Abmahnung (fast) immer notwendig

Manchmal ist in Kreisen selbständiger Versicherungsvertreter zu hören, dass eine Abmahnung vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung nur auf Seiten des Unternehmens erforderlich sei. Das ist unzutreffend, wie die Rechtsprechung immer wieder entschieden hat.


So lag einem Urteil des Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf vom 21. Oktober 2005 ein Sachverhalt zugrunde, in dem der beklagte Allfinanzvertreter eine fristlose Kündigung des bestehenden Vertragsverhältnisses ausgesprochen hatte. Diese begründete der Vertreter damit, dass das Unternehmen
  • eine Vielzahl von Lebensversicherungsanträgen nicht weitergeleitet und damit einen provisionspflichtigen Abschluss verhindert, sowie
  • den Intranetzugang des Vertreters gesperrt habe.


Das klagende Unternehmen hielt diese Kündigung für unwirksam. Es forderte deshalb unter anderem Unterlassung von Konkurrenztätigkeit während der 30-monatigen ordentlichen Kündigungsfrist und machte Auskunfts- und Schadensersatzansprüche für verbotswidrig vermittelte Geschäfte in diesem Zeitraum geltend.

Kündigungsgründe müssen konkret geschildert und nachgewiesen werden
Das OLG Düsseldorf verwarf in seiner Entscheidung sämtliche der vom Vertreter vorgebrachten Kündigungsgründe. Dabei wies es zum einen schon darauf hin, dass der Vertreter einige seiner Vorwürfe im Prozess nicht konkret genug bzw. zu spät vorgetragen habe. So könne etwa die willkürliche Ablehnung von Anträgen theoretisch durchaus einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung bilden. Allerdings müsse der Vertreter im Bestreitensfall näher darlegen, in welchen Einzelfällen Anträge konkret in welcher Form abgelehnt worden seien, damit sich das Gericht ein Bild davon machen könne.

Hintergrund ist: Derjenige, der sich auf die Wirksamkeit seiner fristlosen Kündigung beruft, trägt in einem Gerichtsprozess die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Pauschale Behauptungen genügen also nicht.

Ohne Abmahnung regelmäßig kein wichtiger Grund
Darüber hinaus hielt das OLG Düsseldorf hinsichtlich der behaupteten Kündigungsgründe eine vorherige Abmahnung für notwendig. Durch eine solche Abmahnung müsse dem Gegner unzweideutig, unmissverständlich und ernsthaft vor Augen geführt werden, dass die
  • genau zu bezeichnende und beanstandete Störung
  • den Bestand des Vertragsverhältnisses gefährdet und abgestellt werden muss,
  • weil der Gegner andernfalls mit einer fristlosen Kündigung zu rechnen hat.


Erst wenn die in der Abmahnung enthaltene Aufforderung, die Störung künftig abzustellen, erfolglos bleibt - die Störung also auch weiterhin auftritt - kann ein Recht zur fristlosen Kündigung in Betracht kommen.

Da das OLG Düsseldorf das Vorliegen einer solchen Abmahnung hinsichtlich der vom Vertreter behaupteten Störungen nicht feststellen konnte, verneinte es einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung und sprach dem Unternehmen alle begehrten Ansprüche zu. Dabei wies es auch darauf hin, dass der Abmahnende ebenfalls die volle Darlegungs- und Beweislast dafür trage, dass die Abmahnung dem Gegner zugegangen ist.

Fazit
In aller Regel muss auch der Vertreter vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung erfolglos abmahnen. Ausnahmen hiervon kommen allenfalls dann in Betracht, wenn eine schwerwiegende Störung im so genannten Vertrauensbereich vorliegt. Solche Fälle sind jedoch bei Fehlverhalten eines Unternehmens in der Praxis sehr selten.

Die Abmahnung muss die Störung genau bezeichnen und unter Androhung einer fristlosen Kündigung zur Abhilfe auffordern. Sie sollte aus Gründen der Beweisbarkeit in jedem Fall schriftlich und mit Zugangsnachweis – etwa per Einschreiben/Rückschein – erfolgen.

Das Urteil des OLG Düsseldorf (Az: I-16 U 161/04) finden Sie im Volltext unter .

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Foto: Pixelio/Matthias Balzer

Autor(en): Dr. Michael Wurdack

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