Private Krankenversicherung: Schlussverkauf möglich

Ein Unisex-Schlussverkauf ist in der privaten Krankenversicherung (PKV) möglich. Ab dem 21. Dezember 2012 dürfen aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nur noch Unisex-Tarife verkauft werden. Nach Einschätzung von Experten können Bisex-Tarife für Männer durchaus noch einige Jahre günstiger sein als Unisex-Tarife. Auf die Dauer gleichen sich die Preise beider Welten an, weil die Bisex-Tarife für das Neugeschäft geschlossen werden.

Kunden können aber jederzeit in die Unisex-Welt wechseln. Ein Wechsel zurück in die Bisex-Welt wird es aber nicht mehr geben. Laut dem Berliner PKV-Verband ist es geplant, einen Rückwechsel gesetzlich zu verbieten. Andernfalls könne das EUGH-Urteil unterlaufen werden. Nach Einschätzung der Rating Agentur Morgen & Morgen werden die Unisex-Prämien für Männer und Frauen deutlich teurer ausfallen. Das Unternehmen rechnet für Männer mit Steigerungen von bis zu 14 Prozent, während die Preise für Frauen um bis zu zehn Prozent steigen sollen.

Prämien allgemein unter Druck
Der Druck auf die Prämien steigt auch, weil aufgrund der niedrigen Kapitalzinsen immer mehr Unternehmen gezwungen werden, ihren Rechnungszins abzusenken. Eine Reihe von Unternehmen hat dies für 2013 schon angekündigt. Sie wollen ihren Rechnungszins von derzeit 3,5 auf 2,75 Prozent senken. Da dann die Altersrücklagen geringer verzinst werden, müssen die Prämien steigen, um die Rücklagen auf gleichem Niveau zu halten. Die Absenkung des Zinses bleibt dabei jedem Versicherer selbst überlassen. Dieser Ermessenspielraum könnte in einem schwer umkämpften Markt einzelne Unternehmen verführen, eine notwendige Rechnungszinsabsenkung aufzuschieben. Daher warnt die Ratingagentur Assekurta schon vor "Billiganbietern", die sich solche günstige Prämie eigentlich nicht mehr leisten können.

Laut PKV-Verband müssen die Unternehmen, die keinen ausreichenden Zins mehr erwirtschaften, das Minus bei der nächsten Beitragserhöhung ausgleichen. Das kann dann zu explodierenden Prämien führen. Der Verband erwartet branchenweit für 2013 keine Zinsabsenkung. Das zeige das regelmäßige Simulationsverfahren, dass gemeinsam mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) durchgeführt wird. Ein ein "systematischer Missbrauch" beim Rechnungszins sei nicht möglich. "Die Bafin prüft die Kapitalerträge der Unternehmen auch individuell", so ein Sprecher. Notfalls könnten notleidende Unternehmen daher zu einer Rechnungszinsabsenkung gezwungen werden.

Politischer Ärger
Politisch steht die PKV weiter unter Druck. So nannte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, einen Gruppenvertrag, den die CDU mit der Axa Krankenversicherung unterhält, als "völlig inakzeptabel". Eine ähnliche Vereinbarung mit der SPD mit der ehemaligen Victoria-Versicherung ist mittlerweile eingestellt worden. Nach Meinung von Lauterbach gebe die CDU mit dem Rabattvertrag einen Teil ihrer Unabhängigkeit auf. Es sei daher nicht überraschend, dass die Partei beim Thema "Zwei-Klassen-Medizin" auf Seiten der Versicherer stehe. Probleme bereiten der PKV zudem immer noch "Billig- und Magertarife".

Hier müsste die Branche ihre Hausaufgaben machen, forderte jetzt Walter Botermann, Vorstandsvorsitzender der Halleschen Krankenversicherung, gegenüber Focus Money. Auch die DKV hat sich bereits öffentlich von solchen Tarifen distanziert. In der Vergangenheit hatte sich gezeigt, dass Kunden, vor allem Selbstständige, die mit günstigen, aber sehr leistungsschwachen Einsteigertarifen gelockt wurden, später nicht in höherwertige Tarife umsteigen. Daher waren die Beiträge, vor allem bei der Central Krankenversicherung, regelrecht explodiert. Zudem haben die Kunden im Krankheitsfall keinen ausreichend Schutz. Einige Anbieter, allen voran die Hanse Merkur, bieten solche Tarife aber immer noch an.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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