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Gegenseitigkeit

1. Begriff und Merkmale: Prinzip, auf dem der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) beruht. Gegenseitigkeit bedeutet für das Rechtsformkonzept des VVaG, dass sich dessen Mitglieder gegenseitig (wechselseitig) versichern. Im Rahmen der Gegenseitigkeit besteht Personenidentität der Mitglieder und der Versicherungsnehmer eines VVaG.

2. Würdigung: Anders als der Versicherungs-Aktiengesellschaft (Aktiengesellschaft) haftet dem VVaG mit dem Prinzip der Gegenseitigkeit ein gewisser Solidargedanke an (Solidaritätsprinzip), der auch in einer möglichen Nachschusspflicht (sofern in der Satzung des VVaG festgeschrieben) und in den Gewinnanteilsrechten bzw. den Rechten der Mitglieder auf (erfolgsabhängige) Beitragsrückerstattung zum Ausdruck kommt. Das Prinzip der Gegenseitigkeit und das Solidaritätsprinzip sind allerdings nicht mit dem Prinzip des Risikoausgleichs im Kollektiv zu verwechseln, das eine Versicherungstechnik darstellt und nicht darüber hinwegtäuschen darf, wer letztlich das versicherungstechnische Risiko trägt: a) der Verein als Ganzes mit seinen Mitgliedern, die zugleich die Versicherungsnehmer sind, beim VVaG oder
b) die Aktiengesellschaft mit ihren Aktionären und deren haftendem Eigenkapital bei der Versicherungs-Aktiengesellschaft.
c) Auch beim öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen kann insofern nicht vom Prinzip der Gegenseitigkeit gesprochen werden, als letztlich das versicherungstechnische Risiko nicht von der Gemeinschaft der Versicherungsnehmer getragen wird, sondern in Form des verfügbaren Haftkapitals vom Unternehmen selbst.

3. Entwicklungen: In der Praxis kann dem Grundgedanken der Gegenseitigkeit nur noch bei kleineren Vereinen eine tragende Bedeutung beigemessen werden. Mit der Streichung der Nachschusspflicht aus den Satzungen der großen VVaG ist das versicherungstechnische Risiko letztlich jedenfalls nur noch an die Rechtsperson des VVaG geknüpft und nicht mehr an dessen einzelne Mitglieder i. S. einer gegenseitigen (wechselseitigen) Versicherung.

Autor(en): Prof. Dr. Fred Wagner, Katja Brandtner, David Klimmek

 

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