Positiv-Liste für Selbstständigen-Pflichtvorsorge

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Selbstständige sollen Pflichtmitglieder in der gesetzlichen Rentenversicherung werden. Einen ersten Gesetzentwurf für diese Altersvorsorgepflicht erwartet die Deutsche Rentenversicherung (DRV) schon Anfang nächsten Jahres. Damit soll die Altersarmut von Selbstständigen vermieden werden.

Betroffen sind rund vier Millionen Unternehmer. Sie sollen per Stichtag in die Rentenkassen einbezogen werden. Dabei müssten laut DRV aber klare Vertrauensschutzregeln gelten. Rund eine Million der Selbstständigen sind schon heute obligatorisch in einem Vorsorgesystem und nicht von der Neuregelung betroffen. Wer nicht in die gesetzliche Rentenversicherung will, darf aber auch eine andere Lösung wählen. "Sie muss aber insolvenz- und pfändungssicher sein, forderte DRV-Präsidentin Gundula Roßbach. Damit die Selbstständigen wissen, welche Produkte sie statt der gesetzlichen Rente wählen können, sollen diese nach Vorstellung der DRV von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zertifiziert werden.

Rürup-Rente ist eine Alternative

"Wir schlagen eine Positivliste vor, damit Selbstständige die Produkte zweifelsfrei und rechtsicher erkennen können", erläuterte Roßbach. Als Beispiel nannte die Expertin die sogenannte "Rürup-Rente". Für die automatische und unbürokratische Umsetzung der Altersvorsorgepflicht sollen die Finanzverwaltungen und Gewerbeämter die Daten der Selbstständigen – auch die Höhe der Einkünfte – an die DRV melden. Von einer freiwilligen Meldung hält Roßbach nichts. Viele Selbstständige würden dann ihrer Meldepflicht nicht oder zu spät nachkommen. Die Einzahlungen in die Rentenkasse oder in alternative Produkte sollen flexibel der Einkommenssituation der Selbstständigen angepasst werden. Die Selbstständigen müssten aber hinsichtlich ihrer Leistungen einer jährlichen Prüfung unterzogen werden.

Volle Renteninfo auf Knopfdruck

Künftig sollen sich alle Bürger in Deutschland zudem mit einem Knopfdruck über ihre schon erreichte Altersvorsorge informieren können. Auch für die sogenannte säulenübergreifende Vorsorgeinformation – die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge unter einen Hut bringen will – rechnet die DRV Anfang 2020 mit einem ersten Gesetzesentwurf. Die gemeinsame Renteninformation soll über eine digitale Plattform aufgerufen werden. "Dafür muss sich der Anfrager aber zweifelsfrei identifizieren können", erläuterte Roßbach. "Wir haben nichts dagegen, wenn die Sozialversicherungsnummer als persönlicher Nachweis genutzt wird." Demgegenüber verweigert das Finanzministerium die einfachste Lösung, nämlich die Steuernummer als Identifikationsnachweis zu verwenden. Sie lägen bei allen Vorsorgeträgern schon vor.

Sozialversicherungsnummer könnte "gewinnen"

Nach Angaben von Rentenexperten kann die Nummer des Personalausweises nicht genutzt werden, da bei Verlust jeweils ein neuer Code vergeben wird. Demgegenüber gilt die Sozialversicherungsnummer ein Leben lang. Macht sie "das Rennen", müssten vor allem private Vorsorgeeinrichtungen die Nummer bei all ihren Kunden erfragen. Nach Informationen am Rande einer Pressetagung, arbeiten aber alle Beteiligten konstruktiv an einer Lösung. "Gut informierte Bürger können deutlich besser beraten werden", sagte Roßbach. Die Expertin machte aber auch deutlich, dass immer nur der aktuelle Status abgefragt werden kann, da die nachgelagerte Besteuerung es nicht möglich mache, auszurechnen, was die Bürger zum Rentenstart "netto" in der Tasche haben.

über 50.000 Altersvorsorgeeinrichtungen in Deutschland

Datenschutzrechtlich sei die gemeinsame Altersvorsorgeinformation kein Problem. Es werden nämlich gar keine Daten neu gespeichert. Bei Abruf durch den Kunden werden die Daten von den verschiedenen Vorsorgeträgern zugespielt. "Wir sollten jetzt mit den Institutionen anfangen, die bereits gesetzlich verpflichtet sind, ihren Kunden eine jährliche Information zur Verfügung zu stellen", forderte Alexander Gunkel, der die Arbeitgeber im Vorstand der DRV vertritt. Es gebe nämlich über 50.000 Altersvorsorgeeinrichtungen in Deutschland. Auf die könne man nicht alle warten. "Die kommen dann bald nach, weil jeder sich und seine Information präsentieren will", sagte Gunkel. Als Beispiel verwies er auf Schweden. Hier wäre man ebenfalls mit den großen Einrichtungen gestartet. Heute würden 99 Prozent der Institutionen das dortige Rentenportal beliefern.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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