Schön war es vor Corona

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Wachstum, fast überall wohin man schaut - so präsentieren sich die Bilanzen des Jahres 2019. Auch viele Versicherungsunternehmen werden froh sein, von alten Gewinnen zehren zu können.

Traditionell hat die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) wieder ihre Beilage "Die 100 Größten" veröffentlicht. Die 2019er-Bilanzen sind in den meisten Branchen sehr erfreulich ausgefallen, zumeist wurde Wachstum sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn vermeldet. Das wird in diesem Jahr grundlegend anders ausfallen. Die Wachstumsprognosen in Europa wurden gerade kassiert und infolge der Corona-Pandemie erneut abgesenkt, eine Schrumpfung nahe zehn Prozent wird nun europaweit auch offiziell für möglich gehalten.

Größter Versicherungsschaden aller Zeiten?

Die Folgen für die Versicherungswirtschaft sind noch nicht wirklich absehbar. Viel deutet darauf hin, dass Corona weltweit einer der größten Versicherungsschäden aller Zeiten werden dürfte. Analyst Werner Schirmer von der LBBW jedenfalls geht in der aktuellen Ausgabe der „Zeitschrift für Versicherungswirtschaft“ davon aus, dass der bisher höchste Schaden, Hurrikan Katrina, mit 82 Milliarden US-Dollar erreicht oder sogar überschritten werden könnte.

Was die Kalkulation erschwert, ist die Tatsache, dass die Schadendauer noch nicht absehbar ist, also wie lange beispielsweise Betriebe geschlossen, Lieferketten unterbrochen, Events abgesagt und Kredite notleidend sein werden.

2019 gab es im Prinzip nur "höher, schneller, weiter"

Neben Versicherungsschäden sind auch die Auswirkungen auf die Kapitalanlagen beachtlich. Während die Kombinierten Schaden-Kosten-Quoten in den analysierten Bilanzen des ersten Quartals 2020 noch unauffällig blieben, mussten die Solvenzquoten bei großen Versicherern wie Allianz, Axa, Generali, Talanx, Zurich und den großen Rückversicherern bereits teilweise deutlich um bis zu über 25 Prozentpunkte zurückgenommen werden.

Umso verständlicher ist es, wenn Vorstände in ihren Bilanzen noch einmal gerne auf das Jahr 2019 zurücksehen. Marktführer Allianz verbuchte laut FAZ 7,6 Prozent mehr Beiträge und kam auf 142,4 Milliarden Euro. Der Gewinn fiel mit 8,3 Milliarden Euro erneut stattlich aus.

Die restliche Branche hält wie gewohnt einen großen Respektsabstand zur Allianz. Auf Nummer 2 mit 51,5 Milliarden Euro Prämien liegt die Münchener Rück-Gruppe einschließlich Ergo, die Steigerung wird mit 4,9 Prozent und der Gewinn mit 2,7 Milliarden Euro angegeben. Ergo selbst trug allerdings wenig dazu bei. Sie schrumpfte sogar leicht um 0,7 Prozent, lieferte seinem Eigentümer aber 440 Millionen Euro Gewinn ab.

Dank eines sprunghaften Wachstums in der Rückversicherung konnte die Nummer drei, Talanx, sich um 13,2 Prozent auf 39,5 Milliarden Euro Beitragsvolumen verbessern, davon blieben knapp 1,7 Milliarden Euro als Gewinn übrig.

Langsam wachsen hieß 2019 zurückfallen

Das Ranking der großen Versicherer hat sich kaum verändert. Erst auf Plätzen zehn und elf gab es einen Tausch, die Signal Iduna musste mit ihren 3,1 Prozent Wachstum die Zurich Gruppe Deutschland mit 8,9 Prozent Plus an sich vorbeiziehen lassen, erstere liegt bei 5,9 und letztere bei 6,0 Milliarden Euro Umsatz.

Mit einem Sprung in den Rängen macht ein weiterer Rückversicherer auf sich aufmerksam. Die Gen Re verbuchte 2019 insgesamt gut 4,0 Milliarden Euro und damit 23,6 Prozent mehr als im Vorjahr - das reichte für Rang 15 statt 20, knapp vor der Continentale, die nun Rang 16 einnimmt. Deutlicher zurückgefallen ist die Nürnberger, die von Rang 17 auf Rang 20 fiel - weil sie "nur" um 1,1 Prozent wuchs. Solche Sorgen würde manche andere Branche gerne haben.

Starke Performance im DAX

Auch im Konzert der größten deutschen Unternehmen überhaupt lassen sich zwei Versicherer ganz gut blicken. Die Allianz erreichte 2019 immerhin den vierthöchsten Gewinn aller DAX-Konzerne, hinter Volkswagen, RWE und BASF. Auch die Münchener Rück schlug sich gut und überholte zahlreiche DAX-Konzerne. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank musste knapp 5,3 Milliarden Euro Verlust angeben, der Autozulieferer Continental knapp 1,2 Milliarden Minus. Vom Noch-DAX-Mitglied Wirecard, dem historisch ersten Insolvenzfall eines DAX-Unternehmens, gibt es aus bekannten Gründen "keine Angabe".

Die FAZ liefert auch einen langjährigen Vergleich der Jahresüberschüsse der vergangenen 20 Jahre. Viele rote Zahlen gab es im Lauf der beiden Jahrzehnte bei Energiekonzernen, Industrieunternehmen und vor allem Banken. Die beiden großen Versicherer hingegen mussten nur äußerst selten Verluste angeben. Sie werden die stabilen Ergebnisse benötigen, denn 2020 dürften die Bilanzen und die Gewinn- und Verlustrechnungen anders als gewohnt ausfallen.

Autor(en): Matthias Beenken

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