Vermittler schließen sich enger zusammen

Die Politik überbietet sich gegenseitig mit Vorschlägen zur Regulierung und nachhaltigen Veränderung des Versicherungsvertriebs. Im Gegenzug organisieren sich Versicherungsvermittler stärker, wie das Beispiel des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) zeigt.

Der Richtlinienvorschlag IMD2 der Europäischen Kommission stellt nichts anderes als einen Paradigmenwechsel dar. Die Idee einer Öffnung des Europäischen Binnenmarktes für Versicherungsvermittler und der Förderung des Wettbewerbs steht nicht mehr im Vordergrund.

Richtlinie verfolgt neue Ziele
Stattdessen will die EU-Kommission laut ihren Begründungen zur Richtlinie den Verbraucherschutz beim Erwerb von Versicherungen und verwandten Finanzdienstleistungen stärken. Deshalb umfasst die Richtlinie künftig nach den Vorstellungen der Autoren auch jeglichen Weg, über den Kunden an Versicherungsprodukte kommen, und nicht nur den Kontaktweg über selbstständige Vertreter und Makler.Dadurch enthält der Richtlinienvorschlag aber eine Reihe Regulierungsansätze, die gerade den selbstständigen Vermittlern das Leben künftig schwerer machen können.

Am stärksten diskutiert werden die Vorschläge zur Offenlegung der Vergütung, die speziell bei sogenannten PRIP-Produkten noch von einem Provisionsverbot für unabhängige Vermittler begleitet werden sollen. Auch wenn die Verbände derzeit herausstellen, dass wenigstens ein generelles Provisionsverbot für Makler verhindert werden konnte, führt der derzeitige Ansatz der Kommission doch zum Verbot für die Lebensversicherung durch die Hintertür.

Denn erstens steht bisher nicht fest, was alles unter "Lebensversicherungsprodukten mit Anlageelementen", also PRIP-Produkten, verstanden werden soll. Und zweitens ist es praktisch schwer vorstellbar, dass es gelingen kann, in einer Kundenberatung flexibel zwischen Honorar- und Courtageberatung zu wechseln, je nach dem, welches Versicherungsprodukt letztendlich angeboten werden soll.

Schwache Lobby
Neben der Versicherer- fehlt aber eine starke, einheitliche Vermittlerlobby, die als Sprachrohr der Vertreter und Makler auf die weitere Ausgestaltung der Richtlinie und anschließend ihrer Umsetzung ins deutsche Recht Einfluss nehmen kann. Die derzeitige Abfolge von politischen Vorschlägen zur Regulierung der deutschen Vermittler zeigt, dass sich die Politik sehr ernsthaft und durchaus kenntnisreich mit der Situation auseinandersetzt.

Insbesondere das vorletzte Woche verabschiedete Positionspapier der Grünen-Bundestagsfraktion lässt Sachkenntnis und differenzierte Ansätze zur Änderung des Provisionsvertriebs und der Beaufsichtigung von Vermittlern erkennen.Im Kern aber überbieten sich die Vorschläge gegenseitig, angefangen vom Bundesverbraucherschutzministerium über ein Papier der SPD-Bundestagsfraktion im vergangenen Jahr bis hin zu den aktuellen Vorschlägen der Grünen. Die Zielrichtung wird immer schärfer herausgearbeitet, den heutigen Vertrieb zurückzudrängen und durch eine neue Art von verbraucherschützender Beratung zu ersetzen.

Nicht beantwortet wird allerdings in allen Positionspapieren die entscheidende Frage, mit welchen Instrumenten die Kunden dazu gebracht werden, künftig eigeninitiativ im notwendigen Ausmaß eine dann auch noch unmittelbar kostenpflichtige Beratung nachzufragen. Hier ist es den Versicherern und Vermittlern bisher nicht gelungen, der Politik deutlich zu machen, wie sehr im Verbrauchergeschäft und insbesondere bei den sozialpolitisch besonders im Fokus stehenden Verbrauchern mit mittleren bis geringen Einkommen eine aktive Ansprache der Kunden nötig ist. Diese erfolgt aber nur, wenn der Berater hierzu auch einen – ausreichenden – wirtschaftlichen Anreiz erhält.

Beitritte von Vermittlergruppen stärken BVK
Allmählich aber formieren sich die Vermittler und organisieren sich stärker. Ein Beispiel dafür ist der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), dessen Mitgliederzahl in den vergangenen rund 20 Jahren von schätzungsweise 17.000 auf unter 10.000 gefallen ist.

Zwar rechnete der BVK in der Vergangenheit stets die Mitglieder von Hausvereinigungen der Ausschließlichkeitsvertreter hinzu, um sich so als Sprachrohr einer erheblich höheren Anzahl an Vermittlern darzustellen. Angesichts von über 250.000 im Vermittlerregister eingetragenen Vermittlern und der offenkundigen Verluste „echter“ Mitglieder ist dies aber immer noch keine komfortable Situation.

Doch der BVK fährt seit kurzem eine neue Strategie. Zwei Hausvereinigungen großer Versicherer haben sich dem Verband über eine Rahmenvereinbarung direkt dem BVK angeschlossen und die Mitgliederzahl des Verbands ansteigen lassen. Vergangene Woche gab der Verbund vfm, dem nach eigenen Angaben 300 Makler und Mehrfachvertreter angehören, den geschlossenen Beitritt zum BVK bekannt.

Dadurch steigt auch der Anteil der bisher im BVK seltener vertretenen unabhängigen Vermittler.Gerade in diesem Bereich gibt es bisher immer noch eine zersplitterte Interessenvertretung, vom traditionsreichen Hamburger VDVM über AfW, Votum, BMVF und weitere Verbände mit teilweise mikroskopisch kleinen Anteilen am gesamten Vermittlermarkt. Abzuwarten bleibt, ob sich auch hier der Trend eines stärkeren Zusammenschlusses in Zeiten der regulierungsgeschuldeten Not der selbstständigen Vermittler fortsetzt.

Bild: © Gerd Altmann/

Autor(en): Professor Dr. Matthias Beenken

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