Rendite als Altersvorsorge-Argument?

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Die aktuelle Asscompact Marktstudie widerspricht manchen Marktaussagen, der Verkauf von Lebens- und Rentenversicherungen sei „tot“. Einige Ergebnisse regen allerdings zum Nachdenken an.

Die Asscompact-Award-Studie „Private Vorsorge 2018“ beruht auf Umfrageergebnissen unter 378 Versicherungsmaklern und sonstigen Vermittlern. Die Befragten weisen ein Durchschnittsalter von 52 Jahren auf, von denen jeder Dritte nicht vor Alter 70 aufhören will. Die Branchenerfahrung ist mit durchschnittlich 24 Jahren hoch. Der durchschnittliche Umsatz beträgt rund 240.000 Euro aus Courtagen und anderen Einnahmen.

Gut jeder Vierte mit Geschäftssteigerung

Neben der für Versicherer interessanten Analyse, wer in den vier Kategorien Klassik, Fondsgebunden ohne Garantie, Fondsgebunden mit Garantie sowie Indexpolicen besonders gern vermittelt wird, enthält die Studie auch einen Einblick in die aktuelle Stimmungslage der ungebundenen Vermittler. Und die ist durchaus nicht so negativ, wie es auf manchen Vertriebstagungen kolportiert wird.

Rund 27 Prozent der Vermittler geben an, dass sie 2018 ein besseres Geschäft gemacht haben als 2017, fast exakt gleich viele wie ein schlechteres Geschäft angeben. Fast jeder Zweite sagt, das Geschäftsergebnis sei unverändert.

Am liebsten Fonds – und Garantie

Favorit der Vermittler ist die fondsgebundene Versicherung mit Garantien, die von drei Vierteln regelmäßig verkauft wird. Mit deutlichem Abstand folgen fondsgebundene Versicherungen ohne Garantie (60 Prozent) und Indexpolicen (52 Prozent), abgeschlagen sind Klassik-Produkte (42 Prozent).

Den Fondspolicen ohne Garantie sowie den Indexpolicen wird allerdings der stärkste Umsatzzuwachs in den nächsten ein bis drei Jahren zugetraut. Am meisten zulegen werden nach Einschätzung der Befragten ungeförderte Produkte (Schicht drei) vor der Basisrente (Schicht eins), deutlich seltener wird Riester (Schicht zwei) genannt.

Makler leben bei weitem nicht von Leben allein

Die Befragten vermitteln im Durchschnitt gut 1,3 Millionen Euro Beitragssumme. Dieser Mittelwert ist mit Vorsicht zu genießen, weil die Befragten ihre Angaben in Klassen gemacht haben. Einschließlich einer nach oben offenen Klasse, bei der nur der Schwellenwert in den Mittelwert eingerechnet wurde. Dennoch kann man doch den Rückschluss ziehen, dass die Befragten wahrscheinlich kaum mehr als ein Viertel bis ein Fünftel ihrer Gesamteinnahmen mit Abschlusscourtagen aus privaten Lebens- und Rentenversicherungen erzielen. In dieser Untersuchung nicht enthalten sind betriebliche Altersversorgung-Verträge, an deren Vermittlung allerdings auch durchaus nicht alle Vermittler beteiligt sein werden.

Erstaunlicherweise liegen die Mittelwerte in den vier oben genannten Kategorien an privaten Lebensversicherungen relativ nahe beieinander. Nur die Klassik liegt knapp unter 300.000 Euro Vermittlungsvolumen, die anderen drei Kategorien alle bei um die 350.000 Euro.

Rendite ist kein geeignetes Beurteilungskriterium

Nachdenklich machen können die Ergebnisse auf die Frage, mit welchen Eigenschaften sich Kunden von einem Altersvorsorge-Produkt überzeugen lassen. Mit rund 60 Prozent an der Spitze liegen die „Renditechancen“. Rendite ist allerdings kein Alleinstellungsmerkmal einer Lebens- und Rentenversicherung, im Gegenteil. Gerade bei einer Rentenversicherung lässt sich vernünftigerweise gar keine Rendite als Entscheidungskriterium heranziehen, denn der wichtigste Treiber der Rendite ist der Versicherte selbst – je länger er lebt, desto höher ist die Rendite. Damit kann man eine Rendite gar nicht im Voraus individuell ermitteln, sondern immer erst rückwirkend.

Auch die bei Verbraucherschützern beliebten Renditevergleiche auf Basis eines statistischen Durchschnittsalters, um dann doch eine Ermittlung im Voraus suggerieren zu können, führen in die Irre. Denn hierbei kommt es zunächst sehr darauf an, welche statistische Lebenserwartung herangezogen wird – je nach gewünschter Aussage bieten sich recht unterschiedliche statistische Werte an. Man muss nur mit unterschiedlichen Stichproben der Bevölkerung jonglieren.

Garantie-Betrachtung führt in logische Denkfalle

Weiter kann man das Ergebnis erheblich beeinflussen, je nachdem, ob man nur garantierte oder auch Überschussleistungen einrechnet. Typische Vergleichsrechnungen von Versicherungskritikern reduzieren die Renditebetrachtung auf die Garantieleistung mit dem Argument, der Kunde könne sich nur auf diese verlassen. Wenn dann allerdings gleichzeitig unterstellt wird, die Versicherer würden viel zu konservative Sterbetafeln anwenden und die Versicherten früher als behauptet versterben, führt die Garantie-Betrachtung in die logische Denkfalle – denn müssen Sterblichkeitsgewinne entstehen, die der Versicherer zum größten Teil (mindestens 90 Prozent) als Überschüsse an die Versicherten zurückgeben muss.

Und schließlich nützt die ganze Rechnerei dem einzelnen Kunden ohnehin herzlich wenig, denn er lebt individuell und nicht „im Durchschnitt“. Lässt sich der Kunde bei seiner Anlageentscheidung beeinflussen und mit wie auch immer entstandenen Renditeargumenten überzeugen, keine Rentenversicherung abzuschließen, sondern traditionelle Kapitalanlage zu betreiben, trägt er allein das Risiko, älter als erwartet zu werden.

Wer muss hier wen überzeugen?

Manche Versicherungskritiker begegnen diesem Argument dann wieder mit dem Hinweis, man könne immer noch schnell im hohen Alter sein Sparkapital einer Rentenversicherung anvertrauen, aber bis dahin renditeträchtiger ohne Versicherung sparen – so ganz scheint es also doch nicht ohne Rentenversicherung zu gehen. Denn deren Alleinstellungsmerkmal, das kollektive Sparen und Entsparen zum Ausgleich individuell unterschiedlicher Lebenserwartung, lässt sich nun einmal nur unter einer für die meisten Menschen völlig unrealistischen Annahme wegdiskutieren: Dass jeder für sich ein so hohes Vermögen anspart, dass er ausschließlich von dessen Zinsen leben kann.

In der Asscompact-Befragung rangiert dieses Alleinstellungsmerkmal nur auf Rang fünf der für Kunden überzeugenden Eigenschaften von Altersvorsorge-Produkten - mit rund 43 Prozent Nennungen. Es stellt sich die Frage, ob die Kunden tatsächlich mehrheitlich so verständnislos sind, was der Nutzen einer lebenslangen Rente ist – oder ob die Verkäufer es verlernt haben, die Kunden mit den richtigen Argumenten zu überzeugen.

Die Studie gibt's kostenpflichtig bei der BBG Betriebsberatungs GmbH (Mail stasch@bbg-gruppe.de).

Autor(en): Matthias Beenken

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