LV-Vertragsabbrecher holen sich Geld vom Fiskus

Verluste aus Rückkaufswerten können als Werbungskosten angemeldet werden

Dem Fiskus drohen angeblich Milliardenverluste, wenn Lebensversicherungs-Vertragsabbrecher die Verluste aus zu geringen LV-Rückkaufswerten als Werbungskosten in ihrer Steuererklärung geltend machen. Einige Finanzämter erkennen das an. Um einen Milliardenschaden handelt es sich jedoch nach Mitteilung des bei weitem nicht.

Jede zweite LV wird vorzeitig gekündigt
Unruhige Zeiten: Mindestens jede zweite Lebensversicherung wird - statistischen Erhebungen zufolge - vorzeitig lange vor Vertragsablauf gekündigt. Die Vertragsabbrecher müssen zum Teil empfindliche Verluste durch einen im Vergleich zu den eingezahlten Beiträgen oft deutlich niedrigeren Rückkaufswert hinnehmen. Jetzt weist die Schweizer proConcept AG darauf hin, dass die ehemals Versicherten das Geld möglicherweise in ihrer Steuererklärung als Werbungskosten anmelden und damit ihre Steuerzahlung reduzieren können.

Die unter anderem auf die juristische Durchsetzung solcher Ansprüche spezialisierte proConcept AG hat mit ihrer Veröffentlichung einer erfolgreichen Umsetzung in ihrem „LV Doktor"-Projekt () bei einzelnen deutschen Finanzämtern eine branchenweite Diskussion losgetreten. Zeitungsberichten zufolge droht nämlich Finanzminister Steinbrück ein „neues Milliardenloch“, wenn alle LV-Vertragsabbrecher die Verluste aus Rückkäufen ihrer früheren Lebensversicherungs-Policen beim Fiskus als Werbungskosten deklarieren.

Der GDV hält diese Behauptungen für „nicht nachvollziehbar und irreführend“. Es sei unzulässig und falsch von Einzelfällen auf die Gesamtheit zu schließen. Doch dagegen sprechen Beispiele, bei denen von mehr als 17.000 eingezahlten Euro in einen noch nicht fälligen LV-Vertrag bei der vorzeitigen Kündigung vor dem Jahr 2005 nur rund 4.800 Euro als Rückkaufswert ausgezahlt wurden.

Zwölf Milliarden Euro jährlich an LV-Abbrecher ausbezahlt
Unternehmen im Lebensversicherungs-Zweitmarkt, die Kunden von dem vorzeitigen LV-Abbruch abraten und anbieten, solche Verträge selbst zu besseren Konditionen als der Summe des Rückkaufswertes aufzukaufen, berichten, dass die Versicherer jährlich rund zwölf Milliarden Euro an LV-Vertragsabbrecher ausbezahlt. Anteilig an dieser Summe kamen lediglich 1,4 Milliarden Euro (2006: 1,1 Mrd. Euro) aus den Budgets der rund vierzig Mitgliedsunternehmen im .

Der weitaus größere Teil wechselte als Rückkaufswert an LV-Abbrecher. Demnach könnten die tatsächlichen LV-Aussteiger erhebliche Summen beim Fiskus als Werbungskosten geltend machen. Nach Schätzungen der Prozessfinanzierungsgesellschaft proConcept AG sind aktuell die Steuererklärungen von deutlich mehr als zehn Millionen Bundesbürgern von diesem Vorgang betroffen.

Nicht bei jedem Rückkauf finanzielle Verluste
Beim Verband wiegelt man ab. Nach Aussagen eines GDV-Sprechers führt nicht jeder Rückkauf beim Kunden zu finanziellen Verlusten. In der Regel ergebe sich bereits nach wenigen Jahren LV-Vertragslaufzeit ein positives Ergebnis. „Nur in der Anfangszeit unterschreitet der Rückkaufswert aufgrund der einkalkulierten Abschlusskosten die eingezahlten Beiträge“, heißt es. Man müsse vielmehr beachten, dass bei vorzeitigen Rückkauf-Leistungen in der Mehrzahl Verträge betroffen seien, die schon viele Jahre bestehen. Hier „überkompensieren“ die erwirtschafteten Überschüsse laut GDV die abgezogenen Kosten.

Für neue LV-Verträge, die aktuell seit der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes zum Jahresbeginn 2008 abgeschlossen wurden, müssen die Versicherer die Abschlusskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre verteilen. Daraus ergebe sich für die Kunden der positive Effekt, dass die Rückkaufswerte bereits in den Anfangsjahren deutlich höher ausfallen.

Autor(en): Ellen Bocquel

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