Versicherungsbranche stoppt ihre Imagekampagne

Die Ende 2009 gestartete Imagekampagne des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wird nicht fortgesetzt. Grund ist laut GDV die Euroschuldenkrise. Vor ihrem Hintergrund hätte eine Ansprache der gesamten Bevölkerung einen deutlich höheren Mitteleinsatz erfordert. "Dafür gab es kein Votum", so GDV-Pressesprecherin Ulrike Pott.

Spekulationen, dass Werbeauftritte anderer Versicherer, die Branchenkampagne konterkariert hätten, weisen Betroffenen, wie der Ergo-Konzern, zurück. "Wir glauben fest an den Wert unseres Auftritts "Versichern heißt verstehen", sagt Ergo-Sprecher Alexander Becker. "Mit dieser Werbung sollte niemandem geschadet werden." Grund des Einsatzes sei aber die Analyse gewesen, dass die Branche insgesamt mit einem negativen Image zu kämpfen habe.

Tritt vor das eigene Schienbein
"Mit unserem Werbeauftritt treten wir uns selbst ein wenig vor das Schienenbein", so Becker. 2012 wird die Ergo-Kampagne, die in diesem Jahr rund 50 Millionen Euro gekostet hat, in abgeschwächtem Umfang weiterlaufen. "Möglich ist, dass wir etwas modifizieren", so Becker. Die Kernaussage werde aber auf jeden Fall erhalten bleiben. Zum Aufwand der Branchekampagne, der laut Financial Times Deutschland jährlich bei 18 Millionen Euro gelegen haben soll, will der GDV keine Stellung nehmen. Insgesamt sei die Imagewerbung aber erfolgreich gewesen. "Regelmäßige Messungen zeigen, dass es gelingt, Versicherungsthemen sympathisch und emotional zu transportieren", so Pott. Konkrete Analysezahlen bleibt der GDV aber schuldig.

Echte Menschen von Verbrauchern als glaubwürdig gesehen
Die Versicherungslobby geht aber davon aus, dass mit dem Kernansatz der Kampagne, "echte" Menschen authentisch über ihren Absicherungsbedarf und ihre Versicherungen erzählen zu lassen, überdurchschnittliche hohe Glaubwürdigkeitswerte erreicht wurden. Pott: "Kampagnenkenner haben ein signifikant positiveres Bild von Versicherungen als Nichtkenner." Anfang 2011 Jahres startete die zweite Phase der Kampagne – eine Bustour durch ganz Deutschland (ihre-versicherer.de). Vor Ort wurden mit Passanten nationalen TV-Spots und regionalen Anzeigen und Plakate produziert.Zudem hat das Informationszentrum der deutschen Versicherer Fragen der Bürger vor Ort beantwortet.

Unternehmensberatung erachtet die Kampagne als gut
Positiv wird die Branchenkampagne von der Kölner Unternehmensberatung YouGovPsychonomics AG beurteilt. "Die GDV-Kampagne war im Großen und Ganzen gut. Sie erhielt einige Anerkennung bei den Verbrauchern", erklärt Psychonomics-Vorstand Oliver Gaedeke. Konkrete Daten aus der der wöchentlichen AdTracker Werbebeobachtungen nennt Gaedeke aber nicht. Probleme hätte aber die unbekannte Marke GDV verursacht. "So haben sich manche Verbraucher gefragt, ob dies eine neue Versicherung ist", so Gaedeke. Ein Konflikt mit Marken- und Branchenkampagne sei aber meist unvermeidbar.

Negative Wirkung der Ergo-Skandale?
Dem Ergo-Konzern sei mit seiner Kampagne eine Neupositionierung gelungen, so Psychonomics. Das Unternehmen habe eine unbesetzte Markenpositionierung gefunden, die ein für Kunden hoch sensibles Thema anspreche: Verständlichkeit von Versicherungen. Gaedeke: "Der implizite Burgfrieden der Assekuranz, dieses Thema zu vermeiden, konnte sich im Umfeld der Finanzkrise und den zunehmenden Verbraucherschutzbestimmungen rund um die Beratungs- und Produkttransparenz nicht mehr halten." Umstritten ist, ob die Ergo-Skandale, ausgelöst von einer Sex-Reise nach Budapest sowie unsauberen Verkaufsmethoden rund um Riester- und Lebens-Policen, das Bild der Branche in der Öffentlichkeit nicht nachhaltig geschädigt haben.

Die Folgen im Netz kann jeder noch immer in satirischen Youtube-Filmen sehen und hören. Der Film "Orgie" von Svensk Curtain hat es mittlerweile auf über 220.000 Aufrufe geschafft und ist damit deutlich erfolgreicher als der Original-Ergo-Werbeauftritt. Seit der "aufklärenden Pressekonferenz" Anfang August habe sich aber das Aufkommen von negativen und hämischen Mitteilungen über Ergo deutlich verringert, so der Konzern.
Auch Psychonomics stellt fest, dass die seit Beginn der Kampagne geringe Glaubwürdigkeit seit dem Sommer langsam zunimmt. Sie liege aber noch knapp unter dem Durchschnitt aller Versichererwerbungen.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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