Run-Off: Versicherer müssen Kundenemotionen ernst nehmen

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"Es gibt in diesem Land keine negativen Erfahrungen mit Abwicklern", kommentiert Wolfgang Weiler, Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), im Gespräch mit Professor Fred Wagner, die aktuelle Diskussion zu Run-Offs in der Lebensversicherung.

In der neuesten Ausgabe des Videomagazins #fredwagner, diskutiert der Professor für Versicherungsbetriebslehre an der Universität Leipzig mit dem GDV-Chef unter anderem dieses heiße Thema.

Abwickler wollen kein Einmalgeschäft
Man müsse nüchtern festhalten, dass das was als Run-Off bezeichnet werde, eine legale Angelegenheit sei. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht habe konstatiert, dass eine Bestandsübertragung an einen Abwickler für die Kunden sehr positiv sein könne. Es liege auf der Hand, dass selbstständige Träger kleine Bestände nicht über viele Jahre effizient abwickeln könnten. Allein die IT-Kosten seien erschlagend.

"Aber was ist mit dem schlechten Image von Bestandsübertragungen, dass vor allem von Verbraucherschützern thematisiert wird?", hakt Wagner nach. Kunden schlecht zu behandeln, sei für das Geschäftsmodell eines Abwicklers geradezu kontraproduktiv, so Weiler. Denn Abwickler wollten ein perpetuierendes Geschäft und kein Einmalgeschäft. Sie seien laufend auf Neugeschäft angewiesen. Run-Off-Spezialisten müssten ihre Kunden möglichst gut behandeln, weil sie sonst ins Gerede kämen.

Emotional auf Kunden eingehen
Weiler räumte ein, dass es neben der rationalen auch eine emotionale Ebene gebe, die man nicht unterschätzen dürfe. Kunden vertrauten einem Versicherer und hätten es auf einmal mit jemand zu tun, den sie nicht kennen. Die emotionale Seite werde sich erst beruhigen können, wen die Kunden über zehn oder 20 Jahre "hoffentlich" positive Erfahrungen gemacht haben.

Der GDV-Präsident plädiert dafür, dass die Versicherer, die sich von Beständen trennen, ihre Kommunikation intensivieren sollten: "Man muss sich sehr bemühen auf der Kundenebene früh und intensiv zu erläutern, was der Run-Off eigentlich ist, was man damit will und wo man vielleicht Sicherungsschranken eingezogen hat, um sicherzustellen, dass nichts passiert."  Vertrauensbildende Maßnahmen müssten im Vorfeld eines Run-Offs implementiert werden. Weiler sieht hier bei den Lebensversicherern einen wachsenden Lernprozess.

Weitere Themen
Zu den weiteren Gesprächsthemen des Interviews gehört die Frage, ob dem Verband bei der Imagepflege Versäumnisse vorzuwerfen sind, ob die Branche mit ihren Wünschen nach "Sonderlocken" Richtlinien wie Solvency II unnötig verkompliziert und wie die Versicherer in Zeiten niedriger Zinsen geschäftsfähig bleiben.

Hier können Sie das gesamte Interview sehen:


Autor(en): Versicherungsmagazin.de

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