Zahlungsmoral verschlechtert sich, Verbraucherinsolvenzen nehmen zu

Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen steigt in diesem Jahr voraussichtlich leicht auf 105.000 (2011: 103.289). Grund ist die hohe private Überschuldung - jeder zehnte Erwachsene hat nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) nachhaltige Zahlungsprobleme. Überschuldung ist auch die zentrale Ursache, warum Verbraucher aktuell Rechnungen nicht wie vereinbart bezahlen. Das melden 90 Prozent der befragten Inkassounternehmen in der BDIU-Frühjahrsumfrage.

Besonders betroffen von einer schlechten Zahlungsmoral ihrer Kunden bzw. ihrer Vertragspartner sind aktuell Handwerker (56 Prozent der Inkassounternehmen bestätigen das), Vermieter (48 Prozent), der Versandhandel (38 Prozent) und Energieversorger (ebenfalls 38 Prozent).

"Die Überschuldung der Verbraucher ist ein Gift für die ganze Wirtschaft", so BDIU-Vizepräsidentin Marion Kremer. "Leider sind auch schon viele Jugendliche betroffen." Laut der BDIU-Umfrage haben junge Verbraucher (bis 24 Jahre) ein schlechteres Zahlungsverhalten als ältere Verbraucher. Gründe für die Verschuldung Jugendlicher erkennen die Inkassounternehmen in einem Elternhaus, das bereits einen schlechten Umgang mit Geld vorlebt, zu hohen Konsumausgaben, einer mangelnden Eigenverantwortung und zu wenig Kenntnissen über vertragliche Verpflichtungen. "Hier ist unser Bildungssystem gefragt", so Kremer und fordert: "Wir brauchen ein Schulfach Finanzkompetenz. Das ist ein sinnvoller Beitrag zur Schuldenprävention."

Zahlungsmoral sinkt
Eine schnellere Restschuldbefreiung im Verbraucherinsolvenzverfahren, wie sie das Bundesjustizministerium anstrebt, hält der BDIU dagegen für kontraproduktiv. "Die Hemmschwelle, Schulden zu machen, würde dadurch sinken", so BDIU-Präsident Wolfgang Spitz. "Bezahlen müssten das die Gläubiger, die ohnehin durch die ausbleibenden Zahlungen ihrer Kunden geschädigt sind." Würde das Gesetz wie vom Ministerium vorgeschlagen in Kraft treten, befürchten die Gläubigervertreter einen Anstieg der Verbraucherinsolvenzen um bis zu 20 Prozent. Derzeit halten viele Überschuldete einen Insolvenzantrag in Erwartung einer schuldnerfreundlicheren Gesetzgebung zurück.

Trotz der guten Konjunktur hat sich die Zahlungsmoral aktuell leicht eingetrübt. 22 Prozent der Inkassounternehmen melden, dass Rechnungen jetzt schlechter bezahlt werden als vor einem halben Jahr. 34 Prozent erwarten, dass sich die Zahlungsmoral bis Ende 2013 weiter eintrüben wird.

Scharfe Kritik übt der BDIU an den bekannt gewordenen Vorschlägen zu einem Inkassoregulierungsgesetz aus dem Bundesjustizministerium. Es soll Verbraucher vor unseriösem Inkasso schützen. Der BDIU befürchtet allerdings, dass dieses Gesetz seriöses Inkasso unmöglich machen würde. "Die schwarzen Schafe blieben ungeschoren", so Spitz.

Gemeinsame Strategie gegen schwarze Schafe
Um unseriöses Inkasso zu unterbinden, fordert Spitz stattdessen einen "Runden Tisch" von Bundesjustizministerium, Landesjustizministerien, Verbraucherschützern, Wirtschaftsverbänden und BDIU. Dieses Gremium soll gemeinsam den Kampf gegen Verbraucherabzocke führen.

BDIU-Mitgliedsunternehmen hätten sich zwar bereits der verbandsinternen Aufsicht unterworfen. "Wir brauchen aber eine strenge behördliche Aufsicht über alle Inkassounternehmen, auch für die Unternehmen, die wir nicht zu unseren Mitgliedern zählen - und um diese Aufsicht zu gewährleisten, müssen unbedingt die Bundesländer an Bord", so Spitz. Der BDIU-Präsident verweist in diesem Zusammenhang auf Äußerungen von Bayerns Justizministerin Dr. Beate Merk. Diese hatte eine effektivere staatliche Aufsicht über Inkassounternehmen gefordert. Behörden müssten "wirksame Mittel an die Hand gegeben werden, gegen schwarze Schafe vorzugehen".

"Unseriöses Inkasso muss bekämpft werden", bekräftigt der Branchenpräsident. "Dabei muss die wichtige seriöse Inkassotätigkeit weiter gesichert bleiben, um die Wirtschaft vor den Folgen schlechter Zahlungsmoral zu schützen und die Justiz weiterhin von Mahnverfahren und Forderungsstreitigkeiten zu entlasten. Der Gesetzgeber läuft sonst Gefahr, das Kind mit dem Bade auszuschütten."

Quelle: BDIU

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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