Versicherungsjuristen warnen vor Fallen bei der Schadenregulierung

Nach Versicherungsschäden an Immobilien gibt es immer wieder Ärger über die angemessene Entschädigung. "Oft liegt die Entschädigungssumme, die der Versicherer zahlen möchte, deutlich unter dem Kostenvoranschlag des Handwerkers", warnte Arno Schubach von der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltsverein (DAV) auf einer Presseveranstaltung in Köln.

Wer trotzdem reparieren lasse, muss die Differenz meist aus der eigenen Tasche zahlen. „Bei der Wohngebäudeversicherung haben die Kunden keine Recht auf Instandsetzung, sondern nur auf Kostenersatz“, warnte Schubach. Der Experte rät den Kunden daher, gleich mehrere Handwerkerangebote einzuholen. „Gibt es dann immer noch Unterschiede, sollte die vom Versicherer angebotene Summe akzeptiert und der Restbetrag eingeklagt werden.“ Vorsicht sei zudem beim versicherungseigenen Reparaturservice geboten. „Die Kunden glauben, dass das der Handwerker des Versicherers sei, tatsächlich wird der Auftrag aber fast immer vom Hausbesitzer unterschrieben“, so Schubach. Bei Schlechterfüllung hätten die Kunden dann keinen Anspruch gegenüber dem Versicherer.

Oftmals Ärger nach Wasserleitungsschäden
Hausbesitzer mit älteren Immobilien müssen mit Streitigkeiten bei Schäden an Wasserleitungen rechnen. „Beliebter Trick ist die Behauptung, dass es sich gar nicht um einen Rohrbruch, sondern um einen „Muffenversatz“, also um ein rausgerutschtes Verbindungsstück handelt“, so Schubach. In anderen Fällen würde die Leistung verweigert, weil der Schaden an der Abwasserleitung angeblich außerhalb des Grundstücks liege. Hier sollten sich die Verbraucher nicht abwimmeln lassen. Bei Kamera-Befahrungen stelle sich immer wieder heraus, dass mehrere Schadstellen vorlägen und einige noch innerhalb des Gebäudes lägen und somit versichert seien.
Gleichzeitig warnte der Versicherungsjurist aber auch, nach Hagel- Sturm- oder Feuerschäden Reparaturarbeiten in eigener Regie ausführen zu lassen. „Wenn der Versicherer den Schaden nicht mehr begutachten kann, ist der in der Regel nicht bereit zu zahlen.“

Regelmäßig die Hausratsumme überprüfen
Bei Einbruchdiebstählen gibt es den meisten Ärger mit der so genannten Stehlgutliste. „Die Kunden müssen Leistungsabzügen rechnen, wenn die Liste zu spät, nicht vollständig oder nicht dem Versicherer und der Polizei vorgelegt wird“, warnte DAV-Anwältin Maria Risch. Außerdem sollte die Versicherungssumme unbedingt regelmäßig dem realen Wert des Hausrates angepasst werden. Der so genannte Unterversicherungsverzicht, der eine bestimmte Versicherungshöhe pro Quadratmeter Wohnraum vorsehe, helfe nur bei Teilschäden. „Kommt es hingegen beispielsweise bei einem Brand zu einem Totalschaden, zahlt der Versicherer immer nur bis zur Höhe der Versicherungssumme“, so Risch.

Beratungsverschulden des Vermittlers geltend machen
Bessere Karten haben jetzt nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH; Az: IV ZR 171/09) Wohngebäudekunden, die von ihrem Vermittler nicht darauf hingewiesen werden, dass die formularmäßige Wertermittlung des Versicherers ungenau ist und der exakte Wert nur durch Wertgutachten festgestellt werden kann. „In solchen Fällen kann der Kunde künftig ein Beratungsverschulden des Vermittlers geltend machen“, erläutert der Kölner Anwalt Michael Bücken.

Einzelfallprüfung bei „grober Fahrlässigkeit“
Bei groben Fehlern, etwas der vergessenen Pfanne, die einen Brand auslöst, müsse der Versicherer nun die genauen Umstände des Einzelfalls prüfen. „Eine Quotentabelle, die für bestimmte Fehler pauschale Abzüge bestimmt“, kann es somit nicht geben“, erläuterte der Kölner Anwalt Michael Bücken. Das habe aktuell der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (IV ZR 225/10).
Im vorliegenden Fall musst nun das Gericht prüfen, ob und welche Vorkehrungen der Autofahrer getroffen hat, um zu verhindern, in alkoholisiertem Zustand seine Autofahrt anzutreten oder fortzusetzen. Deutlich machte der BGH aber auch, dass die Versicherer die Leistung voll auf null kürzen können. Der betroffene Autofahrer hatte mit 2,7 Promille an seinem eigenen Auto einen Schaden von 6.400 Euro angerichtet. In diesem Zustand sei er unzurechnungsfähig gewesen. Eine pauschale Streichung der Entschädigung müsse daher von den Umständen des Einzelfalls beim Trinkbeginn abhängig gemacht werden.

Bild: © AP / Sven Bentrup

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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