Pflegeversicherung: Kritik der Verbraucherschützer oberflächlich

Verbraucher sollten ihr Pflegerisiko zusätzlich privat absichern, fordert der Verbraucherschutzverein Bund der Versicherten (BdV). Oft reichten Einkommen und Vermögen zusammen mit den Leistungen der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung nicht aus, um die Pflegekosten zu tragen. "Mit privatem Zusatzschutz kann verhindert werden, dass Betroffene auf Zuschüsse des Sozialamtes angewiesen sind oder ihre Angehörigen zu Zahlungen verpflichtet werden", so der BdV.

Gleichzeitig warnen die Verbraucherschützer vor der privaten Pflege-Rentenversicherung. Hier handele es sich um eine Kombination aus Versicherungsschutz und unrentablen Sparvertrag, so Thorsten Rudnik, Vorstandsmitglied des BdV in einer aktuellen Pressemitteilung. Als weiteren Kritikpunkt behauptet der BdV, dass die Pflegerentenversicherung oft nur deshalb verkauft würde, weil die Vermittler hier höhere Provisionen kassieren können. Nach Recherchen der Berliner Ideal-Versicherung gibt es solche Kombinationen am Markt aber kaum noch. "Zwar nimmt der Verein zur Kenntnis, dass es Pflege-Rentenpolicen auch als Risikoversicherungen gibt, doch sie werden mit Bausch und Bogen in einen Topf geworfen und verdammt", kritisiert Gerald Herde, Pressesprecher der Ideal Versicherung.

"Die Pflege-Rentenversicherungen auf Risikobasis sind ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber noch viel zu teuer", kontert Rudnik. Über ein eigenes Analyseprogramm zur Pflegeversicherung verfügt der BdV aber nicht. Die pauschale Kritik ist daher kaum nachvollziehbar und verunsichert Verbraucher.

Pflege-Renten-Police flexibler
Tatsächlich ist die Pflege-Rentenversicherung - als reines Risikoprodukt - anderen privaten Angeboten überlegen. Dies bestätigt die Stiftung Warentest. In einem Beitrag zur Pflegerente heißt es: "Sie können sich auch mit einer Pflegetagegeldversicherung absichern. Diese Policen sind günstiger, aber weniger flexibel." Der ebenfalls erhobene Vorwurf, dass die Pflegerenten-Versicherung teurer ist, kann nur schwer bewiesen werden.

Auf Rückfrage bestätigten Stiftung Warentest und BdV, dass sich diese Aussagen auf den Preis im Zeitpunkt der Veröffentlichung beziehen. Das ist aber problematisch, denn während Pflegetagegeldpolicen jederzeit dem Schadenbedarf angepasst werden können, sind Pflegerentenversicherungen nach der Art der Lebensversicherung kalkuliert: Die Beiträge können nicht steigen. Wie die Entwicklung tatsächlich läuft, ist bisher unklar, denn es gibt kaum Erfahrungswerte. Bisher erhält von den rund 1,3 Millionen Versicherten mit einer solchen Police bisher noch kaum jemand Pflegetagegeld.

Vermittler müssen differenziert beraten
Daher sollten Vermittler Vor- und Nachteile die verschiedenen Möglichkeiten einer privaten Pflegeabsicherung aufzeigen. Eine systematische Beitragsfreistellung ist beispielsweise beim Pflegeschutz über Tagegelder gar nicht vorgesehen. Den gibt es aber bei der Pflegerente. Grundsätzlich gibt es nun sowohl bei Pflegetagegeldern als auch bei Pflege-Renten-Policen neue und sehr flexible Tarife. Sie werden von der Axa, Nürnberger, Düsseldorfer und dem Münchener Verein sowie von der Ideal, Inter und WWK angeboten. Großer Vorteil: Der Kunden kann für jede Pflegestufe selbst bestimmen, in welcher Höhe er sich absichern möchte. Für Vermittler gibt es somit eine ganze Palette an Angeboten und Vorschlägen, über die der Kunde nach dem neuen Vermittlerrecht umfassend informiert werden muss.

Kritik vor Mogelpackungen berechtigt
Berechtigt ist deshalb die Warnung des BdV vor Mogelangeboten. Rudnik: "Verbraucher sollten sich nicht von Billigangeboten blenden lassen. Bei manchen Policen leistet der Versicherer zum Beispiel erst bei Pflegestufe III. Bei Pflegestufe I und II, die viel häufiger festgestellt werden, gehen die Versicherten leer aus." Auch der Hinweis der Verbraucherschützer, das Pflegerisiko möglichst früh abzusichern, ist sinnvoll. Andernfalls können Kunden wegen Vorerkrankungen ohne Schutz bleiben.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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