Verbraucherschutz im Fokus der Aufsicht

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Die Jahreskonferenz Versicherungsaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wurde zur Verabschiedung von Frank Grund genutzt, der nach acht Jahren Ende September in den Ruhestand eintritt. Die Nachfolge ist laut BaFin-Präsident Mark Branson "geregelt, aber noch nicht kommunizierbar".

Laut Branson ist die Versicherungswirtschaft "verhältnismäßig glimpflich" durch die Niedrigzinsphase gekommen. Nun rücken andere Themen wie unter anderem der Verbraucherschutz in den Vordergrund. Insgesamt sei die BaFin sehr gut aufgestellt, auch im internationalen Vergleich. Dennoch hatte die Behörde vor kurzem eine schlechte Note für ihre Arbeit von der Europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA erhalten, zusammen allerdings auch mit vielen anderen Aufsichtsbehörden. Das hat keinen negativen Einfluss auf die offensiv gezeigte gute Zusammenarbeit, erneut war EIOPA-Chefin Petra Hielkema eine der Sprecherinnen dieser Veranstaltung.

Nachholbedarf bei Cyber-Schutz und Produktentwicklung

Grund ging in seinem Vortrag auf drei Schwerpunkte ein. Zur Digitalisierung kritisierte er die Erkenntnisse der BaFin aus Prüfungen („VAIT“) als in vielen Fällen "ernüchternd". Der Schutz vor Cyber-Attacken müsse besser werden. Das Konsumentenverhalten hat sich laut Grund sehr geändert, auch Versicherungsentscheidungen werden internetgetrieben "schneller, bequemer" getroffen, aber auch mit dem Risiko der Fehlentscheidung aufgrund ungeeigneter Informationen. Die Versicherer sollten dieses Risiko ernstnehmen und in der Produktentwicklung berücksichtigen.

Sein dritter Schwerpunkt war die Umsetzung der Solvenzrichtlinie Solvency II. Die BaFin habe "in der Praxis erstaunlich kreative Ansätze" bei der Ermittlung von Solvenzquoten gesehen, kritisierte Grund. Insbesondere störe die Aufsicht, wenn die stark gestiegene Inflation nicht rechtzeitig in die Tarife eingepreist werde. Zudem habe man einige fragwürdige Rückversicherungskonstruktionen beobachtet.

Zu wenige Elementardeckungen

Auch das Thema Nachhaltigkeit und hier besonders die Naturkatastrophenschäden trieben Grund um. Europaweit sei die Abdeckung mit Elementarschadendeckungen sehr niedrig, mit nur etwa 25 Prozent der Risiken. In Deutschland sehe es noch relativ besser aus mit knapp über 50 Prozent Versicherungsabdeckung, aber eben auch nicht ausreichend. Grund sieht Bedarf für eine intensive Aufklärung, mahnte zudem risikogerechte Prämien an.

Auch für EIOPA-Chefin Hielkema ist die fehlende Elementardeckung vieler Risiken ein Problem. Die EIOPA habe dazu Marktforschung betrieben und festgestellt, dass ein Hauptgrund eine fehlerhafte Wahrnehmung der Kunden sei. Diese erwarteten einen unerschwinglich teuren Schutz, unterschätzten das Klimawandelrisiko oder glaubten, dass die Absicherung eine Aufgabe des Staates sei. Die Versicherer ermunterte Hielkema, ihr Knowhow in Sachen Prophylaxe einzusetzen.

Europaweit sinken zudem die gesetzlichen Rentenversorgungen, auch eine Folge der Demografie. Das fordere die Versicherer in ihrer Rolle als private Altersvorsorgeanbieter. Mit einem Blick auf den Vorschlag der EU-Kommission einer Kleinanlegerstrategie mahnte Hielkema, zur Vermeidung eines möglichen Provisionsverbots mehr Transparenz zu leisten und keine Kosten in den Produkten zu verstecken.

Zu viele Herausforderungen auf einmal

In einer Podiumsdiskussion beklagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV), Jörg Asmussen, die überbordenden Berichtspflichten, beispielhaft im Bereich Nachhaltigkeit. "Rund 1.000 Datenpunkte" müssten neu berechnet werden, um alle geforderten Berichte zu erstellen. Er plädierte für eine Abkehr von einem "Compliance- hin zu einem Impact-orientierten Reporting".

