Negativzinsen: Vermeidungsstrategien sind wirkungslos

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Die Deutschen halten in der Niedrigzinsphase in großem Umfang an Giro-, Spar-, Anlage- und Festgeldkonten fest. Circa drei Billionen von rund 6,5 Billionen Euro liquides Vermögen der Bundesbürger ist auf diese Anlegeinstrumente verteilt. Der Rest verteilt sich auf Versicherungen, Aktien, Anleihen und Bausparverträge.

Die Sparquote ist aufgrund des Konsumausfalls des vergangenen Jahres so hoch wie nie. Die Banken der Eurozone haben 2020 rund 8,5 Milliarden Euro Negativzinsen an die Europäische Zentralbank gezahlt. Diese Aufwendungen geben die Banken zunehmend an ihre Kundschaft weiter - auch kleinere Beträge sind mittlerweile betroffen. Andreas Görler von Wellinvest- Pruschke & Kalm warnt in einem Gastbeitrag auf der Homepage des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) vor einem "weiter so" der deutschen Anleger. Wir veröffentlichen an dieser Stelle Teile des Beitrags:

Da ein Teil dieser Einlagen bei der EZB als Pflichteinlage, die als „Mindestreserve“ oder „Reserve-Soll“ bezeichnet wird, zu hinterlegen ist und hierfür Sollzinsen berechnet werden, geben die Kreditinstitute diese Aufwendungen zunehmend an ihre Kundschaft weiter. Insbesondere Volksbanken und Sparkassen, die in Deutschland einen Großteil der Bankkunden betreuen, sind hiervon überproportional betroffen und berechnen mittlerweile auch für kleinere Volumina ab 10.000 oder 50.000 Euro 0,50 Prozent Negativzinsen beziehungsweise Verwahrentgelte. Aber auch bei Privatbanken oder bekannten Online-Banken gelten entsprechende Konditionen.

Ein Zweitkonto ist keine gute Idee

Die Variante, bei einer Zweitbank ein Anlage- oder Festgeldkonto zu eröffnen und so das Vermögen zu verteilen, funktioniert schon länger nicht mehr. Banken eröffnen solche Konten nur für Kunden mit einem Girokonto. Bargeld in Schließfächer einzulagern, wird angesichts dramatisch sinkender Filialzahlen, steigender Jahresgebühren und teilweise notwendiger Terminvereinbarung, um an das eigene Schließfach zu gelangen, erschwert.

Über Plattformen wie www.weltsparen.de können Sparer relativ einfach Konten bei verschiedenen europäischen Banken eröffnen. Die Konditionen sind auch hier nicht wirklich überragend, wirken aber im Vergleich zu minus 0,5 Prozent auf einlagenaffine Kunden attraktiv. Aber eine Geldanlage, die zumindest einen Inflationsausgleich bietet, ist auch das nicht. Außerdem können ausländische Quellensteuern in einigen Ländern anfallen. Um dies zu vermeiden, sind bei der Kontoeröffnung gegebenenfalls zusätzliche Formulare auszufüllen.

Vorsicht vor Betrügern

Das niedrige Zinsniveau erhöht leider auch die Bereitschaft, vermeintlich sichere Investments im Segment Edelmetalle oder als Festgeld getarnte Direktinvestments zu tätigen. Obwohl die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sich in letzter Zeit nicht mit Ruhm bekleckert hat und auch nicht für alles zuständig ist, ist zumindest ein Blick auf die Internetseite www.bafin.de hilfreich. Unter der Rubrik "Verbraucher" finden sich unter anderem unter dem Reiter "Warnungen & Aktuelles" relevante Hinweise auf unseriöse Anbieter. Zusätzlich sollten interessierte Anleger zuerst einen Blick auf das Impressum der jeweiligen Internetseite werfen, um festzustellen, welche Erlaubnisse nach der Gewerbeordnung oder dem Kreditwesengesetz überhaupt vorhanden sind. Fehlen entsprechende Angaben, ist tendenziell Vorsicht geboten.

Das alles dient aber lediglich zur Vermeidung von Negativzinsen oder bringt nur minimale Erträge, die trotzdem zu einer negativen Realverzinsung führen. Privatanleger sollten von den genannten Ausweich- und Vermeidungsstrategien, die letztlich nur den Verwaltungs- und Beobachtungsaufwand sowie die Anzahl der Bankverbindungen erhöhen und keinen echten Mehrwert bieten, absehen und zu gut diversifizierten Depotstrukturen übergehen. Als Einstieg sollte ein Portfolio mit mindestens 25 Prozent internationalen Aktien oder Aktienfonds, vorzugsweise mit aktiven Anlagestrategien, gewählt werden. Diese Aktienquote ist zwar eigentlich noch zu niedrig, aber zumindest ein erster richtiger Schritt. Ergänzt wird das Portfolio durch aktive internationale Rentenfonds. Nachhaltige Strategien sollten berücksichtigt werden.

Selbstständige und Hauseigentümer benötigen mehr Rücklagen

Um das Timing-Risiko zu reduzieren, kann der Depotaufbau auch oder zusätzlich über Fondssparpläne erfolgen. Bei Angestellten in stabilen Vertragsverhältnissen, Beamten oder Rentnern und Pensionären sollte Liquidität in einer Größenordnung von drei Gehalts- oder Renteneingängen ausreichend sein. Selbstständige oder Hauseigentümer benötigen etwas mehr Rücklagen. Hierfür sind dann wohl mittelfristig Nullrenditen oder Negativzinsen zu akzeptieren.

Quelle: DIA

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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