung: Oft wird der Mitarbeitende bis zum Tag seines offiziellen Ausscheidens freigestellt. So kann er seine gesamte Energie darauf verwenden, sich eine neue Stelle zu suchen und stört den Betriebsfrieden nicht.

Hilfe und Beratung für die ausscheidenden Mitarbeiter

Erwägt ein Unternehmen, Personal mittels Aufhebungsverträgen abzubauen, sollte es zunächst sein Vorhaben mit einem Arbeitsrechtler besprechen und konkretisieren. Danach können die Mitarbeitenden informiert werden.

Vor dem Formulieren des Aufhebungsvertrags sollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zudem über den Inhalt des Arbeitszeugnis verständigen. Auch sollte der bisherige Arbeitgeber bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz Unterstützung bieten – zum Beispiel in Form einer Out- oder Newplacement-Beratung. Die Berater können mit den Mitarbeitenden erörtern, was die Vor- und Nachteile eines freiwilligen Ausscheidens sind und welche beruflichen Alternativen es gibt.

Das ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die Mitarbeitenden, die das Unternehmen verlassen sollen, sich schon lange nicht mehr beworben haben. Sie sind häufig entsprechend zögerlich bei der Annahme eines Aufhebungsvertrags. Zudem signalisiert das Management hiermit: Wir sorgen für unsere Mitarbeitenden, selbst wenn wir uns von ihnen trennen müssen.

Prämie kann Trennung beschleunigen

Im Rahmen von systematischen Abbauprogrammen kann auch eine so genannte Sprinter-Prämie zum Einsatz kommen, um die Annahme von Aufhebungsverträgen zu unterstützen. Das heißt: Wer sich rasch entscheidet, erhält eine höhere Abfindung.

Generell sind Unternehmen, die Personal abbauen möchten oder müssen, daran interessiert, dass sich dieser Prozess rasch und möglichst reibungslos vollzieht. Denn ein langer Trennungsprozess behindert ein neues Durchstarten mit einer an die veränderten Rahmenbedingungen angepassten Mitarbeiterschaft.

Thomas Fischer ist Senior Consultant bei der Unternehmensberatung Kraus und Partner, Bruchsal. Er ist unter anderem auf die Themenfelder Turnaround, Transformation und Change Management spezialisiert.

Autor(en): Thomas Fischer

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