Arag Rückwärts-Mietrechtsschutz: Branche macht nicht mit

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Mit "Mietrechts-Schutz sofort" bietet die Arag Rechtsschutzversicherung seit Februar eine zweite Rückwärtsdeckung an. Die Aktion, mit der Neukunden gewonnen werden sollen, findet bisher keine Nachahmer und keinerlei positives Echo in der Branche. Weder kleine noch große Rechtsschutzversicherer wollen ein ähnliches Produkt anbieten. Das haben beispielsweise schon Allianz, Ergo, Roland und Auxilia eindeutig signalisiert. Gleichzeitig bewerten sie das Produkt negativ oder nehmen gar keine Stellung.

Dies gilt etwa für die Allianz, die ein solches Produkt nicht bietet, sich aber zu Wettbewerbern und auch zur zukünftigen Produktplanung nicht äußern möchte. Damit lässt sich der Versicherer immerhin ein Hintertürchen offen.

Konkurrenz regiert ablehnend
Versicherungsschutz im klassischen Deckungsumfang wird bei der Ergo für eingetretene oder bekannte Streitfälle derzeit nicht geboten und soll es auch künftig nicht geben. Das gilt auch für die Roland Rechtsschutzversicherung. "Wir planen ein solches Produkt nicht", stellt Pressesprecher Jan Vaterrodt von der Roland-Gruppe klar. "Wir halten viel von Versicherungsschutz, bewerten das Produkt aber als Finanzierungsgeschäft", so Vaterrodt weiter.

Problematisch sei zudem, dass sich der Versicherer noch überlegen kann, ob er das Geschäft überhaupt annimmt. Im vergleichbaren Produkt „Verkehrsrechtsschutz sofort“ würden rund zehn Prozent der Kunden abgelehnt.

"Wir gehen beim 'Mietrechtsschutz sofort' von einer geringeren Ablehnungsquote aus", sagt Arag-Vorstand Matthias Maslaton. Die Streitwerte bei Mietstreitigkeiten seien im Vergleich zum Verkehrsrecht geringer. Der Grundgedanke bei Versicherungen sei der Schutz gegen ein unvorhergesehenes Ereignis.

Eigentlich Darlehensgeschäft
Das sei beim Arag-Angebot nicht gegeben. "Hier wird ein Schaden vorher eingepreist", glaubt Vaterrodt und bezweifelt, dass sich das Geschäft unter dem Strich für die Düsseldorfer Konkurrenz lohnt: "Die Kunden müssen wohl sehr lange bleiben."

Die Auxilia Rechtsschutzversicherung warnt sogar vor dem Angebot. "Die Absicherung klingt im ersten Moment gut und verlockend. Der Interessent sollte aber die Zusatzleistung genau prüfen. Unseres Erachtens ist der Leistungsumfang für den Rückwärtsschutz eingeschränkt und das Produkt teurer als herkömmliche Produkte", stellt Marketingleiter Christian Deißner fest. Nach Einschätzung der Auxilia sind die bereits eingetretene Streitigkeit durch den Rückwärtsschutz vom Versicherer in das Produkt einkalkuliert worden. Der Schutz sei eher eine Art Darlehen an den Versicherungsnehmer und entspreche somit nicht dem klassischen Versicherungsgedanken.

Police ist sehr teuer
Tatsächlich ist das Produkt hochpreisig kalkuliert. Anscheinend geht die Arag davon aus, dass sie sehr viele erste Schäden zahlen muss, weil die Mieter die Prozesse verlieren. Daher kostet der Basis-Tarif für Kunden bis zu einer monatlichen Warmmiete von 1.250 Euro knapp 260 Euro und der Extra-Schutz sogar fast 580 Euro pro Jahr.

Hinzu kommt eine Selbstbeteiligung von 150 Euro, wenn im Streitfall kein Partneranwalt des Versicherers gewählt wird. Wer klassisch - also vor jedem Streit eine Mieterpolice bei der Arag abschließt - zahlt lediglich 128 Euro. Bei Konkurrenzanbietern werden sogar nur rund 100 Euro pro Jahr verlangt, wie eine Stichprobe über das Maklervergleichsprogramm Innosystems zeigt. Klassischen Schutz gibt es dann aber - wie üblich - erst nach einer Karenzzeit von drei Monaten. Der neue Rückwärts- und Sofortschutz der Arag ist somit extrem teuer. Verglichen mit dem Markt kostet der Basisschutz fast das 3-fache und der Extra-Schutz sogar das 6-fache. In drei Jahren zahlt der Kunde der gegen seine Eigenbedarfskündigung kämpfen will im Extremfall 1.887 Euro.

Lohnt Werbeeffekt und Crosselling?
Der Versicherer rechnet aber vor, dass beispielsweise ein Betroffener, der monatlich 650 Euro Miete zahlt, im Streit um die Eigenbedarfskündigung sogar 7.600 Euro berappen muss, wenn er in der zweiten Instanz verliert. Ob sich der Verstoß gegen das eiserne Prinzip der Versicherer "kein Versicherungsschutz für brennende Häuser" für die das Unternehmen lohnt, bleibt abzuwarten. Immerhin gibt die Arag an, mit dem Vorgängertarif "Verkehrsrechtsschutz" eine Cross-Selling-Quote von 35 Prozent erreicht zu haben. "Die meisten dieser Kunden kaufen nach der positiven Ersterfahrung eine Premium-Rechtschutzpolice oder auch unser Flaggschiff 'Recht und Heim'", so Maslaton. Rund 4.000 Kunden sollen den Verkehrsschutz mit Rückwärtsdeckung gekauft haben.

Auch das erste Rückwärts-Deckungs-Produkt überhaupt, die "Zahn-Ersatz-Sofort" der Ergo Direkt, erfreut sich anscheinend immer noch einer gewissen Nachfrage, denn sie wird weiterhin verkauft. Und das, obwohl nur eine Festzuschuss-Verdopplung gezahlt wird und die Kunden einen 24-Monatsvertrag abschließen müssen.

Siehe auch: Arag: 12 Monate Rückwärts-Schutz für Mieter

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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