Solvency II: Keine Chance mehr für Augenwischerei

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Was soll durch Solvency II erreicht werden, was wird sich durch Solvency II ändern? Das wurde auf der Jahrestagung der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) und der Deutschen Gesellschaft für Versicherungs- und Finanzmathematik (DGVFM) eingehend diskutiert.

"Solvency II wirkt wie ein Vergrößerungsglas, das sichtbar macht, was passiert, wenn Schwachstellen im System vorhanden sind". Und unter dem Nachfolgemodell von Solvency I lassen sich "Unternehmensabläufe viel besser steuern als früher", waren nur zwei Statements auf der Jahrestagung in Bonn.

Branche für Schwachstellen im System sensibilisieren
Verfügt ein Unternehmen über ausreichend Eigenkapital, um einen Zinsschock zu überstehen? Wie verhalten sich Aktiva und Passiva, wenn ein derartiger Schock die Versicherungsbranche trifft? Wie kann eine entstandene Lücke zwischen diesen beiden Seiten der Bilanz rechtzeitig geschlossen werden? Auf diese Fragen kann und wird Solvency II Antworten liefern, werden die Solvabilitätsrichtlinien, die endgültig 2016 in Kraft treten sollen, die Branche für Schwachstellen sensibilisieren. Davon ist der mitgliederstarke Verband fest überzeugt.

Ob alle Versicherer einen derartigen Zinsschock überstehen könnten, wird schon mal Ende 2014 getestet. Dann muss sich die Branche wieder einem so genannten Stresstest unterziehen. Den letzten derartigen Test hatten die Versicherungsunternehmen 2011 zu überstehen. Erster Schritt dahin: Heute veröffentlicht EIOPA die künftigen Anforderungen für den kommenden Stresstest.

Wenn aus Druck positive Energie wird
Solvency II bedeutet für die Versicherungsbranche Druck, aber laut Rainer Fürhaupter, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung und Vorstandsmitglied der Versicherungskammer Bayern, arbeitet die Branche emsig daran, dass sich dieser Druck in positive Energie umwandelt. Dies zeige sich schon daran, dass an neuen und neu zu schichtenden Garantiemodellen gearbeitet werde, die die Branche auch dringend brauche.

Der Garantiezins sei nur augenblicklich eine sensible Größe, so Fürhaupter. In früheren Jahren hätte dieser nie ein derartige problematische Dimension angenommen, diese "Entwicklung hat uns kalt erwischt", gab der DAV-Mann ehrlich zu. Der niedrige Garantiezins hätte eine extrem problematische Zone erreicht, denn eine weitere Absenkung hätte zur Zeit weitaus dramatischere Auswirkungen als zum Beispiel eine angenommene Senkung um drei Prozent bei einem Zinssatz von neun Prozent.

Die Vorzüge der Versicherung klarer kommunizieren
Die Branche dürfe in Zukunft nicht mehr mit so hohen Renditen und Garantien werben, wie sie dies in der Vergangenheit getan habe. Zu bedenken sei auch, dass nur noch in Deutschland so lange Garantien ausgesprochen würden, in anderen Ländern wie in Frankreich sei dies nicht der Fall. Eine diesbezügliche Änderung sei den deutschen Kunden sicherlich nicht leicht zu vermitteln. Dies müssten die Versicherungsunternehmen aber künftig klarer kommunizieren. Dabei sollten die Häuser wieder stärker die Stärken der Versicherung hervorheben - die Verrentung und die Partizipationsgarantie. Auch müsse den Menschen die Vorzüge des Kollektivmodells wieder schmackhaft gemacht werden, "eine weitere Aushöhlung des Kollektivgedankens sei absolut schädlich", mahnte Fürhaupter.

Drei Forderungen an drei Adressaten
Damit das deutsche Modell der Lebensversicherung unter Solvency II weiterhin existieren kann, richtet der DAV drei Appelle an drei Adressaten: Erstens: Die Politik muss angemessene Rahmenbedingungen schaffen, um die Lebensversicherung für die Altersvorsorge zu erhalten. Zweitens: Die Verbraucherschützer müssen die (neuen) Produkte der Versicherungsunternehmen fair bewerten und bei den Menschen dafür sorgen, dass diese Produkte auch verstanden werden. Und drittens an die eigene Adresse: Die Versicherer müssen ihre Produkte transparent machen und auch halten.

Bildquelle: Meris Neininger

Autor(en): Meris Neininger

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