Kurzarbeitergeld: Bundesregierung stockt auf

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Wegen der andauernden Corona-Krise hat die Bundesregierung eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes beschlossen. Kinderlose Beschäftigte sollen nun bis zu 80 Prozent, Beschäftigte mit Kindern bis zu 87 Prozent des Nettolohns erhalten. Allerdings haben sich die Spitzen von Union und SPD auf eine Staffelung geeinigt.

So gelten in den ersten drei Monaten der Bezugsdauer die bisherigen Kurzarbeitergeld-Sätze für ausfallende Arbeitszeit in Höhe von 60 Prozent des Nettolohns für Kinderlose beziehungsweise 67 Prozent für Eltern. Ab dem vierten Monat sollen 70 oder 77 Prozent, ab dem siebten Monat dann 80 oder 87 des Lohnausfalls durch die Bundesagentur für Arbeit übernommen werden. Die Bundesregierung möchte auf diese Weise Menschen mit drastischen Einkommenseinbußen vor wirtschaftlichen Problemen, unter anderem durch Miet- und Kreditzahlungen bewahren.

Neues Gesetz ebnet den Weg zum Kurzarbeitergeld

Erst im März hatte das Bundeskabinett das "Arbeit-von-Morgen"-Gesetz auf den Weg gebracht. Es ermöglicht mehr Betrieben, Kurzarbeitergeld zu bekommen und zwar leichter als bisher. So sollen die negativen Auswirkungen des Corona-Virus auf die Wirtschaft abgefedert und Entlassungen vermieden werden. Seit April können die Betriebe auf das Kurzarbeitergeld zurückgreifen. Wegen der Corona-Epidemie hatte die Bundesregierung mit 2,35 Millionen Kurzarbeitern - mehr als jemals zuvor - gerechnet. Aktuell haben nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit 725.000 Betriebe Kurzarbeit beantragt. In der Finanzkrise 2009 waren es rund 22.000 Unternehmen.

Allerdings zeigen aktuelle Umfragen, dass die Zahl der Bezieher von Kurzarbeitergeld weit höher ausfallen könnte als bislang angenommen. Eine Umfrage im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass etwa vier Millionen Beschäftigte von Kurzarbeit als Folge der Viruskrise betroffen sein könnten. Von den zwischen dem 3. und 14. April Befragten abhängig Beschäftigen gaben 14 Prozent an, bereits in Kurzarbeit zu sein.

In rund einem Drittel der Fälle stockt der Arbeitgeber auf

Hochgerechnet auf die Gesamtzahl der Beschäftigten seien dies etwa vier Millionen, so die Stiftung. In rund einem Drittel der Fälle werde das Kurzarbeitergeld vom Arbeitgeber aufgestockt. Gut die Hälfte habe berichtet, es gebe in ihrem Betrieb keine Aufstockung. Zudem seien Beschäftigte in niedrigeren Einkommensgruppen häufiger in Kurzarbeit.

Die Branchen, die in Tarifverträgen Regelungen getroffen haben, die finanziellen Einbußen durch eine Aufstockung des Kurzarbeitergelds zu kompensieren, sind klar in der Minderheit, zeigt eine weitere Analyse durch die Hans-Böckler-Stiftung. Die wenigen Beschäftigten, die bislang von solch einer Regelung profitieren, erhalten zwischen 75 und 97 Prozent des Nettogehalts, zeigt die Analyse.

Zu den Branchen, die das Kurzarbeitergeld aufbessern, zählen unter anderem die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie in Sachsen, der Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen, das Kfz-Handwerk in Bayern sowie die chemische Industrie. Und auch die Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg stockt das Kurzarbeitergeld je nach Umfang der Arbeitsreduzierung auf 80,5 bis 97 Prozent auf. Selbst die von Corona stark gebeutelte Systemgastronomie hat eine Vereinbarung getroffen, derzufolge das Kurzarbeitergeld auf 90 Prozent des Nettoentgeldes erhöht wird.

Der Volkswagen-Konzern gewährt abhängig von der Gehaltsstufe Erhöhungen auf 78 bis 95 Prozent, wobei die Beschäftigten mit niedrigeren Gehältern am meisten profitieren. Auch die Deutsche Bahn AG (80 Prozent des Bruttogehalts) und die Deutsche Telekom haben entsprechende Tarifvereinbarungen getroffen.

Doch das Plus beim Kurzarbeitergeld ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Gerade in den typischen Niedriglohnsektoren fehlen tarifliche Zuschüsse dieser Art bislang, so Thorsten Schulten, Leiters des WSI-Tarifarchivs, das die Daten ermittelt hat. Doch gerade dort wiegen Nettoeinkommensverluste von 40 Prozent besonders schwer.

Erleichterungen bei Beantragung von Kurzarbeit

Dennoch werden viele Unternehmen in der Corona-Krise nicht darum herumkommen, gemäß Sozialgesetzbuch III Kurzarbeitergeld zu beantragen. Durch das "Arbeit-von-Morgen"-Gesetz sind nun folgende Erleichterungen vorgesehen:

Betriebe können Kurzarbeitergeld rückwirkend zum 1. März nutzen, wenn nur zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Früher galt das ab einem Drittel der Arbeitnehmer. Zudem müssen Arbeitgeber auf das Kurzarbeitergeld keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlen, und auch Zeitarbeitsunternehmen können Kurzarbeitergeld beantragen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Springer Professional.

Autor(en): Andrea Amerland

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