Private Krankenversicherung: Ärger mit dem Verbraucherschutz

Nach der Politik gehen nun auch die Verbraucherschützer gegen die Private Krankenversicherung (PKV) auf die Barrikaden. Sie haben bei den Privatkassen eine "Beitragsexplosion" festgestellt. Als Beweis der "Abzocke" gelten 144 Fälle, bei denen die Beiträge der Privatpatienten um bis zu 60 Prozent gestiegen sind. Die Reaktion des PKV-Verbands ließ nicht lange auf sich warten. Viele Tarife seien gar nicht gestiegen und "mehrere unabhängige Branchen-Analysedienste haben aktuell einen Beitragsanstieg in der PKV von durchschnittlich nur rund zwei Prozent festgestellt" konterte der Verband.

Die Beitragserhöhungen wären nur Einzelfälle. Doch es gibt sie. Zudem können Analysehäuser bisher nur die Steigerung des Neugeschäftsbeitrages feststellen. Die Steigerungen der Bestandsbeiträge können prozentual deutlich höher ausfallen, wenn die nominalen Beiträge um Alterungsrückstellungen gemindert sind. Aussagen zu den tatsächlichen Mehrprämien gibt es aber auch beim Verbraucherzentrale Bundesverband nicht. „Eine aussagefähige Darstellung nach Euro-Beträgen ist nicht möglich, da die jeweils konkreten Beitragszahlen individuell unter anderem vom Alter bei Beginn der Versicherung, vom erreichten Lebensalter und von den versicherten Leistungen abhängig sind“, heißt wenig überzeugend zur Begründung.

Viele Beschwerden über wenige Versicherer
Wer die Auswertung der Verbraucherschützer genau liest, wird zudem schnell feststellen, dass namentlich nur sechs Versicherer erwähnt werden. Dabei gibt es insgesamt 43 Private Krankenversicherer. Die meisten der 144 Beschwerden entfallen allein auf drei Unternehmen, nämlich DKV, Gothaer und Central. Prozentual machen die Beschwerden über diese drei Anbieter rund 76 Prozent aller Verbraucherklagen aus. Allein auf die Central entfällt mit 45 Prozent fast die Hälfte aller Beschwerden. Fazit: Wenige private Krankenversicherer sind im hohen Maße für das zunehmende Negativimage der Branche verantwortlich. Sie haben daher auch einen besonders hohen Erklärungsbedarf. Fatal sind beispielsweise aufgeschobene Beitragsanpassungen. So müssen die Versicherer nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz erst dann, wenn die Versicherungsleistungen um zehn Prozent steigen, ihre Beiträge anpassen.

Wer bei kleineren Steigerungen keine Anpassung durchführt, muss dann möglicherweise im nächsten Jahr umso kräftiger anpassen. Über die Historie der betroffenen Verbraucher gibt es in der Fallstudie der Verbrauchzentrale aber keine Informationen. Unzufrieden sind viele Verbraucher aber auch über den Wechselservice vieler privater Krankenversicherer. Laut den Verbraucherschützern findet er nicht statt. Es werde lediglich der teure und leistungsschwache Basistarif empfohlen. Auch hier gibt es für die Branche einen erheblichen Handlungsbedarf. Dazu gehört auch, dass offen kommuniziert wird, was Hilfsbedürftige nun tatsächlich im Standardtarif zahlen.

Indirekt PKV-Abschaffung gefordert
Als Reaktion auf die deutlich angestiegenen Verbraucherbeschwerden, hat der Verbrauchzentrale Bundesverband Reformvorschläge unterbreitet. So sollen künftig alle Versicherten die Möglichkeit erhalten, unter Mitnahme ihrer Alterungsrückstellungen, den Versicherer zu wechseln. Bisher gilt dies nur für Versicherte, die nach dem 1. Januar 2009 einen Vertrag abgeschlossen haben. Außerdem wollen die Verbraucherschützer, dass auch in der PKV das Sachleistungsprinzip eingeführt wird, damit die Privatpatienten künftig keinen Ärger mehr mit Rechnungen haben. Zudem sollen Ärzte für Leistungen, die dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) entsprechen, nur noch Honorar in Höhe des GKV-Niveaus erhalten. Damit fordern die Verbraucherschützer mehr oder weniger die Abschaffung der PKV.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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