Ombudsmann: Schlichtungswesen wird reguliert

Wie der Ombudsmann für Versicherungen, Professor Dr. Günter Hirsch (siehe Bild), am Rande der Vorstellung seines 2011er Jahresberichtes erwähnte, existiert ein europäischer Richtlinien-Entwurf, nach dem es künftig ein einheitliches, flächendeckendes privates Schlichtungssystem für alle verbraucherrechtlichen Fragen geben müsse. Es werde unter anderem Anforderungen an die Qualifikation der Ombudsleute geben sowie administrative Vorgaben, was den Ablauf der Schlichtung betrifft. Damit soll die jetzt vorherrschende selektive Abdeckung durch private Schlichter sowie Wildwuchs beseitigt werden.

Nach seiner Einschätzung wird es noch mindestens zwei Jahre dauern, bis der Entwurf alle bürokratischen Hürden genommen hat. Er geht davon aus, dass das Angebot auch weiterhin kostenlos sein wird. Was den Versicherungs-Ombudsmann betrifft, seien alle wesentlichen Anforderungen bereits erfüllt. Bewusst habe man den 2011er Bericht bereits so gestaltet, dass wie gefordert über alle Sparten einzeln Auskunft gegeben werde.

Vermittlerbeschwerden konstant auf niedrigem Niveau
Ansonsten hat sich, zumindest was die Anzahl der Beschwerden beim Ombudsmann betrifft, 2011 nicht sonderlich viel getan. Mit gut 17.700 eingegangenen Beschwerden bewegt man sich nur unwesentlich unter dem Niveau des Jahres 2010 (minus 3,4 Prozent). Dabei gingen die Beschwerden, die Versicherungsunternehmen betreffen, um 3,8 Prozent auf knapp 17.000 zurück. Auch die Vermittlerbeschwerden sind nahezu konstant und das seit Jahren und auf einen äußerst niedrigen Niveau: 2011 haben sich nur 449 Verbraucher über ihren Vermittler beschwert, das sind nur 2,5 Prozent aller Neuzugänge 2011. Und die Mehrheit - 65 Prozent - musste der Ombudsmann als unzulässig zurückweisen. Vor allem, weil die beanstandete Dienstleistung vor dem Jahr 2007 liegt und damit nicht in die Zuständigkeit des Ombudsmannes fällt, der sich erst seit diesem Jahr auch mit Vermittlerbeschwerden befasst. Ein anderer häufiger Grund für eine Abweisung der Beschwerde sei, dass die Beschwerde tatsächlich nichts mit der Vermittlung zu tun hat, ergänzte Hirsch.


Gebäude-, Hausrat- und BU-Versicherte am unzufriedensten
Auf Versicherungssparten bezogen, gab es 2011 erhebliche Abweichungen vom Vorjahr. Während es bei Lebens- und Rentenversicherungen einen deutlichen Rückgang um gut 18 Prozent gab und Kfz- sowie Unfallversicherungen nur unwesentlich nach unten gingen, war die Unzufriedenheit mit anderen Sparten zum Teil deutlich höher. So beschweren sich Rechtsschutz-Kunden Jahr für Jahr mehr; 2011 gab es einen Anstieg um 4,6 Prozent.

Noch gravierender fällt der bei der Gebäudeversicherung mit einem Plus von gut 23 Prozent und bei der Hausratversicherung (plus 18,1 Prozent) aus. Hier würden sich die Klimaveränderungen verbunden mit Wetterkatastrophen auswirken, machte Hirsch deutlich. Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung mit einem Plus von knapp über 20 Prozent wirke sich wahrscheinlich aus, dass aufgrund der Erhöhung des Beschwerdewertes auf 100.000 Euro vor zwei Jahren mehr Fälle in die Zuständigkeit des Ombudsmannes fallen.


Kritik an aktueller Prozessordnung
Der Ombudsmann hat sich aber nicht nur mit Verbraucherbeschwerden zu befassen, sondern muss auch sein Zusammenwirken mit der ordentlichen Gerichtsbarkeit reflektieren. So entscheidet er, erklärte Hirsch, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wie strittige Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen in den meisten Fällen nicht, weil diese von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung seien und somit den ordentlichen Gerichten vorbehalten bleiben müssen. Beispiel hierfür seien AVG, die nicht an die Quotelungs-Regelung bei grober Fahrlässigkeit angepasst wurden. Wenn es, wie in diesem Fall im Jahr 2011, eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) gebe, informiert der Ombudsmann betroffene Unternehmen und fordert sie auf, Beschwerdeführer zu entschädigen, die sich berechtigt vor dem Urteil an den Ombudsmann gewandt hatten.

Für bedenklich hält er Fälle, bei denen Versicherungsunternehmen vor der Urteilsverkündung des BGH mit einer Revisionsrücknahme verhindern, dass sie eventuell mit einem für sie negativen Urteil konfrontiert werden. Das sei nach der aktuellen Prozessordnung zwar legitim, aber dennoch nicht stimmig, wie Hirsch kritisierte. Es dürfe nicht sein, dass rechtsgrundsätzliche Entscheidungen von gesamtgesellschaftlichem Interesse durch das Veto eines Einzelnen beziehungsweise eines Versicherungsunternehmens verhindert würden. Hier müsse der Gesetzgeber aktiv werden, forderte er, zumal es sich dabei um ein allgemeines Strukturproblem der deutschen Gerichtsbarkeit handele, nicht um das einer Branche.

Autor(en): Elke Pohl

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