Versicherer im digitalen Flow

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Mehr als 90 Prozent der Befragten im Versicherungswesen sind laut einer Lünendonk-Studie "Versicherungen 2020 - Trends, Technologien und Geschäftsmodelle" davon überzeugt, dass zur Differenzierung im Wettbewerb zwar aktuell noch die klassischen Tugenden des Vertriebs, wie Beratungsqualität, Markenimage, Kundennähe sowie Geschwindigkeit in der Schadenbearbeitung und der Kundenkommunikation zählen.

Doch 2020 werden die Smartphone- und web-basierten Anwendungen in ihrer Bedeutung als Differenzierungsmerkmale zu diesen Faktoren aufschließen, heißt es beispielsweise im gemeinsamen Trendpapier von der Lünendonk GmbH und weiteren Partnern wie Bearingpoint.

Sechs Schritte auf dem Weg in die Digitalisierung 

So besaßen 83  Prozent der Verbraucher 2016 ein Smartphone Das hat Folgen für die Kommunikationskette und den Dialog mit Versicherern. Denn die mobilen Kunden erwarten "jetzt und sofort Antworten, wenn sie unterwegs Produkte, Angebote und Preise recherchieren oder etwas bestellen wollen", erklären Oliver Carlsen, Thomas Dietsch und Sascha Wollenberg im Springer-Handbuch Versicherungsmarketing.

Sie empfehlen ein sechsstufiges Modell für die Digitalisierung des Kundendialogs im Versicherungswesen, mit dem Unternehmen folgende Fragen für sich klären können:

  1. Die Bestandsaufnahme: Wie sieht das Kundenerlebnis heute aus?
  2. Die digitale Vision: Was will das Unternehmen zukünftig erreichen?
  3. Die Leitplanken: Wie werden die Grenzen des Projekts definiert?
  4. Die digitale Agenda: Welche digitalen Projekte und Lösungen will das Unternehmen künftig umsetzen?
  5. Die Umsetzung: Wie sollen die digitalen Projekte umgesetzt werden?
  6. Das Controlling beziehungsweise. die Validierung: Hat das Unternehmen die gesteckten Ziele erreicht und welche Anpassungen sind künftig notwendig?

Den Umbruch in der Kommunikation, der Kundenansprache und etwa in den Vertragsabschlussprozessen bestätigen auch Thesen von Adesso Insurance Solutions: Danach gilt: "Immer schneller, weiter, höher." Früher vor allem im Kapitalmarkt angesagt, werde dieser Grundsatz "auch für die Versicherungsbranche immer relevanter", schreibt Josephine Benkert, Bereich Marketing und Kommunikation, in einem Online-Blog des Unternehmens.

Auf der einen Seite werde der Vertragsabschluss, die Pflege und das Kündigen von bestehenden Versicherungsverträgen 2020 immer einfacher, andererseits nehme das Bedürfnis der Kunden nach zeitlich unabhängigen und individuellen Vertragslösungen im Versicherungsbereich zu. Als Treiber dafür wird Künstliche Intelligenz (KI)  und Machine Learning mit digitalen Assistenten wie Chatbots explizit in der Kundenbetreuung, Datenverarbeitung und Analyse zunehmend bedeutsamer.

KI wird Ankertechnologie

Denn gerade in der Schadenbearbeitung oder bei klassischen Verwaltungsaufgaben wird KI in der Assekuranz wohl künftig am meisten ihre Trümpfe ausspielen. 44 Prozent der Versicherer haben das in einer Uniserv-Umfrage von 2019 bestätigt.

Ein Stück weit entwickelt sie sich also zur künftigen Ankertechnologie im Versicherungsvertrieb, zum Beispiel schon jetzt bei digitalen Antragsstrecken. Darüber hinaus ist KI hauptsächlich hilfreich bei der Datenanalyse. Doch die Technologie hat neben Vorteilen auch Tücken, wie Beat Hofmann, Mitbegründer von Triangulum, in einem Kommentar der Zeitschrift "Versicherungswirtschaft" (Ausgabe 8 | 2019) feststellt. Denn nicht die Masse an Daten, die den Begriffen Big Data und Data Mining zugrunde liegt, mache es aus, sondern deren Qualität und Relevanz, so Hörmann, und warnt: "KI nur auf einen beliebigen Datenhaufen angesetzt erzeugt heiße Luft."

Matthias Beenken sieht mit Blick auf die "Zukunft des Versicherungsvertriebs" vor allem in den dahinterstehenden Prozessen, die Digitalisierung und KI ermöglichen, viel Potenzial für Versicherer, die den digitalen Drive für sich nutzen. Chancen steckten für sie "in weitaus besseren Prozessen, höherer Transparenz und Flexibilität im Umgang mit den Kunden." Dadurch könnten die Anbieter ihre Angabe wirksamer differenzieren und Wettbewerbsvorteile erzielen, aber auch "ihre Kunden besser verstehen und zufriedenstellen". ("Versicherungsvertrieb"), erklärt der Springer-Autor.

Autor(en): Eva-Susanne Krah

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