Staatliche Corona-Hilfe kommt nicht bei KMU an

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Die Bundesregierung hat im Zuge der Corona-Krise verschiedene Kreditprogramme für den Mittelstand aufgesetzt. Schnell und unbürokratisch soll damit Liquidität in die Wirtschaft fließen. Doch viele Mittelständler bleiben außen vor, zeigt nun eine Analyse.

Der Mittelstand bildet mit rund 3,5 kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und rund vier Millionen Selbstständigen das Fundament der deutschen Wirtschaft. Viele dieser Betriebe brauchen infolge der Corona-Krise Unterstützung, um ihr Überleben zu sichern. Ihnen helfen sollen die staatlichen Kreditprogramme, die über die Förderbank KfW abgewickelt werden. Doch von dieser Hilfe kommt bislang offenbar nur wenig an, wie eine aktuelle Analyse des Beratungshauses Barkow Consulting und der Finanzierungsplattform Fincompare zeigt. Grundlage der Auswertung sind die wochentäglich veröffentlichten Daten der KfW sowie entsprechende Statistiken des statistischen Bundesamtes. Stichtag der Datenerhebung war der 31. Juli 2020.

Nur ein Prozent der Unternehmen hat einen Corona-Kredit beantragt

Der Untersuchung zufolge sind zwar bis Mitte Juli rund 80.000 Corona-Kreditanträge im Gesamtvolumen von mehr als 52 Milliarden Euro eingegangen. Aber nur rund eines von 100 Unternehmen hat ein solches Darlehen überhaupt beantragt. Die sogenannten Schnellkredite, die besonders unbürokratisch für Liquidität sorgen sollten, kommen aufgrund ihrer Voraussetzungen sogar für fast 90 Prozent der Mittelständler gar nicht in Betracht.

Entsprechend hart fällt die Kritik von Fincompare-Geschäftsführer Stephan Heller aus: "Die bürokratischen Hürden sind eine Katastrophe, sie sind der Grund, warum nur ein Prozent der Unternehmer die Corona-Kredite beantragt haben. Wir merken in Gesprächen mit Unternehmern gleich, dass der Bedarf an Fördermitteln massiv vorhanden ist, die Politik aber nicht gelernt hat, dem Mittelstand die richtigen Hilfen bereitzustellen." 

Staatliche Corona-Hilfen

Nur wenige Unternehmen haben die staatliche Corona-Hilfe bislang in Anspruch genommen.
Für viele Kleinunternehmen hängen die Hürden für einen Kreditantrag zu hoch.

Kreditvorgaben lassen Kleinunternehmen außen vor

Der Blick auf die Details zeigt, wo es bei der staatliche Unterstützung hakt. Im Fokus steht dabei vor allem der Corona-Schnellkredit, den es seit Anfang April 2020 gibt. Laut KfW soll dieser Unternehmen mit Liquidität für Investitionen und laufende Kosten versorgen. Der Kredit ist zu 100 Prozent durch eine Garantie des Bundes abgesichert, um die Kreditzusage ohne Risikoprüfung zu erleichtern. Nach KfW-Angaben steht diese Hilfe Unternehmen offen, die mehr als zehn Mitarbeiter haben und mindestens seit Januar 2019 am Markt aktiv sind. 

Von den 7,5 Millionen Unternehmern in Deutschland haben aber laut Analyse 6,6 Millionen, also 88 Prozent, nicht mehr als zehn Mitarbeiter. Damit ist ein Großteil des Mittelstands, dem die Hilfe eigentlich zugutekommen soll, von vornherein ausgeschlossen. So laufe auch das grundsätzlich sinnvolle Ziel, die deutschen Unternehmer des Mittelstandes schnell und unbürokratisch zu unterstützen, in der Praxis fast vollständig ins Leere, urteilt Consultant Peter Barkow.

Daher müsse die Bundesregierung "bei den Schnellkrediten im Zusammenspiel mit anderen Fördermitteln noch mal nachzujustieren", lautet deshalb die Forderung der Studienautoren. 

Wenige große Darlehen machen das Gros des Kreditvolumens aus

Bei den von den betroffenen Unternehmen beantragten Krediten hat der Analyse zufolge die Zahl kleiner Darlehen von bis zu 800.000 Euro zwischen Juni und Juli zwar um 15 Prozent zugelegt. Dennoch machen die wenigen großen Kredite den Löwenanteil aus: Die insgesamt 1.107 gezählten Anträge in Höhe von jeweils über drei Millionen Euro stellen nur knapp 1,3 Prozent des Antragsvolumens dar. Dennoch repräsentieren sie fast 60 Prozent der insgesamt beantragten Kreditsumme.

Auch die regionalen Unterschiede bei der Beantragung sind trotz des sehr niedrigen Gesamtniveaus deutlich erkennbar: Die relativ höchste Nachfrage nach Corona-Krediten kommt aus Rheinland-Pfalz, wo 1,35 Prozent aller Unternehmer einen entsprechenden Antrag gestellt habe, so die Analyse. Danach folgen Nordrhein-Westfalen (1,29 Prozent) und das Saarland (1,27 Prozent), die damit noch deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 1,01 Prozent liegen. Die verhältnismäßig geringste Nachfrage kommt aktuell aus Sachsen, wo mit 0,50 Prozent nur jeder 200. Unternehmer einen Corona-Kredit beantragt hat. Danach folgen Brandenburg (0,66 Prozent) und Sachsen-Anhalt (0,76 Prozent).

Der Artikel ist ursprünglich auf Springer Professional erschienen.

Autor(en): Angelika Breinich-Schilly

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