Stuttgarter sieht politische Vorsorgepläne kritisch

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Die private Altersvorsorge muss/soll reformiert werden, darin sind sich Versicherungswirtschaft und Politik einig. Über das „Wie“ gibt es aber unterschiedliche Ansichten. Auch wie ein mögliches neues Riester-Angebot aussehen soll, ist strittig. Guido Bader, unter anderem Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter Lebensversicherung, und sein Unternehmen haben sich dazu so ihre Gedanken gemacht.

Der Hintergrund: Die vom Bundesministerium für Finanzen (BMF) eingesetzte Fokusgruppe pAV (Anm. d. Red: private Altersvorsorge) hat in diesem Kontext folgende Vorschläge unterbreitet:

  1. Es soll keine Staatsfonds geben.
  2. Auf Garantien soll weitgehend verzichtet werden. Sie sollen aber dennoch weiter möglich sein.

Diese zwei Charakteristika von „Riester 2.0“ sind auch für die Versicherer salonfähig. Auch nachfolgende Punkte sind in den Augen der Versicherungswirtschaft wichtige Stellschrauben:

  1. Das Produktdesign soll einfach sein.
  2. Einen Kostendeckel soll es nicht geben, ebenso sollen keine Kosten bei einem Anbieterwechsel anfallen.
  3. Eine Dynamisierung des Förderhöchstbetrag in Höhe von vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (BBG)
  4. Der Riester-Bestand soll – soweit möglich – von den geplanten Verbesserungen profitieren.

Eine lebenslange Verrentung ist nicht vorgesehen

Für Unmut bei den Versicherern, so auch bei der Stuttgarter, sorgt hingegen der politische Plan, dass es keine lebenslange Verrentung geben soll, sondern nur Auszahlungspläne bis zum Lebensalter 85 und erweiterte Entnahmemöglichkeiten. Bader nennt diesen Punkt eine „inakzeptable Kröte“.

Nach Ansicht des Versicherungsexperten „bleibt abzuwarten, ob und auf was sich die Bundesregierung einigt“. Bader ist hier etwas skeptisch, ob die politischen Entscheider noch rechtzeitig und lebensnah entscheiden, denn der „Gerechtigkeitswahn seitens der Regierung“ sorge an zu vielen Stellen für Stillstand, unnötige Komplexität oder überbordende Bürokratie.  

Noch steuerliche Anpassungen notwendig

Bader ist überzeugt, dass eine lebenslange Auszahlungsphase aber „dringend geboten ist“. Als sinnvolle Alternative zu den politischen Vorsorgeplänen sieht er bei einer lebenslangen Mindestrente die Option, auch noch in der Rentenbezugsphase in Fonds investieren zu können. Doch hier müssten in Deutschland erst noch steuerliche Anpassungen vorgenommen werden.

Kritisch sehen die Stuttgarter und Bader gleichfalls den Rentenentwurf der Regierung zum Rentenpaket II. Dabei zum Beispiel das Vorhaben, dass das Rentenniveau von 48 Prozent dauerhaft festgeschrieben werden soll, mit einer Haltelinie bis 2024. Dieser Entwurf ignoriere aber die problematische demographische Entwicklung, die aber in der nahen Zukunft erst „ihre volle Wucht entfalten wird“. Zudem werde mit dieser Haltelinie den Menschen vorgetäuscht, dass dieses Rentenniveau auskömmlich sei. Dies sei aber ganz und gar nicht der Fall.

„Wir brauchen dringend mehr private und betriebliche Altersvorsorge“, zeigt sich Bader überzeugt. Aber diese Vorsorgeoptionen würden die politischen Entscheider viel zu wenig fördern. Auch der kategorische Ausschluss einer Dynamisierung der Regelaltersgrenze sei das vollkommen falsche Signal. Nach Einschätzung des Lebensversicherungsexperten ist dies sogar eine „fahrlässige Herangehensweise auf dem Buckel der Jungen“.

Weniger Bundesinvestitionen in eine nachhaltige Infrastruktur

Auch das Vorhaben der Politik, den Anstieg des Beitragssatzes ab 2035 und voraussichtlich bis 2045 auf 22,3 Prozent zu begrenzen, sehen der Lebensversicherer und sein Chef kritisch. Ein derartiger Anstieg auf über 22 Prozent würden den Wirtschaftsstandort Deutschland zusätzlich belasten und dies vor dem Hintergrund, dass hierzulande bereits eine der höchsten Steuer- und Sozialabgaben weltweit zu stemmen wären. Unschöner Nebeneffekt eines weiteren Steuerzuschusses zu den Renten sei, dass unter anderem Bundesinvestitionen in eine nachhaltige Infrastruktur eingeschränkt würden.

Trugschluss: Dauerhaft „günstigen Neuverschuldung“ des Bundes

Und selbst der FDP-Vorschlag, dass der Aufbau eines "Generationenkapitals" zur Finanzierung des Rentenpakets beitragen soll, ist in den Augen von Bader nicht gut durchdacht. Denn das geplante Generationenkapital stelle keine wirkliche Kapitaldeckung dar, wie die Politik suggeriere. Eine richtige Kapitaldeckung bestehe aus einer An- und Entsparphase, diese sei aber bei diesem Modell nicht zu finden. Zudem seien die Annahmen bei diesem Rentenvorschlag zu optimistisch, denn sie gingen von einer dauerhaft „günstigen Neuverschuldung“ des Bundes aus. O-Ton Bader: "Es herrscht der falsche Glaube vor, dass sich Deutschland billig verschulden kann". Und nicht nur das: Auch die Aktienrenditen würden zu optimistisch gerechnet.

So lautet das kritische Fazit von Bader: Der Referentenentwurf zum Rentenpaket II ist zwar „nice to have, aber kein großer Wurf!“

Autor(en): Meris Neininger

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