Auch Provinzial-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Breuer beklagte, dass zu viele Themen gleichzeitig operativ abzuarbeiten seien. Früher habe man zwar auch Herausforderungen gehabt, heute gelte dagegen, "keines dieser Themen arbeitet sich ab". Als großer Gebäudeversicherer trieb ihn die Sorge um die Schadeninflation um, die "krisenhafte Züge" annehme. Dasselbe gelte für die Kraftfahrzeugversicherung. Breuer forderte mehr "strategische Proportionalität“

Die Jahreskonferenz Versicherungsaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wurde zur Verabschiedung von Dr. Frank Grund genutzt, der nach acht Jahren Ende September in den Ruhestand eintritt. Die Nachfolge ist laut BaFin-Präsident Mark Branson „geregelt, aber noch nicht kommunizierbar“.

Niedrigzinsphase überwunden

Laut Branson ist die Versicherungswirtschaft „verhältnismäßig glimpflich“ durch die Niedrigzinsphase gekommen. Nun rücken andere Themen wie unter anderem der Verbraucherschutz in den Vordergrund. Insgesamt sei die BaFin sehr gut aufgestellt, auch im internationalen Vergleich.

Dennoch hatte die BaFin vor kurzem eine schlechte Note für ihre Arbeit von der Europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA erhalten, zusammen allerdings auch mit vielen anderen Aufsichtsbehörden. Das hat keinen negativen Einfluss auf die offensiv gezeigte gute Zusammenarbeit, erneut war EIOPA-Chefin Petra Hielkema eine der Sprecherinnen dieser Veranstaltung.

Nachholbedarf bei Cyber-Schutz und Produktentwicklung

Grund ging in seinem Vortrag auf drei Schwerpunkte ein. Zur Digitalisierung kritisierte er die Erkenntnisse der BaFin aus Prüfungen (VAIT) als in vielen Fällen "ernüchternd". Der Schutz vor Cyber-Attacken müsse besser werden.

Das Konsumentenverhalten hat sich laut Grund sehr geändert, auch Versicherungsentscheidungen werden internetgetrieben "schneller, bequemer" getroffen, aber auch mit dem Risiko der Fehlentscheidung aufgrund ungeeigneter Informationen. Die Versicherer sollten dieses Risiko ernstnehmen und in der Produktentwicklung berücksichtigen.

Sein dritter Schwerpunkt war die Umsetzung der Solvenzrichtlinie Solvency II. Die BaFin habe "in der Praxis erstaunlich kreative Ansätze" bei der Ermittlung von Solvenzquoten gesehen, kritisierte Grund. Insbesondere störe die Aufsicht, wenn die stark gestiegene Inflation nicht rechtzeitig in die Tarife eingepreist werde. Zudem habe man einige fragwürdige Rückversicherungskonstruktionen beobachtet.

Zu wenige Elementardeckungen

Auch das Thema Nachhaltigkeit und hier besonders die Naturkatastrophenschäden trieben Grund um. Europaweit sei die Abdeckung mit Elementarschadendeckungen sehr niedrig, mit nur etwa 25 Prozent der Risiken. In Deutschland sehe es noch relativ besser aus mit knapp über 50 Prozent Versicherungsabdeckung, aber eben auch nicht ausreichend. Grund sieht Bedarf für eine intensive Aufklärung, mahnte zudem risikogerechte Prämien an.

Auch für EIOPA-Chefin Hielkema ist die fehlende Elementardeckung vieler Risiken ein Problem. Die EIOPA habe dazu Marktforschung betrieben und festgestellt, dass ein Hauptgrund eine fehlerhafte Wahrnehmung der Kunden sei. Diese erwarteten einen unerschwinglich teuren Schutz, unterschätzten das Klimawandelrisiko oder glaubten, dass die Absicherung eine Aufgabe des Staates sei. Die Versicherer ermunterte Hielkema, ihr Knowhow in Sachen Prophylaxe einzusetzen.

Europaweit sinken zudem die gesetzlichen Rentenversorgungen, auch eine Folge der Demografie. Das fordere die Versicherer in ihrer Rolle als private Altersvorsorgeanbieter. Mit einem Blick auf den Vorschlag der EU-Kommission einer Kleinanlegerstrategie mahnte Hielkema, zur Vermeidung eines möglichen Provisionsverbots mehr Transparenz zu leisten und keine Kosten in den Produkten zu verstecken.

