Wie BSV und „Bernd“ das Branchenimage beeinflussten

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Bei der Flutkatastrophe im vergangen Jahr haben die Versicherer wohl viel richtig gemacht, bei der BSV hat es eher gehakt. Die jüngste GDV-Konferenz hat dies verdeutlicht.

Auf ihrer Jahresmedienkonferenz hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) unter anderem zwei wichtige Themen angeschnitten: Die Betriebsschließungsversicherung (BSV) und die Flutkatastrophe 2021. Bei der BSV hat sie einen leichten Imageschaden erlitten, bei den versicherten Flutopfern konnte sie hingegen punkten.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Streit um die BSV gestern zugunsten der Versicherungsbranche, genauer gesagt der Axa, entschieden. Ein Sieg für die Versicherer, den sie aber nicht feiern möchten, so jedenfalls der Tenor in der GDV-Runde. Sogar viele selbstkritische Töne waren auf dieser zu hören.

Unterschiedliche Auffassungen zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern

Norbert Rollinger, Vorsitzender des Präsidialausschusses für Risikoschutz für Gesellschaft und Wirtschaft beim GDV und Vorstandsvorsitzender der R+V Versicherung, gestand bei der Medienkonferenz ein, dass die Bedingungen in den früheren BSV-Verträgen sicherlich missverständlich formuliert worden seien, so dass es zu unterschiedlichen Auffassungen zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern, wann eine Leistung zu erfolgen hat und wann nicht, gekommen sei. Dies sei sicher schlecht gewesen. Ein Umstand den Rollinger auch bedauert. Das habe aber auf Seiten der Versicherungsbranche zum Nach- und Umdenken geführt, so dass die neuen Bedingungen nun klar formuliert seien und auch von den Kunden verstanden und akzeptiert würden.

Leider würden Kritiker immer wieder hinterhältige Absichten der Versicherungsbranche vermuten. Dies hätte sich auch bei der Bayerischen Lösung, einem Vergleichsangebot der Versicherer an ihre Kunde, gezeigt. Für diesen Branchenvorstoß waren die Unternehmen teilweise scharf kritisiert worden. Und dies obwohl die BSV-Versicherer rund eine Milliarde Euro an die betroffenen Kunden ausbezahlt hätten. Bei einer sehr kleinen Sparte mit sehr überschaubaren jährlichen Beitragseinnahmen von knapp 26 Millionen Euro, wie Norbert Rollinger noch betonen wollte.  

Dass der BGH sich nun auf die Seite der Versicherer und nicht der Kunden gestellt habe, sei für ihn und seine Kollegen und Kolleginnen aber sicher kein Anlass zu triumphieren.

Auch GDV-Präsident Wolfgang Weiler betonte bei der GDV-Presserunde, dass er und seine Branchenkollegen den Unmut der betroffenen Kunden verstehen könnten, sie das Thema auch selbstkritisch angegangen wären. Trotz allem könne aber eben nur gezahlt werden, was wirklich versichert sei. Dies habe das BGH-Urteil ja nun auch klargestellt.

"Wir haben einen wichtigen volkswirtschaftlichen Beitrag geleistet"

Auch wenn der Versuch, den betroffenen Gastronomen die Hand zu reichen, wohl nicht wie gewünscht gelungen sei, sei dies bei den versicherten Flutopfern nach dem Sturmtief Bernd wohl geglückt, so die Einschätzung des GDV-Mitglieds Rollinger. Hier hätte die Branche sich große Mühe gegeben und der Öffentlichkeit gezeigt, dass auf sie Verlass ist. Das zeige sich an diversen Zahlen, die auch der GDV-Präsident Weiler, bei seinem Rückblick auf 2021 präsentierte. So hätte die Versicherungswirtschaft nicht nur rund drei Milliarden Euro an ihre Kunden ausbezahlt, darüber hinaus wären auch 16.000 Mitarbeiter der Versicherungsunternehmen vor Ort gewesen und hätten praktische Hilfe bei den Aufräumarbeiten geleistet. Zudem seien noch circa 2.500 externe Kräfte, wie Gutachter, im Einsatz gewesen. „Einen wichtigen volkswirtschaftlichen Beitrag“ hätten die Versicherer in dieser menschlichen und wirtschaftlichen Katastrophe geleistet, resümiert Rollinger das Engagement seiner Branche.

 

Nur rund 50 Prozent der Hausbesitzer gegen Elementarschäden geschützt

Verband, Versicherer und auch die Bundesländer klären seit Jahren mit Kampagnen darüber auf, wie wichtig eine Absicherung gegen Flusshochwasser und Überschwemmungen durch Starkregen sind, erläuterte Weiler noch. Zwar steige der Anteil der Wohngebäudeversicherungsverträge mit erweitertem Naturgefahrenschutz kontinuierlich an. Doch bislang hätten nur rund 50 Prozent der Hausbesitzer für diesen Schutz gegen Elementarschäden gewonnen werden können. Das sei zwar nicht wenig, aber reiche nicht wirklich aus. Weiler hofft, am Ende doch bis 80 bis 90 Prozent der Haushalte hier überzeugen zu können. „Dies müsste problemlos möglich sein“, gibt er sich optimistisch. So rechnet er schon in diesem Jahr mit weiteren guten Verkaufszahlen.

Aus diesem Grund soll auch ein ganz neues Konzept aufgesetzt werden. Dieses sieht verbindliche politische Schritte zur Klimafolgenanpassung vor, die von einem Versicherungsschutz für alle privaten Hauseigentümer flankiert werden sollen. Der konkrete Vorschlag der Versicherer sieht so aus: Der Bund eröffnet Versicherern mit Hilfe eines Überleitungsgesetzes die Möglichkeit, alle bestehenden privaten Wohngebäudeversicherungsverträge zu einem Stichtag umzustellen. Damit erhielten alle Versicherungsschutz gegen Naturgefahren. Jeder Hausbesitzer würde künftig dafür eine risikobasierte Prämie zu zahlen haben. Laut Stiftung Warentest könnten sich übrigens schon heute neun von zehn Hausbesitzern für rund 100 Euro im Jahr versichern.

Ein kleinerer und milderer gesetzlicher Eingriff

Für Hausbesitzer, die bereits gegen Elementarschäden versichert seien, würde sich nichts ändern. Immobilienbesitzer, die diesen Schutz auch in Zukunft nicht wollen, hätten die Option, aktiv zu widersprechen. Auf diese Weise würde die Entscheidungsfreiheit jedes Einzelnen gewahrt. „Das ist ein kleinerer und milderer gesetzlicher Eingriff, als Verbraucherinnen und Verbraucher staatlich zu einer Pflichtversicherung mit Kontroll- und Sanktionsmaßnahmen zu zwingen“, so Weiler wörtlich.

 

Autor(en): Meris Neininger

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