PKV: Hoher Druck durch niedrige Zinsen

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Die private Krankenversicherung (PKV) steht weiterhin unter hohem Druck durch niedrige Zinsen. Auch künftig dürften Beitragserhöhungen notwendig sein, damit sie im Alter für ihre Kunden bezahlbar bleibt.

Es gibt aber große Unterschiede zwischen den Anbietern. Wer gut wirtschaftet, ist laut der Rating-Agentur Assekurata dem Zinsdruck weniger stark ausgeliefert. Die Qualität des Anbieters erlange daher auch in der Krankenversicherung eine immer größere Bedeutung. Vermittler sollten dies bei der Beratung von Neukunden beachten.

Kleine Absenkung, große Beitragsanpassung

"Je länger die Niedrigzinsphase dauert, desto spürbarer sind die Auswirkungen auf die Beitragsstabilität", stellt Gerhard Reichl fest. Der PKV-Senior-Analyst bei der Rating Agentur Assekurata weist daraufhin, dass die Versicherer ausreichende Überschüsse brauchen, um Beitragsanpassungen im Alter in Grenzen zu halten. Aufgrund der niedrigen Zinsen mussten die Unternehmen daher marktweit den ehemals einheitlichen Rechnungszins von 3,5 Prozent senken. Dies führt in der Regel automatisch zu Beitragserhöhungen für die Kunden.

"Eine Absenkung um 0,1 Prozent bedeutet für die Kunden eine Beitragssteigerung von einem ganzen Prozent", erläutert Gerd Güssler vom Softwarehaus KVpro.de aus Freiburg. Senkt also ein Krankenversicherer seinen Rechnungszins für einen Tarif von 3,0 auf 2,0 Prozent und steigen gleichzeitig die Kosten um zehn Prozent, gibt es für die Kunden eine Beitragserhöhung von insgesamt 20 Prozent. Je nach Tarif dürfen die Gesellschaften erst, wenn die Kosten für Heilbehandlungen und Ärzte die Schwelle von fünf oder zehn Prozent überschritten haben, eine Anpassung vornehmen.

Durch das Verfahren "aktuarieller Unternehmenszins" (AUZ), werden die Unternehmen gezwungen ihren aktuellen Rechnungszins der realen Marktentwicklung anzupassen. Sie müssen berücksichtigen, wie sich ihre Kapitalanlagen in der Zukunft angesichts sehr geringer Verzinsung für Neuanlagen entwickeln werden. Reichl: "Der AUZ sorgt bestimmungsgemäß dafür, dass die Zinsmargen ausreichen, um die Ziele der Beitragsentlastung im Alter angemessen zu gewährleisten." Er sei somit heute ein Fluch, weil er Beitragserhöhungen auslöst und ein Segen in der Zukunft, weil er dann zu Beitragsentlastungen führt.

Indikator für Anpassungsdruck: Verzinsungsmarge

Laut Assekurata liegt heute die Spanne des Rechnungszinses im Markt zwischen 2,10 Prozent (Envivas) und 3,39 Prozent (Allianz). Entscheidend für eine weitere notwendige Absenkung des Rechnungszinses ist im Wesentlichen die laufende Durchschnittsverzinsung sowie die Rechnungszinsanforderung. Ist die durchschnittliche Verzinsung niedriger als die Anforderung, steht das Unternehmen unter Anpassungsdruck. Die Differenz aus laufender Durchschnittsverzinsung und Rechnungszinsanforderung, die so genannte Verzinsungsmarge dient somit als wichtiger Indikator für den Anpassungsdruck.

So lag laut Assekurata die durchschnittliche Verzinsung der Landeskrankenhilfe (LKH) 2017 bei nur 2,10 Prozent und die Zinsanforderung bei 2,12 Prozent. Bei einem negativen Saldo kann der Krankenversicherer seine notwendigen Zinsen nicht mehr aus seinem ordentlichen Kapitalanlageergebnis decken. Eine geringe Ertragskraft und eine hohe Zinsanforderung sind also nachteilig.

RfB-Quote beachten

Trotzdem muss eine Zinsabsenkung nicht zwangsläufig eine Erhöhung der Beiträge zur Folge haben. So können RfB-Mittel zur Abmilderung oder gar Ausfinanzierung von Beitragsanpassungen verwendet werden. So habe die LKH mit 73 Prozent die höchste RfB-Quote im Markt. Im Schnitt liegt diese Quote nur bei 40 Prozent. Die Wirtschaftskraft eines PKV-Unternehmens wird daher immer wichtiger.

Vermittler sollten daher bei der Beratung im Neugeschäft Unternehmensratings berücksichtigen. Während die hohen Garantiezinsverpflichtungen in den Beständen der Lebensversicherer ein erhebliches unternehmerisches Risiko darstellen, trägt das wirtschaftliche Risiko bei den Krankenversicherungen schwerpunktmäßig der Kunde in Form von Beitragsanpassungen. Denn anders als Lebensversicherer können Krankenversicherer auf die niedrigen Zinsen reagieren, indem sie die Beiträge anpassen. Je besser das PKV-Unternehmen aber wirtschaftet, desto größer ist die Chance eine hohe Beitragsstabilität für die Kunden zu erreichen.

Durchschnittlicher unternehmensindividueller Rechnungszins steht weiter unter Druck

PKV durchschn. individueller Rechnungszins

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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