Wann freie Handelsvertreter vors Arbeitsgericht ziehen können

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Unter gewissen Umständen ist für freie Handelsvertreter bei Streitigkeiten mit ihrer Gesellschaft das Arbeitsgericht zuständig. Denn auch vor diesem kann der Handelsvertreterausgleich verhandelt werden. So jedenfalls die Argumentation von Rechtsanwalt Tim Banerjee.

Der Handelsvertreterausgleich nach der Kündigung eines freien Handelsvertreters durch eine Gesellschaft ist immer wieder ein Streitthema, das regelmäßig vor Landes- und Oberlandesgerichten verhandelt wird. Das Risiko für gekündigte Handelsvertreter: Diese Prozesse können zeit- und kostenintensiv sein. Daher betont Tim Banerjee, Rechtsanwalt bei Banerjee & Kollegen in Mönchengladbach und Experte für Vertriebs- und Handelsvertreterrecht, dass Handelsvertreter unter gewissen Umständen auch vor das Arbeitsgericht ziehen können.

Monatlich nicht mehr als 1.000 Euro Provision bezogen

Diese Option sei in § 5 Abs. 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes geregelt: „Handelsvertreter gelten nur dann als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a des Handelsgesetzbuchs die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben.“ Aus dieser Regelung ergebe sich in bestimmten Fällen auch für freie Handelsvertreter die Option vor das Arbeitsgericht zu ziehen.

In wirtschaftlich kritischen Situationen eine Option

Banerjee ist überzeugt, dass es sich in derartig wirtschaftlich kritischen Situationen für gekündigte Handelsvertreter sinnvoll sein kann, eine Klage gegen die Gesellschaft vor einem Arbeitsgericht verhandeln zu lassen. „Handelsvertreter, die in den vergangenen sechs Monaten durchschnittlich nicht mehr als 1.000 Euro Provisionen eingenommen haben, sollten diese Möglichkeit nutzen. Denn auch vor dem Arbeitsgericht lassen sich Forderungen zum Handelsvertreterausgleich durchsetzen“, betont der Rechtsanwalt.

Die Berechnung des Handelsvertreterausgleichs funktioniere auch vor dem Arbeitsgericht nach dem üblichen Muster. Wichtig sei, dass diese Berechnungen wirklich professionell sind, denn während der Handelsvertreter den Handelsvertreterausgleich sehr hoch einschätze, habe die Gesellschaft großes Interesse daran, die Ansprüche so niedrig wie möglich zu halten.

Kündigung eines freien Handelsvertreter im Finanz- und Versicherungsvertrieb

In einem aktuellen Fall hat Banerjee Klage bei einem Arbeitsgericht in Süddeutschland eingereicht. Der Inhalt: Einem freien Handelsvertreter im Finanz- und Versicherungsvertrieb wurde durch die Gesellschaft gekündigt, aus der sich ein Ausgleich für entgangene Provisionen ergibt. Durchschnittlich hatte der Handelsvertreter in den vergangenen sechs Monaten des Vertragsverhältnisses weniger als 1.000 Euro monatlich an Provisionen und Aufwandsentschädigungen erhalten. In diesem Zeitraum war der Handelsvertreter nach der (ordentlichen) Kündigung des Vertragsverhältnisses von der Arbeit freigestellt.

Quelle: Banerjee & Kollegen Rechtsanwälte

Autor(en): RA Tim Banerjee

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