Strukturvertriebe entdecken Risikogeschäft

Von den erfolgsverwöhnten Versicherungs- und Finanzvertrieben sind derzeit durchwachsene Ergebnisse zu erfahren - vielfach steckt Sand im Absatz- und im Personalgewinnungs-Getriebe. Wie sie damit umgehen, zeigt eine aktuelle Studie.

Das Marktforschungsinstitut Yougov befragte in der Wiederholungsstudie „Erfolgsfaktoren im Finanzvertrieb“ 342 Vermittler von den sechs Vertriebsorganisationen AWD, Bonnfinanz, DVAG, MLP und OVB. Das Durchschnittsalter liegt bei ungefähr 46 Jahren und damit etwas niedriger als bei Versicherungsvermittlern allgemein, bei denen je nach Studie zwischen 48 und 50 Jahren genannt werden. Dennoch fällt auch bei den Strukturvertriebsvermittlern auf, dass ein bedeutender Anteil von mehr als 40 Prozent den ruhestandsnäheren Jahrgängen ab Alter 51 angehört.

Hohe Beständigkeit statt rascher Fluktuation
Im Schnitt sind die Befragten rund 16 Jahre insgesamt im Vertrieb tätig, davon immerhin 15 Jahre bei dem jetzigen Vertrieb. Zumindest für die hier befragten, wohl alle hauptberuflich im Strukturvertrieb tätigen Vermittler spricht dieses Ergebnis gegen eine hohe Fluktuation, mit der diese Vertriebsform üblicherweise identifiziert wird. Verstärkend kommt hinzu, dass die Befragten keineswegs alle in einer höheren Hierarchiestufe des Vertriebs stehen, sondern immerhin 43 Prozent eine Tätigkeit ohne Führungsfunktion angegeben haben. Die Vermittler sind typischerweise in größeren Büros organisiert, die mindestens einen, in der Hälfte der Fälle mindestens zwei Innendienstmitarbeiter aufweisen. Die Anzahl der haupt- und der nebenberuflich tätigen Vermittler, die einer Geschäftsstelle angeschlossen sind, variiert allerdings sehr stark.

BU und Sach gewinnen an Bedeutung
Stark neugeschäftsorientiert sind DVAG, AWD und OVB unterwegs. Dagegen lebt vor allem die Bonnfinanz deutlich stärker aus dem Bestand.Im Produktmix der Vertriebe stehen die Riester- und Rüruprenten mit nur geringfügigem Rückgang zum Vorjahr weit im Vordergrund. 91 Prozent geben an, geförderte Altersvorsorgeprodukte häufig zu vermitteln. Deutlich zugelegt hat die Berufsunfähigkeitsversicherung, die mit 86 Prozent nicht mehr weit hinter den Rentenversicherungen steht. Ebenfalls deutlich aufgeholt haben Unfall-, Sach- und Haftpflichtversicherungen. Damit scheinen die großen Vertriebe die Risikoversicherungen für sich zu entdecken, obwohl deren Beratung und Vermittlung aufwendiger ist und der Kunde nicht mit staatlichen Zulagen gelockt werden kann.
Die höchsten Zuwächse von allerdings deutlich geringerem Niveau verzeichnen Kfz-Versicherungen und Bauspar- und Finanzierungsprodukte. Dagegen werden ungeförderte Lebens- sowie Krankenversicherungen deutlich seltener angeboten.

Wenige, aber aufwendige Termine
Unter den Vertrieben wird MLP als stark kompositorientiert, vor allem OVB dagegen als lebensversicherungs- und anlageorientiert eingeordnet. Am ausgeglichensten scheint der Produktmix bei der DVAG zu sein.Für ihren Erfolg wenden die Vermittler durchschnittlich 8,2 Termine pro Woche auf. Dabei erreichen sie eine beachtliche Konversionsquote, indem sie durchschnittlich 6,8 Abschlüsse pro Woche erzielen. Das dürfte auch an der recht intensiven Gesprächsführung liegen, denn im Durchschnitt werden 97 Minuten Dauer der Beratungstermine ermittelt.

AWD erreicht höchsten Durchschnitt bei der Beratungszeit
Daraus errechnen sich rund 13 Stunden Beratungszeit wöchentlich beim Kunden. Das klingt wenig, dürfte aber durchaus realistisch sein, wenn man den Aufwand der Vor- und Nachbereitung der Termine und anderen Aufgaben wie bei Strukturvertrieben typischerweise der Mitarbeiterakquise und -führung bedenkt. Den höchsten Durchschnitt der Beratungszeit erreicht der AWD mit über 15 Stunden, den geringsten die DVAG mit knapp über elf Stunden. Die Zahl der Vertragsabschlüsse ist mit durchschnittlich 266 im Jahr leicht um drei gestiegen. Davon stammen den Angaben zufolge rund 39 Prozent von Neukunden.

Autor(en): Matthias Beenken

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