Vermittler auf Offenlegung der Vergütung schlecht vorbereitet

Spätestens mit der Umsetzung der Vermittlerrichtlinie II (IMD2) müssen Versicherungsmakler und -vertreter damit rechnen, ihren Kunden teils ungefragt, teils auf Nachfrage mitzuteilen, von wem sie in welcher Form vergütet werden. Das wird für sehr viele Vermittler negative Folgen haben.

Die "Financial Times Deutschland" zitierte vergangene Woche aus einem Entwurf der Vermittlerrichtlinie, die derzeit überarbeitet wird. Nach den Vorstellungen zumindest des EU-Binnenmarktkommissars Michel Barnier sollen mit Inkrafttreten der IMD2 Vermittler potenzielle Interessenkonflikte offenlegen, die aus der Bezahlung durch die Versicherer resultieren. Weiter heißt es, dass bei Lebensversicherungen - man wird davon ausgehen müssen, dass auch die nach Art der Lebensversicherung kalkulierten Krankenversicherungen ebenfalls erfasst werden - die Provision oder Courtage für die Vermittlung genannt werden muss. Bei anderen Versicherungssparten soll dies nach drei Jahren Übergangszeit ebenfalls gelten, vorher aber zumindest ein Recht auf Nachfrage des Kunden verankert werden.

Rechtfertigungspflicht steigt
Unabhängig davon, dass diese Vorstellungen erst noch durch die Abstimmungen EU-Kommissions-intern und anschließend mit allen Mitgliedsländern durchgesetzt werden müssen und allein die Lobbyarbeit verschiedener Verbände und Institutionen auf die endgültige Ausgestaltung Einfluss nehmen wird, müssen Vermittler diese Botschaft ernst nehmen. Sie bedeutet, dass Vermittler stärker als bisher rechtfertigen müssen, was sie für ihr Geld leisten. Speziell Versicherungsmakler müssen zudem stärker rechtfertigen, ob sie Versicherungsprodukte wirklich nur objektiv nach dem Maßstab auswählen, was für den Kunden besonders geeignet erscheint, oder ob die Vergütung und Nebenleistungen wie Wettbewerbe und andere Anreize eine Rolle spielen.

Darauf sind die Vermittler bisher nur wenig vorbereitet. Nach einer aktuellen Umfrage sieht noch jeder dritte Vermittler in der Offenlegung der Abschlusskosten in der Lebens- und Krankenversicherung eine hohe Belastung für die unternehmerische Führung und Gestaltung ihres Betriebs. Auch wenn das noch stärker für Ausschließlichkeitsvertreter gilt, hat auch jeder vierte Makler Probleme mit dieser Offenlegung. Und dass, obwohl betroffene Vermittler immerhin noch darauf hinweisen (bei hohen individuellen Provisionen allerdings auch einfach nur behaupten) können, dass in den aufgezeigten Kosten auch solche des Versicherers enthalten sind. Ganz entspannt geht nur knapp über die Hälfte der Makler mit der Offenlegung um.

Ein weiteres, beispielhaftes Umfrageergebnis: Ein Drittel der Makler dokumentiert Beratungen im standardisierten Geschäft nicht. Selbst im haftungsmäßig noch problematischeren Vorsorge- und Gewerbegeschäft ist die Dokumentation für jeden zehnten Makler keine Selbstverständlichkeit. Diesen Maklern wird die Rechtfertigung ihrer Vergütung schwerer fallen.

Kostentransparenz erfordert Kenntnis der Kostentreiber
Makler können auf die Herausforderungen einer Kostentransparenz dadurch reagieren, dass sie verstärkt Honorarvermittlung anbieten. Das wiederum setzt allerdings eine intime Kenntnis der eigenen Kostenstrukturen voraus, um eine sachgerechte Kalkulation durchführen zu können. Beispielsweise müsste ein Makler wissen, wie viel Arbeitszeit einerseits der einzelne Kunde und andererseits die Bearbeitung bestimmter Vorgänge in der Kundengewinnung und -beratung, in der Kundenbetreuung und Schadenregulierung kostet.

