Säufer-Klausel entfällt bei Reiseversicherung

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Einen „unklaren“ Leistungsausschluss wollen drei Reiseversicherer nicht mehr anwenden. Sie haben gegenüber dem Bund der Versicherten (BdV) eine Unterlassungserklärung abgegeben.

Mit diesem Schritt verzichten diese Reiseversicherer auf das Recht, bei angeblichem Alkohol- oder Drogen-Missbrauch während der Urlaubsreise Leistungen zu verweigern. Betroffen sind die ADAC Versicherung, Europ Assistance und die Bayerische Allgemeine Versicherung. Sie haben gegenüber den Verbraucherschützern nun eine Unterlassungserklärung abgegeben.

Grenze zum Missbrauch unbestimmt

Der ADAC hatte im Laufe des Streits darauf verwiesen, dass es nur um Versicherte gehe, die aller Voraussicht nach süchtig sind. Eine Sucht bei Medikamenten und Drogen läge schon dann vor, wenn sie missbräuchlich verwendet würden. Das sei dann der Fall, wenn die Verwendung nicht legitimiert sei oder die vom Arzt verschriebenen Mengen überschritten würden. Bei missbräuchlichem Alkoholkonsum werde hingegen eine Ablehnung der Leistung erst dann vorgenommen, wenn nach Einschätzung eines „ADAC-Arztes“ der Patient die Suchtkriterien erfüllt hat.

Nun will auch der ADAC in vollem Umfang auf den Leistungsausschluss verzichten. Der Ausschluss ist nach Meinung der Verbraucherschützer unzulässig. Denn wann die Grenze von Genuss zu Missbrauch überschritten ist, dürfte schwer feststellbar und kaum nachweisbar sein.

Der Markt kennt den Ausschluss nicht

„Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmer können sich ab jetzt auf die Leistungen während ihres Urlaubs verlassen – auch, wenn sie mal einen Drink zu viel hatten“, kommentierte Stephen Rehmke, Vorstand beim BdV. Die Aussage einer anderen großen Reiseversicherung lässt den Schluss zu, dass eine Suchtklausel in anderen Auslandsreisekrankenversicherungen wohl keine Verwendung findet. Eine Sprecherin der Hanse-Merkur stellte klar: „Wir haben keinen Alkohol- und Drogen-Ausschluss in den Reise-Krankenversicherungs-AVB.“

So wollen sich nun auch die abgemahnten Versicherer verhalten. Der Verzicht gilt sowohl für laufende wie für neue Verträge. Bei einem digitalen Abschluss wollen die Assekuranzen den Ausschluss direkt streichen. Europ Assistance und die Bayerische haben nach eigenen Angaben auf Basis der von den Verbraucherschützern beanstandeten Klausel bisher noch niemals einen Schadenfall abgelehnt, wie sie auf Anfrage mitteilten. Beim ADAC ist man sich aktuell noch nicht ganz sicher, ob das schon einmal der Fall war.

Extra-Auslandsreisekrankenschutz bleibt sehr wichtig

Dass eine Auslandskrankenversicherung grundsätzlich sehr wichtig ist, wird auch von Verbraucherschützern nicht bestritten. Immerhin ist die Rückholung aus dem Ausland durch die gesetzliche Krankenkasse nicht abgesichert. Daher schließt die Reisekrankenversicherung für gesetzlich krankenversicherte Urlauber eine existenzgefährdende Lücke. Zudem zahlen die Kassen im Ausland nicht alle Behandlungen. Schon deshalb ist der zusätzliche Gesundheitsschutz ein Muss für alle Kassenkunden. Anders ist dies bei Privatpatienten. Sie haben eine Rückholung meist mitversichert. Trotzdem ist auch für Privatversicherte der Abschluss des zusätzlichen Auslandschutzes sinnvoll.

„Die Auslandsreisekrankenversicherung kann durchaus bessere Leistungen bieten als der eigene Privattarif“, erläutert der Versicherungsberater Stefan Albers aus Montabaur. Bisher galt: Bei einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung übernimmt die Auslandskrankenversicherung die Kosten, egal, ob man erkrankt ist oder einen Unfall hatte. Das gilt natürlich auch bei einer Corona-Infektion und sogar im Verdachtsfall, falls ein Corona-Test durchgeführt wird.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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