Wettbewerb hält Versicherungspreise stabil und niedrig

Die Vertragserneuerungsrunde für 2010 bescherte europäischen Unternehmen im vergangenen zweiten Halbjahr 2009 wieder - wenn auch moderate - Prämiensenkungen in den Bereichen Haftpflicht- und Sachversicherung. In den von der Finanzmarktkrise betroffenen Sparten stiegen gleichzeitig die Schäden deutlich an. Im aktuellen "Marsh Versicherungsmarkt-Report für Europa, den Mittleren Osten und Afrika" wird die Branchen-Entwicklung analysiert.

"In der Vergangenheit war die Kfz-Sparte stets ein Indikator für die Entwicklung der gesamten Industrieversicherung", sagt Dr. Georg Bräuchle, Mitglied der Zentralen Geschäftsleitung von Marsh. Das nach eigenen Angaben weltweit führende Industrie-Versicherungsmakler-Unternehmen mit seiner Tochtergesellschaft Marsh GmbH () in Frankfurt gilt mit seinem halbjährlichen Branchen-Report hierzulande als Maßstab und Barometer für Tendenzen in Assekuranz und Industrie.


Der Prämienverfall in der Autoversicherung
Die Schaden- und Unfallversicherer in Deutschland hätten die Schmerzgrenze im Prämienverfall - besonders in der Autoversicherungs-Sparte - erreicht. Nur wegen der geringen Schäden der vergangenen Jahre gehe die Assekuranz hier noch nicht an ihre Substanz. Die mit der Finanzkrise einhergehenden niedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten machten den Versicherern zudem zu schaffen, zumal sie auf ein profitables Kerngeschäft, das heißt, auf ein positives Prämien-Schaden-Verhältnis angewiesen seien. Doch nicht überall schlug der Prämienverfall durch. Bei Handels-Kreditversicherungen und Versicherungen für Finanzdienstleister seien inzwischen signifikante Preiserhöhungen an der Tagesordnung.

Aus dem halbjährlich erscheinenden Versicherungsmarkt-Report wird die Tendenz zu stagnierenden Prämien auf sehr niedrigen Niveau für das laufende Geschäftsjahr 2010 deutlich. Das zeige sich vor allem in den stark wirtschaftsabhängigen Sparten wie Kreditversicherungen und Managerhaftpflicht (D&O) ab, da sich hier der Markt im zweiten Halbjahr 2009 europaweit verhärtet habe.

"In Deutschland bleiben die Prämien für Sach- und Haftpflichtversicherungen weich", betont Bräuchle. Hierzulande seien in der Sparte Industriehaftpflicht im zweiten Halbjahr 2009 erneut geringe Prämiensenkungen die Regel gewesen. Bei besonders attraktiven Risiken seien sogar zweistellige Preisnachlässe erzielt werden. Allerdings gelten die Risiken der Chemie- und Pharmabranche und das Produkt-Rückrufrisiko nicht dazu. Vielmehr seien sie weiterhin schwieriger zu versichern als andere Wirtschaftszweige. Folglich waren hier laut Marsh-Report auch keine Prämienreduzierungen zu verzeichnen.

Marktbeobachter konstatierten in den letzten beiden Quartalen des Jahres 2009 in der Sachversicherung wieder ein aggressiveres Underwriting einzelner Anbieter. Dies besonders dann, wenn es darum ging, neue Kunden zu akquirieren und Neugeschäft zu zeichnen. Bräuchle: "Dies beflügelte den Wettbewerb und führte fallweise zu Preisnachlässen von bis zu 20 Prozent."

Nur neue Märkte bieten noch Chancen
Insider sind sich einig, dass hohe Zeichnungskapazitäten und geringe Schäden zum hohen Druck auf die Prämien beitragen, obwohl steigende Rückversicherungskosten dem entgegenwirken müssten. Lediglich bei neu entstandenen Märkten, wie beispielsweise erneuerbaren Energien, ergebe sich für die Versicherer die Gelegenheit zu echtem Neugeschäft ohne Verdrängungswettbewerb, heißt es. Im vergangenen Jahr sei dies bei innovativen Versicherungsprodukten wie der Ertragsgarantie-Versicherung für Photovoltaik-Parks der Fall gewesen.

Obwohl viele Versicherer den Angaben zufolge intensiv versucht haben, die Prämien in der Kfz-Flottenversicherung zu erhöhen, konnten sich Preiserhöhungen im Allgemeinen nicht durchsetzen. "Die Schadenkosten liegen in dieser Sparte bereits häufig über den Prämieneinnahmen", heißt es bei Marsh. So hätten sich auch einige Versicherer von Teilen ihrer Bestände getrennt, die Mitbewerber dann problemlos aufnahmen. "Trotz des weiterhin intensiven Wettbewerbs werden sinkende Kfz-Versicherungsprämien jedoch immer seltener", betont Bräuchle. Für 2010 erwartet Marsh mehrheitlich stabile bis leicht anziehende Preise.

Das Kundenrisiko besser im Blick
In der Kreditversicherung habe die Zunahme der Anzahl von Insolvenzen zu steigenden Prämien geführt; gleichzeitig sei die Rückversicherungs-Kapazität gesunken. Im Marsh-Report wird dazu vermerkt, dass einige Versicherer kurzfristig exponiert waren, bis sie sich im vierten Quartal wieder vollständig Rückdeckung verschaffen konnten. Alle Kreditversicherer haben demnach große Anstrengungen unternommen, um die Risikosituation ihrer Kunden besser einschätzen zu können. Auf Wunsch der Kunden sei deshalb mit der "Marsh Credit Performance" ein Tool entstanden, mit dem Unternehmen ihre Debitoren- und Kreditorenrisiken besser managen können. Für 2010 rechnet man bei Marsh mit einer Stabilisierung der Situation in der Kreditversicherung. "Sollten die Insolvenzen jedoch weiter ansteigen, könnten die Preise auch erneut anziehen", prognostiziert Bräuchle.

Autor(en): Ellen Bocquel, versicherungsmagazin.de

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