Zu viele Herausforderungen auf einmal

In einer Podiumsdiskussion beklagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV), Jörg Asmussen, die überbordenden Berichtspflichten, beispielhaft im Bereich Nachhaltigkeit. "Rund 1.000 Datenpunkte" müssten neu berechnet werden, um alle geforderten Berichte zu erstellen. Er plädierte für eine Abkehr von einem „Compliance- hin zu einem Impact-orientierten Reporting“.

Auch Provinzial-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Breuer beklagte, dass zu viele Themen gleichzeitig operativ abzuarbeiten seien. Früher habe man zwar auch Herausforderungen gehabt, heute gelte dagegen, "keines dieser Themen arbeitet sich ab". Als großer Gebäudeversicherer trieb ihn die Sorge um die Schadeninflation um, die "krisenhafte Züge" annehme. Dasselbe gelte für die Kraftfahrzeugversicherung. Breuer forderte mehr "strategische Proportionalität" und nicht immer neue, unkoordinierte Anforderungen.

Alle müssen schneller werden

Dem entgegnete allerdings BaFin-Präsident Branson, seine schlechte Nachricht für die Branche sei, "wir haben kein Bremspedal". Es gebe nur eine Chance, die Branche müsse lernen schneller zu agieren und verschiedene, komplexe Herausforderungen parallel zu meistern. Das gelte auch für die Aufsicht, die er ebenfalls noch nicht in jeder Hinsicht darauf vorbereitet sieht.

Hielkema ergänzte den Appell, die Branche solle sich mehr Gedanken machen, welche "Story" sie der Öffentlichkeit erzählt, warum sie wichtig ist. Das fördere das Verständnis für die Bedürfnisse dieser wichtigen Branche. Dazu führte sie selbst das Schlagwort "Financial Health" ein.

Alte Streitthemen beim Thema Vertrieb und Kosten

In einer weiteren Paneldiskussion zum Thema Verbraucherschutz stellte GDV-Vertriebschefin Elisabeth Stiller bezogen auf das BaFin-Merkblatt zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherung die Frage, ob man einen Kundennutzen allein in Zahlen messen könne. Auch das Verbraucherverhalten solle stärker beachtet werden, die Behavioral Finance-Forschung liefere dafür Ansatzpunkte.

Für die Bürgerbewegung Finanzwende e.V. unterstützte Britta Langenberg eine Aussage des BaFin-Präsidenten, dass Verbraucherschutz mehr sei als nur zu verhindern, dass Versicherer pleitegehen. Sie nannte die Kosten der Versicherungen, die Verkaufspraktiken und die Transparenz als Probleme, die gelöst werden müssten. Insbesondere wendete sie sich auch gegen sowohl den Provisionsverkauf als auch die Selbsttitulierung der Verkäufer als "Berater".

Der Leiter des Bereichs Verbraucherschutz bei der Bafin, Christian Bock, beklagte einen "Overload an Informationen für die Kunden". Gleichzeitig müsse mehr für die Finanzbildung der Kunden getan werden, daher beteilige sich die BaFin auch an der Initiative des Bundesfinanz- und des Bundesbildungsministeriums zur Förderung der Finanzkompetenzen.

Harte Gespräche zu Vertriebspraktiken

Axel Oster, Abteilungsleiter der Versicherungsaufsicht, wies auf verschiedene Aktivitäten der Behörde hin und betonte, dass der Verbraucherschutz längst kein Nischenthema mehr sei. So seien beispielsweise einige Versicherer auf zu hohe Kosten in der Lebensversicherung hin angesprochen worden, auch Provisionsexzesse habe man aufgedeckt. "Es geht um die schwarzen Schafe" meinte er, und diese Gespräche seien "überhaupt nicht angenehm" für die Versicherer.

Zum Thema Onlinevertrieb von Versicherungen betonte BaFin-Vertreter Bock, dass dieser Chancen für Kunden wie die Branche biete. Allerdings beklagt er, dass man keine flächendeckend günstigeren Prämien beobachten könne. Gleichzeitig betonte er allerdings auch, dass die allgemeine Beratungspflicht nach VVG im Onlinevertrieb bestehen bleibt. Es sei nicht zulässig, den Online-Abschluss von einem Beratungsverzicht abhängig zu machen, wie er anhand eines Beispiels ausführte.

Autor(en): Matthias Beenken

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