Tatsächlich schätzt aber bisher nur gut die Hälfte der befragten, knapp 300 Makler die Kenntnis der Bearbeitungszeit für ihre Arbeitsprozesse als wichtig ein, und weniger als ein Drittel erfasst diese auch. Bei Ausschließlichkeitsvertretern liegen die Quoten jeweils noch etwas geringer.Und nur rund vier von zehn Vermittler übergeben ihren Kunden regelmäßig eine Leistungsbeschreibung, beispielsweise per Firmenbroschüre, aus der Kunden erkennen können, welche Dienstleistungen sie erwarten können. Auch das wäre jedoch wichtig, um eine transparente Vergütung begründen zu können.

Folgen für Vermittler und Staat
Vermittler müssen umdenken und ihre Dienstleistungen stärker planen und standardisieren. Das für Verkäufer typische Bauchgefühl, dass man alles für seinen Kunden tue, reicht nicht mehr. Denn es beruht meist auf einem sehr intensiven Kontakt nur zu einem kleinen Teil des gesamten Kundenbestands. Rein objektiv gesehen wird die Mehrheit der Kunden bisher nicht regelmäßig bedarfsgerecht angesprochen, beraten und betreut. Wenn diese Kunden dann noch mitgeteilt bekommen, dass sie mehrere 100 bis mehrere 1.000 Euro für den Abschluss eines Vorsorgevertrags bezahlen sollen, kann man ihnen nicht verdenken, wenn sie kritische Fragen stellen und den Abschluss verweigern.

Für die Umsetzung in Deutschland wird es aber entscheidend sein, ob man diese zunehmende Abschlussverweigerung und damit einhergehend einen Schwund an Vermittlungsbetrieben als Kollateralschaden eines vermeintlich besseren Verbraucherschutzes hinnehmen will. Wenn allerdings der Staat den Ausbau privater Vorsorge auch zur Entlastung von künftigen Sozialhilfen und Grundsicherungen fördern will, muss er dies verhindern. Er muss Vermittlern helfen, ihre Tätigkeit auch dann noch wirtschaftlich fortsetzen zu können, wenn absehbar die bisher gewohnten Abschlussprovisionen in den Personenversicherungen wegfallen oder schrumpfen.

Vermittler stärker unterstützen
Da gäbe es eine Reihe überlegenswerter Ansätze. Dazu zählen beispielsweise staatlich subventionierte Existenzgründerkredite. Denn von privaten Banken Geld für den Aufbau eines Vermittlungsbetriebs zu bekommen, ist fast aussichtslos. Bis aber aus Kundenbeständen und damit aus laufenden Vergütungen ein Vermittlerbetrieb tragfähig ist, dauert es etliche Jahre. Bisher hilft noch die Abschlussprovision über diese Durstrecke. Auch eine Vorsteuerabzugsberechtigung würde Vermittlern sehr helfen, Investitionen zu tätigen.

Und wenn ein Makler eine absolut unabhängige, nur vom Kunden bezahlte Beratung anbietet, ist nicht einzusehen, dass der Kunde hierfür nicht eine Förderung analog derjenigen bekommen soll, die auch die Verbraucherzentralen für sich in Anspruch nehmen. So kostet nach Erkenntnissen der Zeitschrift "Finanztest" aus dem Jahr 2009 eine Stunde Beratung in einer Verbraucherzentrale zwischen 30 und 100 Euro. Die nicht staatlich subventionierten Berater müssen dagegen zwischen 100 und bis zu 300 Euro nehmen. Ein staatlicher Zuschuss von rund 75 Euro pro Stunde Beratung durch einen Makler sollte daher ausreichen, die Wettbewerbsgerechtigkeit gegenüber den Verbraucherzentralen wiederherzustellen.

Eins muss allen Beteiligten klar sein: Verbraucherschutz kostet Geld.

Autor(en): Professor Dr. Matthias Beenken

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