Lebensversicherer durch Corona nur gebremst, nicht gestoppt

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Die Lebensversicherer sind mit guten Reserven in die Corona-Krise gegangen und sollen sie ohne große Einbußen meistern. Die Krise bremst die Lebensversicherungen in ihrer Entwicklung. Sie wird sich aber nicht besonders negativ auf das Geschäftsmodell der Unternehmen auswirken.

Das Geschäft mit der Altersvorsorge ist im Vertrieb 2020 noch nicht gelaufen“, sagte Reiner Will, Geschäftsführer der Assekurata .Assekuranz Rating-Agentur bei der Vorstellung des „Marktausblick Lebensversicherung 2020/2021.“ Wenn es keine zweite Corona-Welle gebe, könnte in der zweiten Jahreshälfte das Geschäft - wie auch in der Vergangenheit - deutlich anziehen. Die Corona-Krise werde aber die Spreu vom Weizen trennen. So würden Unternehmen, die ihren Vertrieb nicht umfassend digitalisieren könnten, nicht zu den Gewinnern der Krise zählen.

Der Experte hält an dem vor Corona erstellten Meinungsbild in der Branche fest. Danach könnten vor allem die Segmente Arbeitskraftsicherung über Berufsunfähigkeitsversicherungen und auch Fondspolicen ohne Garantien eine bedeutende Rolle spielen. „Wir sehen, dass manche Kunden massiv in Fondspolicen investieren, die auf Aktien setzen“, so Will. Hier würden die massiven Kursrückgänge an den Aktienmärkten genutzt.

Marktanteile zehn Lebensversicherer

Höchstrechnungszins-Reform knapp

Gleichzeitig rechnen die Analysten nicht mehr damit, dass der Höchstrechnungszins von derzeit 0,9 Prozent noch zum 1. Januar 2021 abgesenkt wird. „Das ist wohl mittlerweile viel zu knapp“, sagte Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung Lebensversicherung. Durch Corona wäre auch die Tätigkeit der Aufsichtsbehörden deutlich eingeschränkt. Unsicher sei zudem, ob der von der Deutschen Aktuarvereinigung anvisierte Wert von 0,5 Prozent überhaupt noch Bestand haben könnte, wenn die Zinsen auf dem niedrigen Niveau bleiben würden. Nach Meinung von Assekurata müsste die Politik bald zu der Frage Stellung nehmen, wie geförderte Altersvorsorge künftig möglich sein soll.

„Hier muss über Garantien diskutiert werden“, sagte Will. Die so genannte Nahles-Rente, die eine betriebliche Vorsorge ohne Garantien vorsieht, werde von den Tarifparteien nicht angenommen. Gleichzeitig würden immer mehr Lebensversicherer ihr Angebot für die Riester-Rente streichen, weil die Bruttobeitragsgarantie aufgrund des Kapitalmarkts kaum noch darstellbar sei.

Wachstum aus Einmalbeiträgen

Am Markt seien längst Mischformen mit geringeren Garantien erfolgreich. Den größten Zuwachs erzielten 2019 Angebote der Neuen Klassik, Index- und Hybridpolicen. Dabei kam das Wachstum vor allem aus Einmalbeiträgen. Sie stiegen gegenüber dem Vorjahr um 36 Prozent, während sich laufende Beiträge immerhin stabilisierten.

Insgesamt konnte die Branche um starke 11,1 Prozent zulegen und gewinnt damit gegenüber Schaden- und Unfallversicherungen sowie privaten Krankenversicherungen wieder mehr an Bedeutung. Laut Assekurata würden die Einmalbeiträge aber keine Spekulation sein, sondern in Altersvorsorgeprodukte fließen. Lebensversicherungen sind in ihren Kapitalanlagen von der Corona-Pandemie deutlich weniger betroffen als anderen Branchen. So zeigt eine Analyse des Bestandes, dass die Lebensversicherer mit einem immer noch geringen Aktienanteil von 2,9 Prozent in die Corona-Krise gegangen sind. 83,1 Prozent des Kapitals sei am Anfang des Jahres 2020 in festverzinslichen Anlagen investiert gewesen. Zwar gebe es einen Transformationsprozess, doch der gehe nur langsam voran.

Einmalbeiträge helfen

Trend zu Sachwerten

„Der Trend, dass Versicherer immer stärker auf Immobilien und alternative Investments setzen, wird sich durch die Corona-Krise lediglich abschwächen“, prognostizierte Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung Lebensversicherung. Doch auch unter den Entscheidungsträger der Lebensversicherern herrscht große Unsicherheit über die Entwicklung der deutschen Wirtschaft  2020.

Das geht aus einer aktuellen Umfrage aus April und Mai hervor, an der 30 Asset-Manager der Assekuranzen teilgenommen haben. Während die Mehrheit der Anlageexperten glaubt, dass der Deutsche Aktienindex am Ende des Jahres wieder bei 11.000 Punkten steht, gibt es auch extreme Abweichungen. So rechnen einige der Befragten damit, dass er deutlich unter 9.000 Punkte enden könnte. Die Mehrheit der befragten Lebensversicherer plane trotz bestehender Unsicherheiten, den Anteil realwertorientierter Anlagen auszubauen. Sinkende Nominalzinsen und steigende Risikoprämien, sogenannte Spreads, würden gegenläufig auf die Marktwerte in den Bilanzen der Lebensversicherer wirken. Eine hohe Staatsverschuldung in Europa würde zu Ausfällen und Abstufungen im Rating führen.

Marktführer Allianz dominiert

Dafür würde die etwas höhere Risikoentlohnung bei Neuanlagen auch Chancen bieten. Gleichzeitig stell Assekurata aber eine deutliche Konzentrationsbewegung im Markt fest. So hat Marktführer Allianz Lebensversicherungs-AG das Wachstum in 2019 maßgeblich bestimmt. „Ohne die Allianz wäre der gesamte Lebensversicherungsmarkt statt um 11,1 Prozent lediglich um 2,9 Prozent gewachsen“, so Experte Heermann. Seit 2016 ist der Markanteil der Allianz von 21 Prozent auf nun 29,8 Prozent regelmäßig gewachsen. Die zeigt eine Analyse der zehn größten Lebensversicherungsgruppen im Markt. Insgesamt dominieren diese Anbieter die Branche und konnten 2019 schon fast 77 Prozent aller Beiträge einnehmen.

 

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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