Private Krankenversicherung: Manche schaffen nur noch Mini-Rendite

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Die niedrigen Zinsen machen den privaten Krankenversicherern (PKV) immer mehr das Leben schwer. Das zeigt eine Kennzahlenauswertung von Versicherungsmagazin für 32 PKV-Gesellschaften.

Dramatisch hat sich die Nettoverzinsung der Kapitalanlagen im Markt auseinanderentwickelt. Nur noch zwölf PKV-Unternehmen hatten 2018 bei der Nettoverzinsung noch eine drei vor dem Komma. Dabei gibt es echte Spitzenreiter, wie Gothaer und Inter, die sogar noch leicht über 3,9 Prozent liegen. Gut im Rennen sind Allianz mit 3,8 Prozent sowie Hanse Merkur (3,7) und Signal Iduna (3,6). Axa, Debeka sowie Barmenia erreichen noch 3,2 Prozent, während sich die SDK mit 3,1 Prozent zufrieden geben muss. Central, Universa und Provinzial Hannover liegen mit 3,0 Prozent Rendite schon auf der magischen Grenze. Am Ende der Fahnenstange befinden sich neun Versicherer, die mit einer Verzinsung von 2,4 Prozent (DKV) bis zu 1,7 Prozent (Mecklenburgische) teilweise nur noch Mini-Renditen erzielen.

Zinsen notwendig  

Dabei ist eine hohe Verzinsung der Rücklagen existenziell für die PKV. Sie soll dafür sorgen, dass die Beiträge im Alter nicht ins Unermessliche steigen. Schon seit längerer Zeit müssen die Anbieter immer wieder ihren Rechnungszins, mit dem die Alterungsrückstellungen kalkuliert sind, absenken und die Beiträge dementsprechend erhöhen. Eine private Krankenversicherung funktioniert nämlich wie ein sehr langfristiger Sparvertrag. Doch das schöne Kalkulationsmodell der PKV, in der die Jugend für das Alter vorsorgt, wird immer brüchiger. Grund: Der Beitrag der in den ersten Jahren nach dem Abschluss für das Alter gezahlt wird, steigt immer mehr an. Je niedriger der Rechnungszins, umso mehr muss in die Rückstellung eingezahlt werden. Laut Deutscher Aktuarvereinigung (DAV) machen 25 Basispunkte beim Rechnungszins ungefähr zwei Prozent Beitragshöhe bei einer Vollversicherung aus.

Branche am Ende?

Kritiker sehen schon das Ende der PKV am Horizont. So vergleicht etwa der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach die PKV mit der Braunkohle: Beide seien für ihr jeweiliges System nicht nachhaltig. Gegenüber der "Wirtschaftswoche" sagte Lauterbach: "Je mehr Junge das System verlassen würden, desto teurer und unkalkulierbarer wird es für die Verbliebenen." Nur noch die Zahl der privat versicherten Beamten steige. Laut PKV-Verband nimmt die Zahl der übrigen Mitglieder schon seit sieben Jahren ab.

Unisextarife meist sicher kalkuliert

Ob die PKV-Unternehmen tatsächlich mit dem Rücken zu Wand stehen, bezweifelt aber die DAV. "Bei den Unisextarifen, die seit Ende 2012 im Neugeschäft angeboten werden, haben die meisten Unternehmen bereits einen niedrigeren Rechnungszins eingerechnet", so die Aktuare. Häufig sei hier bereits mit 2,75 Prozent kalkuliert worden. Somit seien notwendige Senkungen des Rechnungszinses bereits vorweggenommen worden. Daher müsse man für diese Tarife kaum noch mit Beitragssteigerungen infolge von Rechnungszinsanpassungen rechnen.

Die Kennzahlenübersicht von Versicherungsmagazin zeigt aber, dass mittlerweile einige Unternehmen mit ihrem unternehmensindividuellen Rechnungszins (duRz) deutlich unterhalb dieses Wertes liegen. Viele dürften noch folgen. Beitragserhöhungen aufgrund der niedrigen Zinsen bleiben somit auch künftig nicht aus. Dass die PKV mit ihrem alternativen Vollschutz aus dem Gesundheitssystem verschwindet, daran glaubt aber ernsthaft niemand. Denn trotz aktueller Zinsproblematik haben die privaten Krankenversicherer Rücklagen in Höhe von 270 Milliarden Euro aufgebaut. "In der PKV stellt der Aufbau von Alterungsrückstellungen sicher, dass jede Versichertengeneration selbst Vorsorge für ihre im Alter steigenden Gesundheitskosten trifft", so der PKV-Verband anlässlich der Forderung der Fraktion DIE LINKE, die Privaten an einem Stichtag nur noch auf Zusatzversicherungen zu begrenzen.

Die Privaten stützen Ärzte

Für viele Arztpraxen würde das dann wohl das Aus bedeuten. Denn laut dem Wissenschaftlichen Institut der PKV (WIP) beträgt der Mehrumsatz jeder Arztpraxis derzeit 54.319 Euro im Jahr. Das sind 3,3 Prozent mehr als im Vorjahr. "Der Effekt zugunsten der Leistungsanbieter ist vermutlich sogar noch deutlich höher, da in der Praxis noch zahlreiche Rechnungen hinzukommen, die Privatversicherte nicht zur Erstattung einreichen, um stattdessen von Beitrags-Rückerstattungen zu profitieren", schätzt das WIP.

Die umfangreiche PKV-Kennzahlenübersicht, wird im Novemberheft von Versicherungsmagazin veröffentlicht. Dargestellt wurden 32 private Krankenversicherer. Lediglich eine Gesellschaft - die neue Ottonova - lieferte keine Daten. Erste öffentliche Zahlen will das rein digitale PKV-Unternehmen Ende 2019 liefern.

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Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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