Vermittlerschwund und Fusionswachstum

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Der klassische Versicherungsvertrieb steht unter enormen wirtschaftlichen Druck. Die Zahl der Vermittler sinkt weiter. Gleichzeitig nehmen im Maklermarkt Bestandsübernahme und Fusionen zu. Doch viele Versicherungsmakler bleiben trotzdem selbstständig. Und immer öfter arbeiten Einfirmenvermittler künftig als Versicherungsmakler. Ein Grund ist der hohe Transparenzdruck vor allem in der Schaden- und Unfallversicherung sowohl im gewerblichen wie im privaten Bereich.

Seit Anfang 2020 hat sich die Zahl der gebundenen Versicherungsvertreter um fast acht Prozent oder 8.715 Berufsträger verringert. Das geht aus der jetzt veröffentlichen Vermittlerstatistik der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) hervor. Es sind die ersten Zahlen, die die DIHK nach einem Hackerangriff im August 2022 wieder veröffentlicht. Versicherungsmakler konnten im Vergleich zu 2020 leicht zulegen. Die Zahl der Versicherungsberater ist stabil. Sie spielen im Markt aber angesichts der sehr geringen Zahl der Tätigen kaum eine Rolle.

Entwicklung wird durch Überalterung verstärkt

Frühere Erhebungen zeigen, dass Ausschließlichkeitsvermittler in der Regel über eine deutlich geringere Vertragszahl pro Kunden verfügen, weil sie erst in der letzten Zeit stärker einen ganzheitlichen Beratungsansatz verfolgen. Demgegenüber spielt der scharfe Produkt- und Preiswettbewerb in der Schaden- und Unfallversicherung Versicherungsmakler in die Hände. Sie können Produkte über den gesamten Markt anbieten und erfüllen somit den Trend zum Vergleich, der von Internetversicherungsmaklern, vor allem Check 24, forciert wird. Zudem hatten Versicherungsmakler schon immer einen ganzheitlichen Beratungsansatz gehabt, der in eine deutlich höhere Cross-Selling-Quote mündet. Daher ist es kein Wunder, dass ihre Bestände besonders beliebt sind und es derzeit einen starken Trend zur Bestandsübernahme und zur Fusion von Unternehmen gibt. Diese Entwicklung wird durch Überalterung der Versicherungsmakler – viele stehen unmittelbar vor dem Ruhesstand – und hohe Investitionen in die digitale Struktur der Unternehmen verstärkt.

Vermittlerschwund Policen Direkt

Policen Direkt verzeichnet mehr Übernahmen

So steigert etwa der Frankfurter Versicherungsmakler Policen Direkt seine Expansionsbemühungen. Insgesamt meldet das Unternehmen, dass die Maklernachfolge als Geschäftsmodell betreibt, 72 Bestandsübernahmen für das Jahr 2022. Das Bestandscourtagevolumen dieser Bestände liegt bei knapp vier Millionen Euro. Der Wert der übernommenen Bestände habe sich damit gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Die übernommenen Kunden werden vom Policen Direkt-Serviceteam persönlich betreut. Zudem steht ihnen ein digitaler Versicherungsmanager zur Verfügung. Makler können in einer Übergangsphase vor Abgabe des Bestands als Maklerpartner mit Policen Direkt kooperieren. Als besonderes Erfolgsmodell promotet Policen Direkt die sogenannte „Lebensrente“. Dabei erhalten Makler zwischen 90 und 100 Prozent ihrer Bestandscourtagen ein Leben lang als Kaufpreis.

Viele Verkäufer im Rentenalter

Laut Policen Direkt sind fast drei Viertel der Verkäufer zwischen 55 und 70 Jahre alt. Der überwiegende Teil der Bestandsübernahmen des Jahres 2022 wurde über Empfehlungen eingeleitet. „Makler, die eines unserer Rentenmodelle gewählt haben, sehen ihre Kunden bei uns in besten Händen und empfehlen uns weiter. Das ist die Basis unseres starken Wachstums“, so Efstratios Bezas, Leiter der Abteilung Maklernachfolge bei Policen Direkt. Viele Makler wären zudem bereits seit Jahren mit Policen Direkt zum Thema Nachfolge im Austausch. „Für kleinere Einzelmakler und Maklerunternehmen sind es weiterhin schwierige Zeiten“, meint Bezas. So führten derzeit Prämienerhöhungen und die prekäre wirtschaftliche Lage zu deutlich mehr Serviceanfragen der Kunden als früher. Gleichzeitig gestalte sich die Personalsuche für kleinere Makler sehr schwierig.

Unser Lesetipp für Sie

Wie sich der Maklermarkt in der Zukunft entwickelt, ist auch zentraler Inhalt der aktuellen Titelgeschichte des Versicherungsmagazins „Die Großen fressen die Kleinen“ (01/2023). Hier gibt es zudem ein ausführliches Interview mit den Geschäftsführern von Policen Direkt und ihren Plänen für 2023.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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