VVG und Vertrieb: Wenn der Vermittler zweimal klingeln muss ...

Das im Januar in Kraft getretene neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG) macht’s möglich: Künftig wird der Vermittler in der Regel um einen zweiten Kundenbesuch nicht mehr herumkommen. Welche Auswirkungen das VVG auf den Vertrieb hat, war unter anderem Thema des "Vertriebsforums Versicherungen 2008" des Heidelberger Forum-Instituts am 30. Januar 2008 in Offenbach.

Mit der Abschaffung des Policenmodells wird sich nach Auffassung von Dr. Stefan Segger, CMS Hasche Sigle, Köln, entweder das Antrags- oder das Invitatio-Modell durchsetzen. In beiden Modellen wird der Vermittler dem Kunden in der Regel einen zweiten Besuch abstatten müssen. Das dritte "Modell der bedingten Annahmeerklärung", das Professor Dr. Horst Baumann in die Diskussion warf, hält Segger für juristisch bedenklich und mit dem Wortlaut des VVG nicht vereinbar.

Das Antragsmodell besagt, dass der Kunde zuerst sämtliche Unterlagen erhält, beraten wird und daraufhin seine Vertragserklärung inklusive Erklärungen zu Gefahrumständen (z. B. Vorerkrankungen), Datenschutzerklärung oder auch zur Lastschriftermächtigung abgibt. Danach nimmt das Versicherungsunternehmen wie gewohnt durch Übersenden der Police und des Beratungsprotokolls (im Fall des Ausschließlichkeitsvermittlers) an. Problem ist hierbei die nach § 7 Absatz 1 VVG verlangte "Rechtzeitigkeit" der Information an den Kunden. Bei komplexeren Verträgen wie zur Altersvorsorge wird dies alles in einem Kundentermin nicht zu schaffen sein.

Am Anfang weniger beachtet, aber für Segger praktikabel, ist das Invitatio-Modell. Hier gibt der Versicherungsnehmer im ersten Termin keine Vertragserklärung ab, aber die Erklärungen zu den Gefahrumständen und andere. In diesem Termin wird der Kunde auch beraten. Das anschließende Angebot des Versicherers enthält alle notwendigen Informationen, der Kunde muss dann noch annehmen. Eine unwidersprochene Lastschrift reicht dazu aber nicht aus, meint Segger.

Stark diskutiert wurde beim Vertriebsforum auch das "Stellvertreter-Modell", wenn der Vermittler ein Versicherungsmakler ist. In diesem Fall erhält der Makler als Stellvertreter des Kunden alle Informationen vom Versicherer. Allerdings muss der Makler hierfür eine entsprechende Kundenvollmacht besitzen. Unklar ist, ob der Kunde selbst diese Informationen rechtzeitig erhalten muss, da er den Vertrag abschließt.

Bildquelle: Utz Wolfgang, Pixelio

Autor(en): Bernhard Rudolf

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