VVG-Reform in der Diskussion

"Verkaufen Sie noch oder beraten Sie schon?" – in Abwandlung einer bekannten Werbung für ein schwedisches Möbelhaus stelle GDV-Präsident Dr. Bernhard Schareck diese rhetorische Frage an die Vermittler bei der Diskussion um das neue VVG am 3. April beim achten Vorlesungstag der Universität Leipzig.

Der GDV-Präsident wollte mit diesem Satz darauf aufmerksam machen, dass die individuelle Beratung der Kunden sowie die intensive Betreuung der Versicherungsbestände gerade in der Ausschließlichkeit eine gute Tradition habe. Das neue VVG fordere eine Beratung, die von der individuellen Situation des Kunden abhängig sei. Deshalb werden, so Schareck, die Vertriebe Vorteile haben, die schon immer hierauf Wert legten – statt auf den schnellen Verkauf.

Gastgeber Professor Fred Wagner, Vorstandsmitglied des Instituts für Versicherungswissenschaften an der Universität Leipzig, stellte die Frage, ob die Kunden wirklich das Produkt Lebensversicherung mit den Garantien, Überschussbeteiligungen, Schlussgewinnen und jetzt noch Bewertungsreserven verstehen. Die VVG sollte ja mehr Transparenz schaffen.

Neues Gesetz "schaft nicht mehr Geld"
Der ehemalige Ombudsmann der Versicherungswirtschaft, Professor Wolfgang Römer, meinte dazu, dass auch er nicht wisse, wie eine verursachungsorientierte Aufteilung an den Kunden aussehen soll. Das werde man zu gegebener Zeit prüfen müssen. In der Diskussion stellte Schareck klar, dass ein neues Gesetz nicht mehr Geld schaffen könne. Auch wenn die Kunden mit dem neuen VVG aus vier Töpfen bedient würden, sei die Summe der an die Kunden auszuschüttenden Beträge aus der Lebensversicherung nicht höher als vorher.

Dr. Josef Beutelmann, Vorstandsvorsitzender der Barmenia, beklagte die Umständlichkeit der neuen Vertragsabschlussmodelle. Ein Angebot einer privaten Krankenvollversicherung umfasse über 100 Seiten: "Das hat mit Verbraucherschutz nichts mehr zu tun", kritisierte er. Nach den Erfahrungen seines Unternehmens werde das Antragsmodell zu 97 Prozent favorisiert. Römer warnte die Versicherungsgesellschaften davor, beim Vertragsabschluss ein falsches Modell - etwa so wie vor der Reform - zu praktizieren, da dies später vor dem Bundesgerichtshof keinen Bestand haben dürfte.

Mit der Abschaffung des Alles-oder-nichts-Prinzips sieht Dr. Theo Langheid, Partner bei Bach, Langheid und Dallmayr, eine große Geschäftschance für Rechtsanwälte und eine Reihe von zu erwartenden Gerichtsprozessen. Dem widersprach allerdings Dr. Beutelmann, da diese Frage in der Praxis keine große Rolle spiele.

Foto: Podiumsdiskussion

Autor(en): Bernhard Rudolf

Alle Branche News