Unternehmen lehnen weitere Zinserhöhung ab

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Fast jedes dritte deutsche Unternehmen (31 Prozent) ist gegen eine weitere Anhebung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank (EZB). Das ergab eine Umfrage des internationalen Kreditversicherers Atradius unter mehr als 350 Unternehmen in Deutschland. Zudem glauben 26 Prozent der befragten Firmen, dass die Geldpolitik der Notenbanken die Konjunktur behindert. 

Insbesondere die Baubranche beklagt die deutliche Anhebung der Leitzinsen. „Für die Baukonjunktur ist das sehr dramatisch“, heißt es aus einem der befragten Unternehmen. Die Baubranche plus Zulieferindustrie seien dadurch „total eingebrochen“, urteilt ein anderes Unternehmen aus der Bauindustrie. Diese Einschätzung spiegelt sich auch in der Zahlungsmoral wider. Atradius zufolge dauern die Zahlungen in der Baubranche im Durchschnitt derzeit 30 bis 60 Tage und Zahlungsverzögerungen und Insolvenzen nehmen erkennbar zu. Atradius geht davon aus, dass die Insolvenzen im Baugewerbe 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 25 bis 30 Prozent steigen werden, wobei kleine und mittlere Unternehmen am stärksten gefährdet sind.

Konjunktur wird nur „teilweise“ durch hohe Zinsen behindert

Die Mehrheit aller befragten Firmen (57 Prozent) ist derweil der Meinung, dass die Konjunktur nur „teilweise“ durch die hohen Zinsen behindert wird. Die Inflation werde danach zum derzeitigen Zeitpunkt nicht durch eine überhitzte Konjunktur angetrieben, sondern durch andere Faktoren wie etwa die hohen Energiepreise. Nur 15,8 Prozent der Unternehmen gaben an, dass die Konjunktur nicht durch die Geldpolitik der EZB behindert wird.

Über eine Zinspause nachdenken

 Ebenfalls 57 Prozent der befragten Unternehmen sind der Ansicht, dass weitere mögliche Zinserhöhungen durch die EZB von der Konjunkturentwicklung abhängig gemacht werden sollten. Europa hätte bei den Zinsen einen Nachholbedarf gegenüber den USA, heißt es aus den Unternehmen. Allerdings müsse laut der Umfrage angesichts der neuesten Inflationszahlen und Wirtschaftsdaten versucht werden, eine ausgleichende Situation zu erreichen. Einigkeit herrscht der Umfrage zufolge darin, dass die Inflation eingedämmt und wieder in den Bereich von zwei bis drei Prozent gebracht werden müsse. „Die Aufgabe der EZB ist es, die Preise stabil zu halten – und dieser Aufgabe kommt sie derzeit nach. Allerdings sollte sie angesichts der aktuellen konjunkturellen Entwicklung mit Augenmaß agieren und eventuell, wie in den USA, eine Zinspause erwägen“, sagt Frank Liebold, Country Director Deutschland bei Atradius.

Unschöne Folgen: Investitionsentscheidungen aufschieben oder gar nicht erst tätigen

Die finanzielle Stabilität der deutschen Unternehmen ist weiterhin von zahlreichen Marktunsicherheiten beeinträchtigt . „Steigende Finanzierungskosten durch höhere Zinsen können zum Beispiel dazu beitragen, dass Unternehmen Investitionsentscheidungen aufschieben oder gar nicht erst tätigen. Für das Unternehmenswachstum und die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Deutschland ein durchaus einschränkender Faktor“, gibt Liebold zu bedenken. ​​​​​​​

Quelle: Atradius

 

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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