Verbraucherschützer bekämpfen Provisionsberatung weiter

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„Die Verbraucherinnen und Verbraucher glauben, dass die Beratung beim Versicherungsvermittler umsonst ist“, behauptete Bianca Boss, Vorständin beim Bund der Versicherten e. V. (BdV) in auf der Podiumsdiskussion des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). Die Kritik an dieser Behauptung blieb dann auch nicht aus. Aus eigener Beratungserfahrung weiß BVK-Präsident Michael Heinz, dass die Kunden sich für die Beratungskosten nicht wirklich interessieren würden. „Sie wissen aber auch, dass wir nicht karikativ unterwegs sind“, so Heinz.

Verbraucherschützer wollen nur Honorarberatung

Demgegenüber verwies Boss darauf, dass sich der BdV schon seit Jahren dafür einsetze, dass „Beratung und Knowhow honoriert werden und nicht Umsatz.“ Gerade Lebens- und Rentenversicherungen würden „hochprovisiert“, dabei seien sie für die Altersvorsorge gar nicht geeignet. Nach Einschätzung von Boss kennen Kundinnen und Kunden zudem die Leistungen von Versicherungsberatern, die auf Honorarbasis beraten, viel zu wenig. Auf der anderen Seite könnte sich jeder Finanz- Influencer Honorarberater nennen. Hier sollte es gesetzliche Regeln geben. Einig war sich die Diskussionsrunde, dass es auch bei der Honorarberatung Fehlentwicklungen geben kann.

„Auch der Ombudsmann für Versicherung ist den meisten Menschen nicht bekannt und daher fallen die Beschwerdezahlen über Vermittler so gering aus“, sagte Boss. Auch diese Aussage erntete laute Rufe aus dem Auditorium und scharfe Kritik. So verwies Gerhard Müller, Vorstandsvorsitzender der Sparkassen-Versicherung Sachsen, darauf, dass in jeder Antwort auf eine Beschwerde seines Hauses ganz deutlich auf den Versicherungsombudsmann hingewiesen werde. „Das macht die ganze Branche so“, stellte Müller klar.

Die Vermittlerbeschwerden beim Ombudsmann wären so gering, dass sie überhaupt keine Rolle spielen würden. Zudem könnte der Kunde wählen. Er könne eben auch zum Honorarberater gehen. „Die Kunden wählen heute überwiegend die provisionsbasierte Beratung und die läuft gut“, so Müller.

Dass ein Provisionsverbot den Beratungsmarkt zum Erliegen bringt, bestätigte Roger van der Linden, Vorsitzender der Branchevereniging van Onafhankelijk Financieel Adviseurs (ADFIZ) aus den Niederlanden. Nach Einführung des Provisionsverbot hätten sich viele Makler neu orientiert und würden heute überwiegend Hypotheken vermitteln.

BVK für Beratungsvielfalt

Linden verwies zudem darauf, dass mehr Informationen dem Verbraucher nicht nutzen würden. „Damit können Handwerker oder Angestellte im Gesundheitsbereich nichts anfangen.“ Daher gingen sie zum Berater. „Auch Vergleichsportale helfen nicht, den Verbraucher aktiv zu bekommen“, so Linden.

Nach Meinung von Boss müsste auch der Vermittlerverband daran interessiert sein, dass den „Drückerkolonen, einmal ordentlich der Hintern versohlt wird“, denn hier fände überhaupt keine Beratung statt.

In der Debatte um die EU-Kleinanlegerstrategie machte Heinz deutlich, dass sich der BVK für eine Koexistenz von Provisions- und Honorarvergütung einsetzt. Denn sie fördert den Wettbewerb und sorgt für Beratungsvielfalt. Provisionsverbote – auch partielle – lehnt der Verband strikt ab. Für den Erhalt des unabhängigen Maklers wird der BVK weiter kämpfen.

Positiv wurde in der Podiumsdiskussion bewertet, dass die Ampelregierung mit der Einführung des „Generationenkapital“ einen ersten Schritt in die kapitalgedeckte Altersvorsorge gemacht habe. In seinem Eingangsstatement machte der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Bert Rürup deutlich, dass es sich dabei um einen Hedgefonds handelt, weil das Kapital aus einer Überrendite der schuldenfinanzierten Mittel entsteht. „Damit kann man später gerade einmal sieben Tage lang die gesetzliche Rente subventionieren“, so Rürup. Die gesetzliche Rente würde so zwar ausgewogener finanziert, aber in der Summe nicht leistungsfähiger. Mischsysteme wären aber immer Monosystemen überlegen.

Gesetzliche Rente sichert den Lebensstandard nicht

Grundsätzlich wäre das deutsche Rentensystem nicht darauf angelegt, den Lebensstandard zu sichern. Dafür müsste es das Einkommen der letzten Verdienstjahre erreichen. Das wären 75 bis 80 Prozent dieses Konsumniveaus. Das leiste die gesetzliche Rente aber nicht. Zusätzliche private Altersversorge wäre somit unerlässlich.

Hinsichtlich der Beaufsichtigung der Vermittlerschaft will Heinz – so sein Statement auf der Pressekonferenz des BVK – mehr Einheitlichkeit fordern. Denn teilweise würden Unternehmer die Finanzanlagevermittlung und Versicherungsvermittlung anbieten, gleichzeitig von den Gewerbeämtern und den Industrie- und Handelskammern beaufsichtigt. Gleichzeitig will der BVK der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) das deutsche Aufsichtssystem erläutern. „Die EIOPA-Vorsitzende, Petra Hielkema, hat vor kurzer Zeit öffentlich erklärt, dass für sie das deutsche System eine „Black-Box“ ist“, so Heinz. Das will der BVK nun in einem Dialog ändern.

Insgesamt plädierten die Diskussionsteilnehmer für eine frühzeitige und bessere Finanzbildung. BVK-Präsident Heinz unterstrich, dass rund 500 ehrenamtliche BKV-Mitglieder regelmäßig in Schulen, Berufsschulen und an der Universität über Versicherungen und Altersvorsorge aufklären würden.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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