Das könnte Investoren nach der US-Wahl erwarten

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Kurz vor der Wahl des neuen US-Präsidenten fragen sich viele Investoren, welche Auswirkungen das Ergebnis auf die internationalen Finanzmärkte haben wird. Ein Experte des Investmenthauses Feri analysiert unterschiedliche Szenarien zum Ausgang der Wahl.

Laut  Eduard Baitinger, Head of Asset Allocation der Feri Gruppe, deuten aktuelle Prognosen auf ein so genanntes Blue Wave-Szenario hin. Dies wäre ein deutlicher Sieg der Demokraten, bei dem diese sowohl den Präsidenten als auch die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses stellen. Die Demokratische Partei stehe für höhere Steuern, mehr Regulierung und schärfere Umweltstandards und gelte als weniger wirtschaftsfreundlich als die Republikaner.

Biden außenpolitisch berechenbarer als Trump

Ein künftiger US-Präsident Joe Biden dürfte allerdings in der Außenpolitik berechenbarer handeln als Donald Trump. Geopolitische Risiken würden dadurch reduziert. Bei einem klaren Sieg Bidens wäre ab 2021 mit höheren Staatsausgaben zu rechnen, insbesondere für große Infrastrukturprogramme. Aus Sicht der Märkte hielten sich bei einer Blue Wave die negativen und positiven Aspekte die Waage. Die Gewinnaussichten der US-Wirtschaft würden insgesamt kaum geschmälert. Auf Branchenebene drohten jedoch deutliche Verschiebungen. Die Verlierer einer stärkeren Regulierung seien vor allem die Pharmaindustrie, private Krankenversicherer sowie der fossile Energie-Sektor. Mögliche Gewinner seien neben Bau und Infrastruktur, der Bereich erneuerbarer Energien.

Wie sich eine Biden-Präsidentschaft auf den Technologiesektor auswirken werde, sei weniger eindeutig. Der demokratische Kandidat habe angekündigt, die Technologieriesen bei umstrittenen Themen wie Datenschutz, Kontrolle von Inhalten und Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs stärker in die Pflicht nehmen. Auf der anderen Seite sei die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Eskalation des Tech-Krieges mit China erheblich reduziert.

Knapper Sieg für Biden - Risiko für Finanzmärkte

Wenn die progressiven Kräfte in der Demokratischen Partei stärker durchsetzen, müssten sich vor allem die Big Five Amazon, Apple, Facebook, Google und Microsoft auf unruhige Zeiten einstellen. Aufgrund der hohen Gewichtung des Technologiesektors sei in diesem Szenario auch der Gesamtmarkt erheblich belastet.

Das größte Risiko für die Finanzmärkte sei eine Pattsituation oder ein sehr knapper Sieg von Biden. Ein solcher Ausgang würde von Amtsinhaber Trump umgehend angefochten, das endgültige Ergebnis somit auf unbestimmte Zeit verschoben. Aufgrund des komplexen US-Wahlsystems bestehe ein signifikantes Risiko für dieses Szenario. Auch aufgrund hoher Briefwahlanteile sei unwahrscheinlich, dass der Sieger schon am Wahlabend feststehen werde.

Selbst bei einer klaren Wahlniederlage wäre Trump bis zur offiziellen Amtseinführung Bidens am 20. Januar 2021 noch Präsident der USA. Damit bliebe ihm genügend Zeit, Ergebnisse anzufechten oder die Rechtmäßigkeit der gesamten Wahl in Frage zu stellen. Dieser Verlauf würde die Finanzmärkte belasten und könnte zu großer Unsicherheit führen. Investoren sollten sich deshalb auf eine Phase erhöhter Volatilität vorbereiten und bei Bedarf ihre Portfoliorisiken temporär reduzieren, rät Baitinger.

Autor(en): Versicherungsmagazin.de

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