Private Pflegezusatzversicherung: Bald große Unruhe durch Reform

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Es wird teurer: Alle Kunden, die eine zusätzliche Pflegetagegeldversicherung abgeschlossen haben, müssen ab 2017 mit höheren Versicherungsbeiträgen rechnen. Ursache ist die staatliche Reform der Pflegeversicherung.



Statt drei Pflegestufen, wird es ab dem kommenden Jahr fünf Pflegegrade geben. Künftig werden kognitive Fähigkeiten eine deutliche wichtigere Rolle bei der Einstufung spielen. Entscheidend sind nicht nur körperliche Defizite, sondern es kommt insgesamt darauf an, wie gut der Pflegebedürftige seinen Alltag noch bewältigen kann.

Infos für Bestandskunden Ende des Jahres
Wie hoch die Prämienanpassungen für die private Pflegezusatzversicherung ausfällt, können die Versicherer derzeit noch nicht sagen. Sie rechnen fieberhaft. "Wir werden unsere Kunden im November informieren", sagt Monika Krimmer von der Süddeutschen Krankenversicherung aus Fellbach. Der zusätzliche private Pflegeschutz wird teurer, weil sich die gesetzlichen Leistungsgrundlagen ändern und es mehr Anspruchsberechtigte gibt.

"Die künftige Pflegewelt ist mit der heutigen kaum noch vergleichbar", stellt Micha Hildebrandt von der Vigo Krankenversicherung aus Düsseldorf fest. Daher sei es eigentlich nicht fair, die neuen Angebote als "teurer" zu bezeichnen. "Die Leistungen im Pflegefall werden eben auch besser", resümiert SDK-Sprecherin Krimmer.

Versicherer haben Sonderanpassungsrecht
Einig ist man sich bei den privaten Krankenversicherungen anscheinend, dass aktuelle Tarife der neuen Welt "angepasst" werden sollen. "Nicht geförderte Tarife können mit Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders umgestellt werden", erläutert PVK-Verbandssprecher Stefan Reker aus Berlin. Das Gesetz räumt den Versicherern dazu mit § 143 SGB XI ein Sonderanpassungsrecht für Tarife ein, die bisher schon den Pflegebedürftigkeitsbegriff der gesetzlichen Pflegeversicherung zugrunde legten, und begründet das damit, dass diese Tarife andernfalls ihre Ergänzungsfunktion verlieren könnten.

Reker: "Wir gehen davon aus, dass alle Versicherungsunternehmen von diesem Sonderanpassungsrecht Gebrauch machen werden oder aber jedenfalls den Wechsel in Alternativtarife mit neuem Pflegebegriff anbieten werden."

Viel Aufklärungsbedarf vorhanden
Insgesamt dürfte die Reform viel Unruhe und Aufklärungsbedarf für schon Versicherte mitbringen. Gleichzeitig wird auch der Verkauf für private Pflegeversicherung bis Ende des Jahres deutlich schwieriger. Denn streng genommen müssen die Kunden über Reform und baldige Prämienerhöhungen informiert werden.

Notwendigkeit des Pflegeschutzes wird wieder öffentlich
Doch die Reform ist gleichzeitig eine Chance, mehr Geschäft zu generieren. So dürfte bald in vielen Medien über den neuen Pflegebegriff geschrieben werden. Das bringt das spröde Thema Pflegebedürftigkeit wieder stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung. Daher gilt es jetzt, zusätzliche Beratungskompetenz aufzubauen. Zudem sowohl Verbraucherschützer als auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) Pflegebedürftigen raten, noch bis Ende des Jahres eine Pflegestufe zu beantragen.

Wer vor allem unter körperlichen Defiziten leidet, hätte dann Vorteile. Wer bei der Pflegekasse seiner Krankenkasse noch einen Antrag bis Ende des Jahres stellt, wird weiterhin nach dem alten System eingestuft, auch wenn der MDK erst im neuen Jahr die Pflegebedürftigkeit prüft. Automatisch wird der Betroffenen, wenn er beispielsweise die stark verbreitete Stufe I erhält, in den Pflegegrad 2 übernommen. Statt 244 Euro Pflegegeld gibt es dann 316 Euro pro Monat. Und die ambulante Sachleistung wird von 486 Euro auf 689 Euro aufgestockt (siehe Schaubild).

Grundsätzlich bleibt es aber auch künftig dabei: Die gesetzliche
Pflegeversicherung ist für schwere Pflegefälle, vor allem im Heim, nur
ein Teilkaskoschutz. Wer im Ernstfall nicht zum Sozialfall werden will
und sein Erbe schützen möchte, dem bleibt nur der Abschluss einer
privaten Pflegezusatzversicherung.









Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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